Ausgabe 05/2012: Einspruch ohne Angst

Einspruch ohne AngstBankbeziehung E Das Beispiel Autohaus Niedermair & Reich zeigt, mit welchen Mitteln sich Händler zumindest gegen eine verpflichtende Leasingrücknahme und überhöhte Bankzinsen wehren können. Von Daniela KohnenZu hohe Zinsen sowie unkorrekte Wertstellungen bei der Hausbank und ungewollte Leasingrücknahmen vom Hersteller haben zunächst einmal nichts miteinander gemeinsam: für den ehemaligen Ford-Autohändler Dr. Anton Reich des Autohauses Niedermair & Reich aus München schon. Er sieht darin unverhältnismäßige Forderungen der Banken und Hersteller gegenüber den Händlern, die er nicht weiter hinnehmen wollte. So hat er sich erfolgreich zur Wehr gesetzt. Fehlendes Geld einfordern„Wir waren mit unseren drei Geschäftsbanken unzufrieden, da sie aus unserer Sicht zu hohe und intransparente Zinsen verlangten“, erklärt Reich. Deshalb wurden die Bankbelege der letzten zehn Jahre Experten der in Berlin sitzenden und auf Erfolgsbasis arbeitenden Firma Zinsprüf (www.zinspruef.de) zur Prüfung übergeben. Nach Abschluss trat ein zu hoch eingeforderter Betrag der Banken von über zwei Millionen Euro zu Tage. Der ergab sich aus zu hohen Zinsrechnungen, die auf falschen Zinsanpassungen und verspäteten Wertstellungen von Gutschriften basierten. Als Konsequenz hat Reich den noch offenen Sachverhalt der außergerichtlichen Schiedsstelle in Hamburg weitergegeben. Reich: „Diese Prüfmöglichkeit ist besonders für Händler interessant, bei deren Bank man keine Gesprächsbereitschaft zeigt.“ „Das Thema ist aber sehr wichtig, da ein Händler durch Fehler bei der Bank schnell Liquiditätsprobleme bekommen kann, die bis zur Insolvenz reichen“, ergänzt Wolfgang Kottenberg, Liquidator und Mitglied der Geschäftsleitung der Automotive Beratungs- und Consulting GmbH Abecon. Laut Rechtsanwalt Dr. Jonathan Ruff der Kanzlei Osborne Clarke in Köln können verspätete Wertstellungen und überhöhte Zinsen (siehe Fachartikel AUTOHAUS 23-24/2010 zu überhöhten Zinsabrechnungen von Banken*) bei einem mittelständischen Betrieb bereits einen Schaden in vierstelliger Höhe pro Monat verursachen. „Man sollte deshalb zunächst bei seiner Bank nachfragen, wie es zu den hohen Zinsen kommt, und sich den Prozess genau erklären lassen. Wichtig ist zudem, stets alle Bankunterlagen aufzubewahren“, erklärt Kottenberg. Falls man bei der Bank zu keinen Gesprächen bereit ist oder die Erklärungen unbefriedigend sind, sollte man die Unterlagen laut Reich – auch bei Verdacht auf „nur“ 100.000 Euro – prüfen lassen. Denn der fehlende Betrag werde schnell zu einem Selbstläufer, der zu teuren Überziehungskrediten mit möglichen Insolvenzfolgen führen könne. Auch sollte ein Händler seine Abrechnungen laut Ruff prüfen lassen, wenn er auf bedenkliche Zinsanpassungsklauseln oder Wertstellungen stoße. Denn wenn die Bank falsch berechnet habe, könne der Händler überhöhte Zinsen nach den Grundsätzen ungerechtfertigter Bereicherung für einen langen Zeitraum zurückfordern. „Man sollte auf jeden Fall immer einen Experten einbeziehen“, rät Reich abschließend. Erfolgreiche LeasingzurückweisungZugleich hat sich Reich mit der Verpflichtung zur Leasingrücknahme auseinandergesetzt. Verbunden war das Thema mit der Liquidation des Autohauses Niedermair & Reich. Gründe waren laut Reich der Verkaufswunsch wegen Unrentabilität auf dem schwierigen Markt in München und anschließende gescheiterte Verkaufsverhandlungen.Kottenberg: „Zu Beginn der Auflösung des Autohauses standen rund 800 Leasingfahrzeuge zur Rücknahme an, die wir im Liquidationszeitraum mit entsprechenden Verlusten nicht auch noch veräußern wollten. Die zentrale Frage war, wer das hohe Restwertrisiko tragen sollte. Dazu waren wir nicht bereit und haben einen Experten hinzugezogen.