Ausgabe 05/2008: Handlungsbedarf

Lueg-Gruppe / Das Traditionsunternehmen schrieb 2007 erstmals rote Zahlen. Das neue Führungsteam stellt das Engagement bei allen Marken außer Mercedes-Benz auf den Prüfstand. HandlungsbedarfVon Doris PlateDie Lueg-Gruppe gehört mit einem Absatz von 25.400 Fahrzeugen, knapp sieben Millionen Werkstattdurchläufen und einem Gesamtumsatz von 621 Millionen Euro in 2007 zu den großen Autohandels- und Serviceunternehmen in Deutschland. Zudem ist Lueg der größte autorisierte Vertriebs- und Servicepartner der Daimler AG. Ende letzten Jahres wurde der bisherige Vorstand unter der Führung von Alexander von Gizycki abgelöst von einem komplett neuen Team: Thomas Holtgräfe, Olaf Réum und Karl Neuhaus führen das traditionsreiche Unternehmen nun als gleichberechtigte Mitglieder des Vorstandes. Im Gespräch mit AUTOHAUS-Redakteurin Doris Plate erläuterten sie ihre Pläne.Schwieriges Jahr AH: Wie lief das Geschäftsjahr 2007 für die Lueg-Gruppe? T. Holtgräfe: Insgesamt eher unbefriedigend. Beim Fahrzeugabsatz lagen wir sowohl bei Mercedes-Benz Pkw als auch bei smart und Chrysler/Jeep unter dem Vorjahresniveau. Das Werkstattgeschäft war ebenfalls rückläufig. Dagegen entwickelte sich der Bereich Mercedes-Benz Nutzfahrzeuge besser als im Vorjahr. Und hier hätten wir noch deutlich mehr Fahrzeuge verkaufen können, wäre der Hersteller nicht an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen.O. Réum: Auch für die anderen Marken, die wir in der van Eupen-Gruppe zusammengefasst haben, war es ein schwieriges Jahr. Opel, die Hauptmarke von van Eupen, konnte sich dem negativen Markttrend nicht entziehen. Gut lief hier der Flotten- und Großkundenbereich, dank der exzellenten Arbeit unserer Mannschaft. Volvo behauptete sich knapp, während Saab trotz der schwierigen Rahmenbedingungen mit einem leichten Absatzplus abschloss. Hyundai – unsere jüngste Marke – enttäuschte unsere Erwartungen und verfehlte das Ziel deutlich, trotz eines zusätzlichen Standorts. Auch das Werkstattgeschäft kam nicht auf Vorjahresniveau. Grundsätzlich stellen wir fest, dass wir mit Opel bei Gewerbe- und Nutzfahrzeugen so gut wie nicht präsent sind. Probleme der Kernmarke Opel dürfen aber nicht dazu führen, dass sie auch im betriebswirtschaftlichen Sinne abfällt. K. Neuhaus: Und last but not least gehören wir bei Ferrari und Maserati mit rund 230 verkauften Neu- und Gebrauchtwagen zu den größten Partnern dieser Marken in Deutschland. Hier können wir sagen, es war ein gutes Jahr und das Geschäft hat auch Spaß gemacht. Gleiches gilt für unser Karosserie- und Lackgeschäft sowie die Versicherungsaktivitäten. 1.000 Pkw weniger AH: Wie haben sich Umsatz und Umsatzrendite entwickelt?K. Neuhaus: Der Gesamt-Umsatz ist etwas geringer ausgefallen als in 2006. Und entsprechend hat sich auch das Ergebnis – bei relativ konstanten Fixkosten – äußerst unbefriedigend entwickelt.AH: Die Lueg-Gruppe ist in den vergangenen Jahren zum Mehrmarkenhändler geworden. Wie beurteilen Sie heute das Engagement bei van Eupen?O. Réum: Grundsätzlich ist das Engagement für Opel in einem Markt, in dem diese Marke historisch über 20 Prozent Marktanteil hat, nahe liegend. Die Frage ist, inwieweit die Übernahme einer kompletten Autohandelsgruppe sinnvoll war, oder ob es nicht effizienter gewesen wäre, direkt auf den Hersteller zuzugehen und so ein Engagement für eine Volumenmarke wie Opel selbst auf die Beine zu stellen. Geschäftsfelder überprüftAH: Wie wird es mit van Eupen innerhalb der Lueg-Gruppe weitergehen?O. Réum: Hierzu befinden wir uns derzeit in der Analysephase. Alles