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Eine Koryphäe tritt ab: ZDK-Perle Antje Woltermann

17.02.2023 12:13 Uhr | Lesezeit: 4 min
Eine Koryphäe tritt ab: ZDK-Perle Antje Woltermann
Antje Woltermann
© Foto: ProMotor

Mehr als drei Jahrzehnte setzte sich Antje Woltermann für die Belange des deutschen und europäischen Fabrikatshandels ein. Nun verlässt sie die Branchenbühne. Eine Würdigung.

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Ein Kommentar von AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat

31 Jahre durfte ich ihr ZDK-Wirken aufmerksam "verfolgen". Vorab, ich hätte sie zu gerne frühzeitig als ZDK-Hauptgeschäftsführerin gesehen. Der Automobilhandel hätte über ihre leitende Dimension eine andere, eine kreativere Wirkung erfahren. Die Anleihe zur VDA-Präsidentin Hildegard Müller sei in diesem Momentum erlaubt. Man muss sich das vorstellen, zwei fundierte automobile Perlen auf Augenhöhe! Ein echter Doppel-Wumms! 

Antje Woltermann war über ihre ganze ZDK-Zeit zugleich Geschäftsführerin verschiedener Händlerverbände. Ich höre beispielsweise die Reputation des eben verstorbenen langjährigen Fiat-Händlerverband-Vorsitzenden Friedrich Karl Bonten: "Diese Frau ist einfach einmalig. Sie hört zu, sie ist offen für das gemeinsame Anliegen und sie sagt mit natürlicher Vernunft, was geht und was nicht." Wir halten als ein Prädikatum von Antje Woltermann fest: "Natürliche Vernunft!" Trotz aller Juristerei! Dieses Prädikat zeichnet sie über 30 Jahre aus.

Erst neulich saß ich mit einem Importeur-Geschäftsführer zusammen, der aktuell chinesisch unterwegs ist. Dazu wurde ein neuer Händlerverband gegründet. Die Meinung von ihm, lapidar schwäbisch: "Mit der kann man!" Dabei wird stets ihr einschlägiger Sachverstand und ihre Ausgewogenheit gelobt. Ich möchte dabei eine weitere Woltermann-Tugend besonders hervorheben: Contenance! Was da im Alltag an verschiedenen Händlerimpressionen über sie hereinprasselt, da würden viele nicht an, sondern durch die Decke gehen. Dieser Gleichmut, diese Gelassenheit, die sie wirklich über Jahre vorlebte, darf man sich zum Vorbild nehmen.  

Jetzt weist Woltermann auf ihrem Ausbildungsweg den akademischen Status des "Dipl.Vw" aus. Zu gut habe ich die "Musterkostenrechnung" in Erinnerung, die sie vor Jahren als ZDK-Aktivität vorlegte. Man würde sich dazu zur Stunde im Rahmen der Agenturdebatte mehr Öffentlichkeit wünschen, welche Kosten dem Autohandel genommen und vom Hersteller tatsächlich übernommen werden? Es geht um die Norm für die künftige Marge. Oder unlängst ihre Publikation "Elektromobilität". Zu den Auswirkungen der Elektromobilität auf den Wartungsumsatz im Kfz-Gewerbe. Oder der Betriebsvergleich der Stundenverrechnungssätze, Nachfolgeregelungen, ihr Buch über Kooperationen im Auto-Gewerbe, das AUTOHAUS verlegt hat u.a. 

AUTOHAUS Neujahrsempfang 2020: Antje Woltermann bei der Verleihung des "Bayerischen Löwen" durch Klaus Dieter Breitschwert, ehemaliger Landtagsabgeordneter und Ehrenpräsident des Kfz-Gewerbes Bayern
© Foto: AUTOHAUS

Eigentlich dürfte man Woltermann mit ihrer Erfahrung gegenwärtig nicht gehen lassen. Sie sollte diese Transformation zum vertriebspolitischen Agenturvertrieb noch finalisieren und in Vorträgen, die sie auch vielfach über andere Themen gehalten hat, noch verständlich multiplizieren. AUTOHAUS hat sie aus gutem Grunde für ihre Verdienste 2020 mit dem "Bayerischen Löwen" ausgezeichnet und damit mit der höchsten Branchenauszeichnung dekoriert. Das lag u.a. auch an ihrem politischen Wirken in Brüssel. Sie kam 1991 zum ZDK. 1985 wurde die erste GVO installiert. Und 2002 kam unter EU-Kommissar Mario Monti die GVO 2002, die den Mehrmarkenhandel ermöglichte. Und Woltermann nahm sich seither mit einer "Eselsgeduld" auf verschiedensten Ebenen und immer wieder dieser komplexen internationalen juristischen Thematik an. Sie übersetzt seither die Brüsseler "Juristen-Regulierungsebene" in verständiges Händlerdeutsch! Welch eine Leistung!   

