Engpässe bei Halbleitern: Der Umgang mit dem Mangel

Porsche ist wenig betroffen, Skoda stark. Die Umfrage bei den Automobilherstellern führte zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen, was die Konsequenzen der Lieferengpässe wegen des Halbleitermangels angeht. Auch die Auskunftsfreudigkeit ließ an manchen Stellen zu wünschen übrig. Da kann man darüber rätseln, ob die Hersteller die Zahlen nicht nennen wollen oder es wirklich nicht können. Immer wieder heißt es: "Wir gehen davon aus, dass die Versorgung mit Halbleitern bis auf Weiteres sehr volatil und angespannt bleiben wird." Entspannung Mitte 2022 Erst wurden wegen des Corona-Lockdowns Werke geschlossen, dann zog der Markt wieder an. Gleichzeitig stieg während der Corona-Pandemie auch die Nachfrage nach Unterhaltungselektronik und Krypto-Währungen. Und die modernen Fahrzeuge brauchen deutlich mehr Halbleiter-Komponenten als frühere Fahrzeuggenerationen. Die Chipproduzenten reagieren darauf, indem sie zusätzliche Kapazitäten in neuen Fabriken schaffen. Die Bauphase für eine Halbleiter-Fabrik dauert aber rund drei Jahre. Trotzdem gehen alle Experten davon aus, dass sich die Liefersituation bei Chips spätestens Mitte nächsten Jahres wieder normalisiert. Für die Kunden abfedern Aus den Antworten der einzelnen Hersteller geht hervor, dass die Marken doch recht unterschiedlich auf den Mangel reagieren, wenngleich alle betonen, dass sie die Auswirkungen für Kunden so gut wie möglich abfedern wollen. Audi teilte mit, dass im dritten Quartal eine knapp sechsstellige Anzahl von Autos nicht an die Kunden übergeben werden konnte. Dennoch gehen die Ingolstädter davon aus, dass das Auslieferungsvolumen bis Ende 2021 etwa auf Vorjahresniveau sein wird. BMW glimpflich BMW ist bisher vergleichsweise glimpflich durch die Krise gekommen. Man habe "vereinzelt Anpassungen des Produktionsprogramms vorgenommen", heißt es vom Hersteller. Die Zulassungen lagen per September im Heimatmarkt um 1,4 Prozent über dem Vorjahr. Sollte eine vom Kunden gewünschte Fahrzeugausstattung nicht verfügbar sein, sei das Ziel, Alternativen anzubieten, wenn eine längere Wartezeit nicht in Frage komme. Ford mit Werksschließungen Mit Werksschließungen in Köln (Fiesta) und Saarlouis (Focus) war Ford besonders stark betroffen. Im September hat die Marke in Deutschland gegenüber Vorjahr über 50 Prozent Zulassungen verloren. Eine Zukunftsprognose wagt der Hersteller nicht. Hyundai mit Rekordmarktanteil Hyundai gehört zu den Gewinnern im Markt. Mit kumuliert vier Prozent in den ersten drei Quartalen hat die Marke den höchsten Marktanteil in ihrer 30-jährigen Vertriebsgeschichte in Deutschland erzielt. "Dabei profitieren wir von einer guten Vorplanung, sowohl seitens Hyundai Motor Deutschland als auch unserer Handelsbetriebe", teilte ein Sprecher mit. Die Lieferzeiten für individuelle Neubestellungen beziffert er auf vier bis sechs Monate. Mazda bevorzugt Kunden Mazda geht davon aus, dass im laufenden Geschäftsjahr 2021/2022, das bei dem japanischen Hersteller von April 2021 bis März 2022 geht, weltweit rund 100.000 Fahrzeuge weniger produziert werden können als ursprünglich geplant. Um die Auswirkungen für Kunden und Händler abzumildern, werden Kundenbestellungen bevorzugt produziert und ausgeliefert. Für das Kalenderjahr 2022 plant der deutsche Importeur ein Neuwagen-Absatzvolumen von 50.000 Einheiten. Einschränkungen bei Mercedes Mercedes-Benz spricht von "Ausstattungseinschränkungen bei verschiedenen Baureihen". Daraus ergäben sich Verzögerungen bei der Auslieferung und Fahrzeugbestände bei den Händlern auf einem niedrigeren Niveau als üblich. Der Hersteller arbeite daran, die hohe Nachfrage zu bedienen und die Rückstände aus Auslieferungsverzögerungen aufzuholen. Mitsubishi gut geplant Laut Mitsubishi sind aufgrund der langfristigen Produktions- und Logistikplanung weiterhin alle Fahrzeuge verfügbar: "Kurzfristige Verzögerungen durch Lieferschwierigkeiten bei einzelnen Teilen können wir durch den Verbau von Alternativteilen ausgleichen." Die Produktionsplanung für 2022 sei sehr eng mit der Liefersituation bei wichtigen Zulieferern und der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie verbunden, so dass gegebenenfalls kurzfristig Anpassungen notwendig sein können. Aktuell sieht der Importeur allerdings keine Einschränkungen bei den geplanten Lieferungen für den deutschen Markt. Geringe Auswirkungen bei Porsche Porsche gehört zu den weniger betroffenen Marken: "Bei Porsche haben wir die Fertigung