steht zur Disposition. Einzig das traditionelle Kerngeschäft mit der Marke Mercedes-Benz gilt als gesetzt. Es wird definitiv Veränderungen geben müssen. So werden wir das gegenwärtige Marken- und Standortportfolio hinsichtlich seiner Entwicklungspotenziale und damit Marktchancen überprüfen. Danach werden wir unsere konkreten Vorschläge mit unserem Aufsichtsrat diskutieren. Wir gehen davon aus, dass der Aufsichtsrat unseren Vorschlägen folgen wird und wir dann mit der Umsetzung beginnen können. Diese wird mit Sicherheit zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen. Zielsetzung ist es, mit dem Mehrmarkenvertrieb künftig auch betriebswirtschaftlich erfolgreich zu sein. Das waren wir nämlich in den letzten Jahren nicht. AH: Was heißt das konkret?O. Réum: Es gibt sicherlich eine ganze Reihe von Ideen und es hat nicht immer direkt etwas mit Marke zu tun. Mir geht es erst einmal darum, sich von der Idee zu lösen, eine zusätzliche Marke helfe einem weiter. Vor allem bei den gewerblichen Kunden und Nutzfahrzeugen sehe ich Handlungsbedarf und Entwicklungspotenzial. Was die Standorte angeht, werden wir mittelfristig nicht mehr überall vertreten sein, wo wir heute sind. Aber andere werden möglicherweise dazukommen. Heute haben wir Standorte, aber auch Marken, die von einem managergeführten Unternehmen nicht betriebswirtschaftlich sinnvoll betrieben werden können, weil sie zu klein und die Marktpotenziale zu gering sind. Hier kann aber vielleicht eine Inhaberfamilie erfolgreich sein. Leistungsverluste aufholenAH: Herr Holtgräfe, wie geht es weiter bei Mercedes-Benz, Smart und Chrysler?T. Holtgräfe: Die Diagnose ist ähnlich wie bei van Eupen. Auch hier wurden innere Kernwerte vernachlässigt, vor allem das Thema Kundenzufriedenheit, aber auch die Motivation und Qualifikation der Mitarbeiter. Die daraus resultierenden Leistungsverluste müssen wir wieder aufholen. Wir sehen die Möglichkeiten dazu auch wirklich optimistisch. Schwarzmalerei wäre ein schlechter Begleiter. Sicher ist aber ebenso: Lueg wird sich auf allen Ebenen deutlich bewegen und verändern müssen – der Status Quo ist Vergangenheit. Wie es konkret weiter geht, hängt auch davon ab, ob unsere Belegschaft dies versteht. Wir brauchen zum Beispiel andere Arbeitszeiten und geringere Kosten. Wir sind eines der wenigen Unternehmen in unserer Branche, in dem die Regelarbeitszeit noch bei 36,5 Stunden liegt – mit allen tariflichen Sozialleistungen. Wenn wir bei konstanten Personalkosten zehn Prozent mehr Leistung bekommen – das wäre dann die 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich –, können wir uns das wieder vom Wettbewerb zurückholen, was in den vergangenen Jahren aus Preisgründen verloren ging. Vor allem aber werden wir uns wieder stärker auf die Kundenbedürfnisse fokussieren, um die Fragen und Problemstellungen unserer Kunden zu lösen. Warum sind unsere Werkstätten für Nutzfahrzeugkunden denn ausgerechnet sonntags geschlossen? Mehr WeiterbildungAH: Welchen Handlungsbedarf sehen Sie bei der Mitarbeiteraus- und -weiterbildung?K. Neuhaus: In der Ausbildung sind wir führend. Derzeit bilden wir immer noch über unseren eigenen Bedarf hinaus aus. Es ist aber klar, dass wir bei der jetzigen Ertragslage diese gesellschaftliche Aufgabe zukünftig nicht mehr in gleichem Umfange wahrnehmen werden. T. Holtgräfe: Bei der Weiterbildung haben wir einen erheblichen Nachholbedarf und dürfen uns nicht wundern, dass uns geeignete Nachwuchskräfte für Führungspositionen fehlen. AH: Herzlichen Dank für das Gespräch!

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