“ Üblich ist bei der Teilnahme am Leasinggeschäft eine unterschriebene Verpflichtung gegenüber der Herstellerbank zur Rücknahme der Fahrzeuge. Laut dem beauftragten Rechtsanwalt Prof. Dr. Christian Genzow der Rechtsanwälte Graf von Westphalen ist ein Händler rechtlich nicht zur Unterschrift verpflichtet, da er als Mittler zwischen der Ford-Bank als Leasinggeber und dem Kunden als Leasingnehmer kein Vertragspartner ist und somit keine Garantiepflicht eingeht. Der Fall ging mit der Begründung vor Gericht, dass die unterschriebene Rücknahmeerklärung juristisch nicht zulässig gewesen sei. Es kam zu einem Vergleich, bei dem das Risiko der letztlich verbleibenden 400 Fahrzeuge von der Ford Bank** auf 2.000 Euro pro Stück und damit insgesamt auf rund 800.000 Euro geschätzt wurde. Als Folge wurden 370.000 Euro auf dem Bankkonto von Reich eingefroren und die fehlenden 430.000 Euro eingefordert. Kottenberg: „Wir haben daraufhin neben der Rücknahme aller 400 Leasingfahrzeuge die 370.000 Euro zurückgefordert und uns geweigert, die geforderten 430.000 Euro zu bezahlen.“Schließlich kam es vor dem Oberlandesgericht Köln zu einer gütlichen Einigung, bei der die Fahrzeuge von der Ford Bank übernommen und 270.000 Euro zurückerstattet wurden. „So mussten wir auf 100.000 Euro verzichten, haben die Leasingfahrzeuge aber erfolgreich abgeben können“, erklärt Reich. Und Kottenberg ergänzt: „Für mich als Liquidator war das Wesentliche, kein Fahrzeug mehr auf dem Hof stehen zu haben.“ Reich: „Ein Händler sollte keine Angst haben und sich wehren. Denn da die Rücknahmeverpflichtung selbst bei einer geleisteten Unterschrift angreifbar ist, hat man gute Chancen, diese vor Gericht entweder vollkommen auszuhebeln oder einen Vergleich zu schließen. Die Hersteller sollten den Händler zudem vernünftige Kompromissangebote machen und zumindest einen Teil des Restwertrisikos übernehmen.“ z*AUTOHAUS-Artikel 23-24/2010 „Selbstbedienung“ von Dr. Jonathan Ruff, Rechtsanwalt der Kanzlei Osborne Clarke in Köln, über Zinsanpassungen der Herstellerbanken, deren gesetzliche Grenzen und welche Möglichkeiten die Händler haben, sich gegen überhöhte Zinsabrechnungen und fehlerhafte Wertstellungen der Banken zu wehren.**Eine Stellungnahme zu dem dargestellten Fall war weder von der Ford Bank noch von der Ford GmbH zu erhalten, da beide grundsätzlich keinen Kommentar zu gerichtlichen Auseinandersetzungen abgeben. Lesen Sie hier...... wie Händler überhöhte Zinssätze ihrer Hausbank kostengünstig auf Korrektheit nachprüfen lassen und gegen eine ungewollte Leasingrücknahme vorgehen können.Fazit1. Bankbelege sollte man von Unternehmen wie Zinsprüf auf überhöhte Zinsen analysieren lassen.2. Juristisch gibt es keine Pflicht zur Unterschreibung einer Leasingrücknahmeerklärung.3. Auch unterschriebene Leasingrücknahmeerklärungen sind juristisch angreifbar.Autohaus Niedermair & ReichDas 1945 gegründete Ford-Autohaus Niedermair & Reich wurde in zweiter Generation bis 2009 von Dr. Anton Reich als Familienbetrieb geführt. Angesiedelt war der Fordhändler mit rund 150 Mitarbeitern in München in der Landsberger Straße 432 und der Ingolstädter Straße 57. Der Umsatz belief sich 2008 auf rund 70 Millionen Euro bei durchschnittlich 3.000 verkauften Neu- und 1.500 Gebrauchtwagen.

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