Ausgabe 17/2008: Fliegende Holländer

Kroymans / In Deutschland schreibt die niederländische Handelsgruppe derzeit rote Zahlen. Auf ihrem Heimmarkt, im Teile-, Leasing- und Finanzierungsbereich, wird aber Geld verdient.Fliegende HolländerVon Doris PlateEr fühlt sich wie 35, will 100 werden und ist mit seinen 68 Jahren noch mitten im Geschäft: Frits Kroymans, ein Vollblutunternehmer. Der Niederländer, dessen Großvater den Grundstein für die heutigen Aktivitäten gelegt hat, hat im Jahr 2001 mit der Übernahme der Firma A.R.M-Stokvis die Kroymans Corporation gegründet. 120 Firmen gehören heute zu seinem Imperium, darunter 50 Autohäuser. 2007 machte die Gruppe mit Fahrzeug-Import, Teilehandel, Autohandel, Leasing- und Finanzierungsfirmen erstmals über zwei Milliarden Euro Umsatz. Kroymans importiert Cadillac, Corvette und Hummer in Europa, Ssang Yong in Benelux, Saab, Jaguar, Kia und Alfa Romeo in den Niederlanden. Außerdem ist man dort Großhändler für Ferrari, Maserati und Aston Martin. Mit Ferrari wurde Kroymans auch bekannt: Er verkaufte die Flitzer öffentlichkeitswirksam an den niederländischen Prinzen Bernhard, der ein Schloss just am Stammsitz von Kroymans, im niederländischen Hilversum, bewohnte. In den Autohäusern der Corporation stehen aber neben den oben genannten noch viele andere Marken: Opel, Ford, Land Rover, Suzuki, Mitsubishi, Nissan, Lancia und Volvo sorgen für ein wirklich breites Angebot.Hohe Umsatzzahlen, überschaubarer ErtragWas den Ertrag angeht, kreist aber auch bei der Kroymans Corporation der Berg und heraus kommt eine Maus: Bei fast zwei Milliarden Euro Umsatz blieben 2006 gerade einmal vier Millionen Euro Gewinn nach Steuern übrig, das sind 0,2 Prozent. 2007 wurde es etwas besser: Mit 14 Millionen Gewinn bei etwas mehr als zwei Milliarden Umsatz stieg die Rendite auf 0,7 Prozent. "Ein gutes Jahr war das vor allem für den Teilehandel und bei den Leasing- und Finanzierungsfirmen", erläutert Kroymans-Sprecher Ivo Manders. Dazu muss man wissen: In Benelux gehört die Kroymans Corporation mit den Firmen Sator und Lasaulec zu den drei größten Importeuren von Autoteilen. Gerade im letzten Jahr gelang es, den exklusiven Vertrieb der Valvoline-Produkte in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg zu akquirieren. Außerdem umfassen die Aktivitäten auf dem Automobilsektor Betriebe zur Unfallschadensbehebung in den Niederlanden und in Belgien. Die Autovermietung National gehört dort ebenfalls zum Portfolio. Auch bei den Autohäusern gingen die Geschäfte im vergangenen Jahr in den Niederlanden und Belgien wesentlich besser als hierzulande. In Deutschland ist Kroymans auf Platz 13 der großen Händlergruppen, verkauft knapp 11.000 Neuwagen von 17 Marken. Aber: "Die Erträge sind schlecht", räumt Deutschland Chef Johannes Cürten ein, "das Ergebnis 2007 war negativ." Schuld daran sei unter anderem Ssang Yong: "Das hat uns viel Geld gekostet." Die Importfirma in Deutschland wird nach der Kündigung durch den Hersteller Ende September liquidiert. In Benelux bleibt Kroymans aber Importeur und kann so auch die deutschen Händler weiter mit Ersatzteilen versorgen.Größe und ein breites Marken-spektrum helfenZurück zu den Autohäusern: Auch wenn das Geschäft in Deutschland schwierig war, will das Unternehmen bei seinem Engagement bleiben: "Der Verkauf an Endverbraucher ist nicht zu trennen von den anderen Geschäftsfeldern", heißt es im Geschäftsbericht 2007. Leasing und Finanzierung verkauft sich eben nur mit den dazugehörigen Fahrzeugen und auch bei Teilen geht es nicht ohne. Außerdem glauben die Holländer daran, dass Größe und ein breites Markenspektrum helfen, das Überleben zu sichern. Und: Derzeit gibt es Überlegungen auch hierzulande den Handel mit "Semi-Original-Teilen", wie das im Konzern-Jargon heißt, zu verstärken und die Leasingaktivitäten auszubauen. In den Niederlanden gehört Kroymans schon zu den zehn größten Leasingfirmen. Drei Schwerpunkte in DeutschlandDeutschland-Chef Cürten hat jedenfalls viel zu tun. Seit 2003 sind die Niederländer in der Bundesrepublik tätig. Seitdem wuchs die Zahl der Autohäuser auf 19, die der verkauften Fahrzeuge (neu und gebraucht) auf 18.000 im Jahr 2007 und der Umsatz wird im Jahr 2008 voraussichtlich 400 Millionen Euro betragen. Dabei