unserer Fahrzeugmodelle planerisch so optimiert und gesteuert, dass der Versorgungsengpass geringe Auswirkungen auf unsere Produktion hat." Auf dem deutschen Markt konnte man in den ersten drei Quartalen trotz der temporären Einschränkungen neun Prozent mehr Fahrzeuge ausliefern als im Vorjahr. Zu 2022 will sich der Hersteller nicht äußern. Renault rechnet mit Normalisierung Renault schätzt seinen Produktionsverlust im ersten Halbjahr auf rund 220.000 Stück. Der Importeur geht allerdings davon aus, dass sich die Lage schon im vierten Quartal 2021 allmählich wieder normalisiert. Seat und Skoda am unteren Ende Bislang konnten bei Seat noch die Lagerbestände als Puffer dienen, seit September schlagen aber die Produktionsausfälle durch. Der Hersteller spricht von einer "signifikanten Anzahl von Fahrzeugen", die nicht produziert werden konnten. Experten gehen davon aus, dass Seat in der "Kaskade" des Volkswagen-Konzerns am unteren Ende stehe, das heißt die raren Chips vorrangig in lohnendere Fahrzeuge wie zum Beispiel Porsche eingebaut werden. Dasselbe gilt wohl für Skoda. Ssang Yong berichtet für 2021 von etwa 150 fehlenden Rexton für den deutschen Markt. Aktuell geht der Importeur aber davon aus, dass alle Bestellungen für den deutschen Markt in 2022 erfüllt werden können. Stellantis bleibt bei Plus Bei Stellantis fehlen allein im dritten Quartal 2021 rund 600.000 Einheiten in der Produktion aufgrund nicht ausgeführter Halbleiteraufträge. Trotzdem passt der Konzern seine Ziele für Europa nur minimal an. Im letzten Quartalsbericht vom 28. Oktober heißt es lediglich, dass die Ziele für Europa von plus zehn Prozent auf plus fünf Prozent heruntergeschraubt wurden. Toyota vorsichtig Toyota erwartet, dass die Produktion ab Dezember wieder auf dem Niveau der ersten Jahreshälfte läuft. Aufgrund früherer Einschränkungen geht der Importeur davon aus, dass 2021 etwa zehn Prozent weniger Volumen zur Verfügung steht als im Vorjahr. Für 2022 hat Toyota Deutschland weiterhin die 100.000 Einheiten als Ziel im Fokus. Volvo vermehrt elektrisch Von Volvo heißt es, dass sich der Hersteller aufgrund seiner Elektrifizierungsstrategie schon frühzeitig bei der Produktion von Recharge-Modellen, so heißen bei Volvo die Fahrzeuge mit Kabel, gut aufgestellt habe und deshalb die diesbezügliche Nachfrage mehr oder weniger gut bedienen könne. Genaue Zahlen könne man nicht nennen. Durch eine Umschichtung von terminlich weniger kritischen Bestellungen oder die Reduzierung von eigenen Flotten versuche man möglichst viele Kundenbestellungen zu erfüllen. Auch könnten Kunden auf attraktive Angebote bei Bestandsmodellen ausweichen. VW mit hohem Auftragsbestand Volkswagen liegt per Ende September in allen Märkten mit Ausnahme von China bei den Auslieferungen über dem Vorjahr. Auch in Deutschland um 7,2 Prozent bei Pkw. Bis zum Jahresende gehen die Wolfsburger von einer Verbesserung bei der Chipversorgung aus, rechnen aber aufgrund der strukturellen Unterversorgung von Halbleitern mit Engpässen. Das Positive daran: Der Auftragsbestand erreichte im dritten Quartal einen historischen Höchststand. Aktuell lägen allein aus Europa Bestellungen für fast eine halbe Million Fahrzeuge vor. Bedauerlicherweise käme es aber zu längeren Lieferzeiten. Aber: "Bestellungen haben wir genug." Luftblase bei Bestellungen Wie kommen die Experten darauf, dass sich Mitte nächsten Jahres die Liefersituation bei Halbleitern entspannen wird? Ein Mitarbeiter des Chipproduzenten Infineon erklärt es so: "Wir vermuten viele Doppelbestellungen." Die Knappheit habe viele Kunden dazu veranlasst, bei mehreren Produzenten für ihren Bedarf zu bestellen, um schneller an Ware zu kommen. Die Folge: "Da ist eine Luftblase drin." Hohe Renditen Interessant ist aber auch noch, dass einige Autohersteller von Rekordergebnissen sprechen: BMW zum Beispiel verzeichnet bisher in 2021 eine Rendite von 15,9 Prozent, Porsche von 15,5 Prozent. Grund: ein "anhaltend positiver Preiseffekt bei Neu- und Gebrauchtwagen und ein vorteilhafter Produktmix", der die Absatzrückgänge überkompensiere. Man muss sich nur zu helfen wissen. Ach ja, dann ist da noch Tesla - mit einem Wahnsinnsplus und offenbar vollen Chipregalen. Bitte lesen Sie dazu den Kommentar von Chefredakteur Ralph M. Meunzel unter www.autohaus.de/tesla. Kurzfassung BMW, Hyundai und Porsche kommen bisher ganz gut durch die Halbleiterkrise. Andere trifft es bedeutend härter, zum Beispiel Seat, Skoda und Ford.

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