Ihr Nachfolger, Marc Voß, tritt da nun eine markant vorgeprägte "Nummer" an. Er hat immerhin die letzten 14 Jahre die Woltermann-Schule genossen. Man würde ihn allerdings als Nachfolger der großen "Antje" lieber in Berlin als in Bonn sehen. Erstaunlich, dass der neue ZDK-Hauptgeschäftsführer Kurt-Christian Scheel (55) in seinem ersten Interview meint: "Und gegenüber der Politik müssen wir eine gemeinsame Linie in Bonn und Brüssel vertreten." Die wahre Politik gestaltet sich seit 34 Jahren allerdings in Berlin, nicht mehr in Bonn. Komisch, dass das einige immer noch nicht wahrhaben wollen, dass es einen ZDK-Vorstandsbeschluss für Berlin gibt. Woltermann hat derartige fragwürdige Gestaltungen in vielen Sitzungen über sich ergehen lassen müssen und hat da sicherlich aufgrund ihres Naturells und ihrer Geistesgaben oft sehr tief, ganz tief mit Anlauf Luft geholt. 

Mein dringlicher Wunsch wie Vorschlag! Was den Herren der Titel "Sir", ist den Damen der Titel "Lady". Wir sollten Antje Woltermann aufgrund all ihrer ganz besonderen Branchenverdienste in den besonderen Elitestatus der "Lady" erheben. Lady Antje Woltermann! Das klingt auch gut! Noch mehr, das hat Würde! Alles, alles Gute für den Herbst ihres Lebens. Mit besonderen Grüßen an ihren Lebenspartner Ingo Meyer, der gleichermaßen zu den besonderen ZDK-Perlen zählt und zu seiner aktiven Zeit so einmalige stets innovative Impulse für den Branchen-Nachwuchs wie für die Qualifizierung der Mitarbeiter im Auto-Gewerbe gesetzt hat, "autoFachmann", "autoKaufmann" usw. Auch an der BFC in Calw wie in Northeim! Mit großem Dank und bleibendem Respekt! 

Ich darf noch als Fußnote zu diesem Anlass persönlich anmerken, dass mein beruflicher automobiler Werdegang 1978 in der Kfz-Akademie in Bonn, im ZDK-Haus in der Franz-Lohestraße 21 begann, wo einst Adelbert Moll, Düsseldorfer VW-Händler, in der Nähe zum Bundeshaus gelegen das Grundstück für das neu zu bauende ZDK-Haus ausfindig machte. So müsste das längst in Berlin sein. Man hat es für Berlin nicht nur verschlafen, nein, mit System in geistiger Verengung verhindert. Und da lag im ZDK-Haus mein Büro in der Parterre, direkt gegenüber den Räumlichkeiten von Ingo Meyer. Er hat in mir schon damals manchen Impuls gesetzt und später immer wieder. Mit großem Wohlwollen!


Zur Person: Prof. Hannes Brachat

Hannes Brachat, Jahrgang 1948, ist seit vielen Jahren Kenner und Beobachter der deutschen Kfz-Branche. Von 1984 bis 1993 wirkte er als Chefredakteur von AUTOHAUS, seitdem ist er Herausgeber des Fachmagazins. Von 2002 bis 2014 war er Professor für Automobilwirtschaft, Schwerpunkt Autohaus-Management, an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen-Geislingen. Ab 2014 nahm er diese Aufgabe in Form eines Lehrauftrages wahr.

Seit dem Start von Autohaus.de im Jahr 1998 ist Brachat engagierter Kolumnist und Kommentator des aktuellen Branchengeschehens. Seinen Blog "HB ohne Filter" finden Sie hier!



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