legt das Handelshaus den Fokus auf drei Ballungsgebiete: Berlin, Nordrhein-Westfalen und München. An diesen Standorten sind die "Kroymänner" bereits mehrfach vertreten. In Berlin ist mit dem Neubau in Spandau die Entwicklung abgeschlossen. In NRW ist das Ruhrgebiet bis auf ein, zwei Kernmärkte abgedeckt. In München wird noch weiter ausgebaut: Am 1. September eröffnete ein Betrieb an der Wasserburger Landstraße, 2009 folgt ein weiterer an der Landsberger Straße. "Damit haben wir drei Cluster, in denen wir jeweils 10.000 Fahrzeuge (neu und gebraucht) verkaufen wollen. Wenn die Entwicklung abgeschlossen ist, wollen wir 30.000 bis 35.000 Autos in Deutschland verkaufen", erläutert Cürten die Pläne. In drei Jahren soll es so weit sein. Ford, Nissan und Fiat sollen Stückzahlen bringenDabei sollen vor allem die Volumen- und Kleinwagenmarken wie Ford, Nissan und Fiat die Stückzahlen bringen. Cadillac, Corvette und Hummer fließen derzeit eher in die Märkte Osteuropas, wo die CO2-Werte und der hohe Spritpreis nicht die Kauflust beeinträchtigen. Ansonsten gibt es eine klare Ansage. Zum Beispiel soll der zehn Millionen Euro teure Neubau in Berlin-Spandau, der im Juli fertiggestellt wurde, durch den Verkauf von 2.500 Autos im Jahr amortisiert werden. Zwei Jahre soll es bis zum Break Even dauern: "Wenn wir es bis dann nicht geschafft haben, schaffen wir es nie", erklärt Cürten. Und: Klar werde das Unternehmen von den Herstellern und Importeuren unterstützt, gibt er freimütig zu, ohne aber die Höhe zu nennen: "Es ist nie genug."Neubauten bieten attraktive ArbeitsbedingungenBei einer solchen Expansionsstrategie wundert es schon, wo die vielen benötigten Mitarbeiter, die momentan in der Branche ohnehin schwer zu finden sind, herkommen. "Wir bekommen sehr viele Bewerbungen", berichtet Cürten. Interessenten werden vor allem von den schönen, neuen Betrieben angelockt, die attraktive Arbeitsbedingungen versprechen. Das Lohnniveau sei aber nicht überdurchschnittlich. Oftmals werden die Mitarbeiter auch in bereits bestehenden Betrieben ausgebildet und dann versetzt. Mit Headhuntern arbeitet Kroymans nicht. Wenn die Blindbewerbungen nicht reichen, werden eben Anzeigen geschaltet. Auf den zweifachen Wechsel an der Spitze von zwei Autohäusern angesprochen, wiegelt Cürten ab. Das sei nicht außergewöhnlich, aber: "Die Geschäftsführer haben bei uns eine hohe Eigenverantwortung. Manche kommen damit nicht klar."Insgesamt ist Kroymans ein gesundes, breit aufgestelltes Unternehmen, das die großen Investitionen in Deutschland stemmen kann. Nicht zuletzt zählt Frits Kroymans privat zu den größten Immobilienbesitzern der Niederlande. Und die Entwicklung geht weiter: Seit Anfang des Jahres gibt es einen von der Familie unabhängigen Aufsichtsrat, der dem alleinigen Shareholder Frits Kroymans zur Seite steht. Das dynamische Wachstum des Unternehmens, das in den letzten fünf Jahren seinen Umsatz verdoppelt hat, habe dies nötig gemacht, heißt es. Gedanken an einen Rückzug des Patriarchen gebe es nicht. Zwar sei sein Sohn Rogier im Unternehmen tätig, ob er der Nachfolger werde, stehe aber nicht fest.Deutscher im AufsichtsratSeit dem 1. Juli gehört zum neu eingesetzten dreiköpfigen Aufsichtsrat auch Dieter Laxy. Die Berufung des deutschen Automanagers ist sicherlich ein Zeichen für die Bedeutung des hiesigen Marktes für die Gruppe. Und auch auf dem Heimatmarkt geht es voran: Gerade hat Kroymans den Importeursvertrag für Jaguar allein übernommen. Mit dem neuen Eigentümer Tata verstehen sich die Verantwortlichen offenbar gut: "Wir haben sehr gute Kontakte und werden voraussichtlich für Tata den Import in den Niederlanden und Belgien übernehmen", blickt Manders in die Zukunft. Dabei ist nicht Jaguar gemeint, sondern die Kleinwagenaktivitäten des indischen Herstellers. Und auch mit chinesischen Herstellern sind die Niederländer in Kontakt und gehen davon aus, dass sie für mindestens einen auf ihrem Stammmarkt tätig werden – und vielleicht auch woanders. Um für die zukünftigen Aufgaben gerüstet zu sein, baut Kroymans jedenfalls gerade ein neues Hauptquartier in Hilversum – auf dem Gelände des Ursprungsbetriebs. Bei aller Expansion werden die Wurzeln eben doch nicht vergessen.

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