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FAQ zur GVO: Bei Ersatzteilen wird es schwammig

04.09.2012 13:11 Uhr
Jürgen Creutzig
Branchenanwalt Creutzig: GVO-Leitlinien schwierig in der Praxis umsetzbar.
© Foto: Doris Plate/AUTOHAUS

Der Hersteller darf seinen Händlern und Werkstätten auferlegen, die Ersatzteile anderer Marken getrennt von den Teilen seiner eigenen Marke zu lagern – wenn sie nicht unangemessen damit behindert werden.

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Das klingt noch recht einfach: Ein Vertragshändler oder eine autorisierte Werkstatt darf sich weigern, Originalteile an unabhängige Werkstätten zu liefern. Zur Begründung heißt es in den FAQ ("frequently asked questions", dt. häufig gestellte Fragen) zur GVO: Die Werkstätten könnten die Ersatzteile ja woanders beziehen. Eine wettbewerbswidrige Absprache liegt laut EU-Kommission aber vor, wenn mehrere Händler oder Werkstätten sich absprechen, solche Lieferungen zu verweigern. Ein Verstoß gegen EU-Wettbewerbsrecht liegt auch vor, wenn der Kfz-Hersteller seine Händler anweist, Ersatzteile weder direkt noch indirekt an unabhängige Werkstätten zu verkaufen, insbesondere, wenn diese mithilfe von Vermittlern einkaufen.

Wie schwierig die Leitlinien in der Praxis umzusetzen sind, beweist laut dem Kölner Rechtsanwalt und früheren Cecra-Präsidenten Prof. Dr. Jürgen Creutzig auch diese Klarstellung der EU-Kommission zur GVO: Der Kfz-Hersteller darf seinen Händlern und Werkstätten auferlegen, die Ersatzteile anderer Marken getrennt von den Ersatzteilen seiner eigenen Marke zu lagern. Aber: Eine solche Auflage darf nicht in unangemessener Weise die Lagerbestandskontrolle erschweren, mehr Lagerraum erforderlich machen oder den Zugang derart erschweren, dass Händler oder Werkstätten davon abgebracht werden, Ersatzteile anderer Marken zu führen. Als Beispiel für einen Verstoß gegen EU-Wettbewerbsrecht führt Brüssel an, dass ein Kfz-Hersteller seine Händler nicht verpflichten darf, für Ersatzteile anderer Marken ein getrenntes Lager vorzusehen und diese nicht an den Werkplätzen zu lagern.

Noch tückischer wird es Creutzig zufolge bei diesem Problem: Häufig wird die Frage gestellt, ob ein Kfz-Hersteller die Gewährung von Prämien oder Rabatten für Originalteile ("captive parts") an die Bedingung knüpfen darf, dass die Vertragshändler von ihm auch Ersatzteile für Fahrzeuge anderer Kfz-Hersteller beziehen. Dieses Thema wird weder in der Kfz-GVO noch in den ergänzenden Leitlinien dazu behandelt. Die Kommission meint, normalerweise seien Prämien- und Rabattsysteme ein legitimes und wettbewerbsförderndes Mittel, um Händlern und Werkstätten den Anreiz zu geben, mehr Ersatzteile einer bestimmten Marke zu verkaufen.

Quasi-Monopolisten: Vorsicht ist geboten

Haben Kfz-Hersteller für bestimmte Originalersatzteile jedoch eine marktbeherrschende Stellung, ist Vorsicht geboten: Es könnte einen Verstoß gegen Art. 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) darstellen, also eine verbotene marktbeherrschende Stellung vorliegen, wenn der Kfz-Hersteller Prämien- und Rabatte an die Bedingung knüpft, von ihm auch Ersatzteile für Fahrzeuge anderer Kfz-Hersteller zu kaufen.

Alles in allem zeigte sich Creutzig enttäuscht von den Anfang vergangener Woche veröffentlichten FAQ zur GVO: "Die Antworten lesen sich in der Theorie teilweise recht geschliffen, zeigen aber zugleich, wie schwierig die Umsetzung in der Praxis ist." Kfz-Hersteller beschäftigten Scharen von Experten, der mittelständische Kfz-Händler habe dafür kein Budget. Er muss mit den Schwierigkeiten des täglichen Wettbewerbs kämpfen. "Wieder einmal zeigt sich, dass wir noch weit davon entfernt sind, dass aus dem David-Goliath-Verhältnis ein solches auf gleicher Augenhöhe wird." (dp)

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KOMMENTARE


Bart Ebben

04.09.2012 - 14:08 Uhr

Bei Bart Ebben Specialist Citroën Peugeot gibt es glücklicherweise keine Beschränkungen. Hier ist es für jeden Werkstatt möglich Ersatzteile zu bestellen.


Michael Kühn

04.09.2012 - 18:03 Uhr

Ich glaube, ich hatte es bereits schon einmal beschrieben; betreffend Rover, - vor einigen Jahren, - Wasserpumpe, Reifen und vieles Andere konnte ich im freien Markt um ca. bis zu 50 % günstiger für unsere Flotte erwerben. Bei BMW, VW, Nissan usw. waren ebenso Preisvorteile im zweistelligen Bereich gegeben. Welchen Grund sollte z. B. ein Autobesitzer haben, für seinen, einige Jahre alten GW, erheblich teuere Org.- Ersatzteile einbauen zu lassen? Ich kenne Vertragshändler, die ihren treuen Kunden eben diese Alternativen anbieten. Dadurch blieben die Kunden der Werkstatt erhalten und meistens bis zum Fabrikatswechsel + oder auch danach treu. - Es gab übrigens ein paar Betriebe, die meinen Gedanken folgten und für die betriebseigenen Fzg. wie auch für Kunden-fzg. die preiswerteren Reifen, wie auch andere "greifbare" Ersatzteile nicht vom Hersteller bezogen. Zitat aus o. g. Bericht: "Noch tückischer wird es Creutzig zufolge bei diesem Problem: Häufig wird die Frage gestellt, ob ein Kfz-Hersteller die Gewährung von Prämien oder Rabatten für Originalteile ("captive parts") an die Bedingung knüpfen darf, dass die Vertragshändler von ihm auch Ersatzteile für Fahrzeuge anderer Kfz-Hersteller beziehen. Dieses Thema wird weder in der Kfz-GVO noch in den ergänzenden Leitlinien dazu behandelt. Die Kommission meint, normalerweise seien Prämien- und Rabattsysteme ein legitimes und wettbewerbsförderndes Mittel, um Händlern und Werkstätten den Anreiz zu geben, mehr Ersatzteile einer bestimmten Marke zu verkaufen." - Ersatzteile von hauseigenen Herstellern haben doch häufig auch schon "Mondpreise"..., die nicht akzeptiert werden können, seitens der Kunden + das Budget der Kunden sprengt. Man kann zu diesem Thema gerne auch die Mängelstatistiken von TüH od. Dekra lesen. Warum wohl, sind die Auswertungen in den letzten jahren so eklatant besorgniserregend? Vorgenannte Zeilen von mir, sind Erfahrungswerte aus über 25 Jahren Dienst am Kunden. In den letzten Jahren ergab sich oft eine spezielle Prioritätenordnung, entsprechend dem gegebenen Budget bei den Kunden! Ich hätte noch viel zur gegenwärtigen Ersatzteil-Thematik mitzuteilen, aber das würde den Rahmen sprengen...


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