Unternehmensnachfolge: Die Jungen ranlassen - mit gutem Gefühl

Zu einem guten Unternehmerdasein gehört auch die Gestaltung einer erfolgreichen Nachfolgelösung. Immer wieder gerät sie zur größten unternehmerischen Herausforderung. Gerade für die große Gruppe der 2 Mio. Familienbetriebe in Deutschland. Familien bleiben Familien - aber Familienunternehmen bleiben oft keine Unternehmen. "Der Vater erstellt's, der Sohn erhält's, dem Enkel zerfällt's." Es sei an Namen wie Dornier, Adidas, Bahlsen, Pelikan, Nixdorf u. a. und deren nicht geglückte Nachfolgegestaltung erinnert. Ohne Frage: Neben der Investitions-, Vertriebs- und Finanzplanung ist die Nachfolgeplanung die vierte zwingende unternehmerische Planungssäule. Grob skizziert besteht bei der Unternehmensnachfolge ein Wechselspiel zwischen folgenden Bereichen: - rechtlich-steuerliche Fragestellungen - wirtschaftliche Auswirkungen - menschlich-persönliche Aspekte Der Ausgangspunkt Die Nachfolgegestaltung im Autohaus Ottens zu Sottrum legte offen, dass der psychologische Faktor eine ganz zentrale Rolle spielt und sich der Generationswechsel nicht auf ein isoliertes rechtliches oder steuerliches Problem reduzieren lässt. Die klassischen "Verdrängungsargumente" für die Nachfolge sind bekannt: Man gibt das Ruder aus der Hand. Es bedeutet den ersten Schritt ins Grab. Man glaubt, man sei unersetzlich. Im Gesetz ist alles bestens geregelt etc. Rudi Ottens übernahm in den 1970er-Jahren von seinem Vater die ursprüngliche Schmiede, dann Landmaschinenbetrieb und machte 1976 daraus ein Mazda-Autohaus. Anfang der 90er-Jahre trat Sohn Detlef als Kfz-Meister ins Unternehmen ein. Er ist heute für den technischen Bereich verantwortlich und primär im Bereich der Serviceannahme anzutreffen. 1999 wurde eine weitere wichtige Weichenstellung getroffen: Sohn Michael kam nach Studium und weiteren anschließenden Berufsstationen ins elterliche Unternehmen und übt seit 2004 zusammen mit seinem Vater gemeinsam die Geschäftsführung aus. Er ist der Stratege, der Vorausblicker, der Koordinator, Marketingmacher und Zusammenführer, Controller u. a. Mit anderen Mazda-Händlerkollegen gründete er die fairmobility AG, einen Kooperationsverbund für Einkauf, aber auch Zentralisierung der Buchhaltung. Drei Söhne Und welcher Vater hat schon das Glück, gleich drei stimmige Söhne unter einem Dach zu vereinen? Es kam 2008 Sohn Martin hinzu, dessen besondere Gaben im Verkauf von Neu- und Gebrauchtwagen liegen. Bitte, drei Buben aus derselben Wurzel, und doch ist jeder anders und hat im Hintergrund inzwischen sein eigenes familiäres Umfeld geschaffen. Detlefs Frau Carola ist beispielsweise maßgeblich für die Buchhaltung verantwortlich und damit im "Werden" des ganzen Geschäftserfolges eingebunden. Wenn also das "Ottens-Konzil" unter Vorsitz des Vaters tagt, ist immer etwas los. Aber eben auch unter der Oberfläche, was vielfach nicht ausgesprochen wird. Weil es auch nicht bewusst gesehen wird. Ohne Frage hat jede Familie ihre eigene Dynamik, wo der Balanceakt zwischen den familiären und betrieblichen Interessen immer wieder neu zu suchen ist und unterschiedlich gut gelingt. Hier die Familienverpflichtungen, dort die Unternehmensnotwendigkeiten. Rudi Ottens legte erzieherisch bei seinen Söhnen immer großen Wert darauf, dass die legitimen Bedürfnisse der Einzelpersönlichkeit nach Freiheit und Entfaltungsmöglichkeiten genügend verwirklicht werden konnten. Das emotionale Coaching Im Rahmen einer Mazda-Schulung zum Thema Führung stießen die Ottens auf Hartmut Kriese (www.content-coaching. de). Dessen Thema: Unternehmensführung. Aufgrund seiner beruflichen und studienbedingten Vergangenheit vereinigt er den Kaufmann, Coach und Psychologen in sich. Man engagierte ihn als Coach. Er sollte Michael, dem Geschäftsführer, den Feinschliff in Sachen Führung geben. Heraus kam nach intensivem Zusammenwirken eine strategische Neuausrichtung des Unternehmens, und zwar komplett ohne Senior. Dazu musste tief gepflügt werden. Anfang 2013 legte Kriese los, schaute sich im Autohaus Ottens alles an, beobachtete, saß in Planungsrunden oder Verkäuferbesprechungen dabei. Er führte Teamgespräche, mit zahlreichen Mitarbeitern auch Einzelgespräche, stellte viele Fragen, um Abläufe und Zusammenhänge bewusst zu machen. Das führte wiederum zu intensivem Gesprächsaustausch zwischen ihm, Geschäftsführer Michael sowie Senior Rudi Ottens. Tageweise! Michael Ottens: "Die eigentliche Nachfolge war bei uns ja juristisch geklärt, es war aber nun wichtig, dass alle Mitarbeiter ganz bewusst erkennen sollten, dass mein Vater als Seniorchef nicht mehr der ist, der letztlich im Hintergrund immer noch alles regelt und sagt, was zu tun ist, sondern wir, die neue Generation, für das Ganze verantwortlich sind. Wir mussten quasi den Mitarbeitern den Konflikt ihrer inneren Zerrissenheit gegenüber ihrem langjährigen Firmenchef nehmen." In den geführten Gesprächen kamen viele emotionale Baustellen hoch. Da war beispielsweise das Verkaufsteam zu dominierend. Oder zwischen den Bereichen Verkauf und Service gab es Konflikte. Im Juni 2013 kamen die Führungskräfte an separater Stätte für einen Tag zusammen. Jeder durfte sich angstfrei aussprechen, die anderen Familienmitglieder haben zugehört. Das gipfelte in der bewusst gestellten Frage: Was haltet ihr davon, wenn der Senior aussteigt? Da herrschte große Betroffenheit im Raum. Für den Senior selbst: ein schlimmes Gefühl. Aber: "Über Nacht hat sich mein Bauchgefühl geändert. Jetzt konnte ich mit einem guten Gefühl sagen, ich höre auf. Am 1. Juli 2013 bin ich ausgestiegen." Rudi Ottens ein Jahr später: "Ich kann nach einem Jahr vollzogener Entscheidung sagen, es war die beste Entscheidung meines Lebens. Jetzt komme ich noch, wenn ich gerufen werde." Michael Ottens: "Wir können heute auf klarere Strukturen schauen, auf Bereiche, die nun harmonisch ineinandergreifen, auf eine ganz erfreuliche Mitarbeiterzufriedenheit. Und die insgesamt gute Stimmung drückt sich auch in Umsatz und Ertrag sichtbar aus." Das große Licht der Familie Ottens, Mutter Annegret, hat am Gelingen auf ihre Art ganz besondere Brücken gebaut. Eben die, die auch ein wichtiges Element im Familienbetrieb ausmachen! Entscheidendes Kriterium darf alleine sein, ob die ins Auge gefasste Nachfolgeregelung personell in der Lage ist, das Unternehmen weiterzuführen. Unternehmensberater Hartmut Kriese verdeutlichte für AUTOHAUS die Vorgehensweise an einem Schaubild (siehe Abbildung) und meinte abschließend: "Ja, ich bin bei den Ottens sehr zuversichtlich. Entscheidend ist immer ein gutes Team. Jedes gute Team braucht aber auch einen starken Kapitän." Kurzfassung Rudi Ottens hat drei Söhne, die alle in sein Unternehmen eingetreten sind. Irgendwann waren es zu viele "Häuptlinge". Die Familie hat das erkannt und mit Hilfe des Beraters Hartmut Kriese eine Nachfolgelösung gefunden, mit der sich alle wohlfühlen - auch die Mitarbeiter. Studie zum Thema Es sei an dieser Stelle auf die Nachfolgestudie von AUTOHAUS und Santander verwiesen: "Vom Junior zum Senior". Danach haben 80 Prozent der Unternehmer gar keines oder kein aktuelles Testament. Nur die wenigsten verheirateten Autohauschefs haben einen Ehevertrag abgeschlossen. Die Studie kann hier erworben werden:www.springer-automotive-shop.de Bestellnr. 225112 25 Euro zzgl. MwSt. und Versandkosten

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