Neue Verträge für Opel-Händler: Leistungskultur stärker fördern

Opel will die Zusammenarbeit mit seinen Vertriebspartnern in Europa auf eine neue Basis stellen. Dazu kündigte der Rüsselsheimer Autobauer Ende April 2018 die bestehenden Händlerverträge mit zweijähriger Frist. Die Details erklärt Deutschland-Chef Jürgen Keller im Gespräch mit AUTOHAUS. AH: Wie viele Händler sind von der Netzkündigung betroffen? J. Keller: Wir haben alle 1.600 Händlerverträge in Europa ordnungsgemäß mit zweijähriger Frist gekündigt. In Deutschland sind davon 385 Handelsbetriebe betroffen. AH: Laufen die Gespräche mit den Händlervertretern bereits? J. Keller: Selbstverständlich sprechen wir miteinander. Wir haben unsere Händler informiert, seitdem sprechen wir auch intensiv mit dem Partnerverband. Ich gehe davon aus, dass wir die Gespräche im Sommer abschließen und dann das Vertragswerk vorlegen können. Ich rechne damit, dass die neuen Vereinbarungen Anfang 2020 wirksam werden. AH: Bekommen alle bisherigen Vertriebspartner in Deutschland einen "Letter of Intent"? J. Keller: Wir wollen mit fast allen Händlern weiterarbeiten, lediglich zwölf Betriebe werden kein neues Vertragsangebot erhalten. Das sind Unternehmen, bei denen es beispielsweise schon ein anderes Zukunftsmodell gibt. Eine Ausdünnung des Opel-Netzes ist folglich nicht geplant. Vertriebssystem bleibt bestehen AH: Plant Opel Änderungen am Vertriebssystem? J. Keller: Unser mehrstufiges Vertriebssystem bleibt unangetastet. Wir werden weiterhin die Vertragshändler mit angegliederten Zweigbetrieben und das Netzwerk der Autorisierten Opel Vertreter AOV haben. Die Autohäuser spielen auch in Zukunft eine maßgebliche Rolle in der Fahrzeugvermarktung. Sie sind und bleiben unsere Schnittstelle zum Kunden. AH: Was passiert mit den 4.900 Servicepartnern in Europa und deren Verträgen? J. Keller: Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich dazu keine Aussage treffen. Klar ist: Auch im Service- und Teile-Geschäft müssen wir sehen, wie sich Opel optimal für die Zukunft aufstellen kann. AH: Sie wählen den Weg der Vertragskündigung. Hätten nicht Ergänzungen zu den bestehenden Vereinbarungen genügt? J. Keller: Wir haben diese Option diskutiert, letztlich aber darauf verzichtet, den aktuellen Vertrag lediglich zu ergänzen. Wir müssen uns den neuen Herausforderungen durch den rasanten Wandel in der Automobilindustrie und in der Kundenerwartung stellen. Die Veränderungen in der Branche sind so tiefgreifend, dass wir dafür zwingend einen neuen vertraglichen Rahmen brauchen. Profitabler werden AH: Opel steckt inmitten einer umfassenden Sanierung. Welche Hausaufgaben stehen im Vertrieb an? J. Keller: Im Rahmen unseres Zukunftsplans Pace! arbeiten wir an verschiedenen Themen, um nachhaltig profitabel zu werden. Dazu gehört auch der Vertrieb. Das Leistungsspektrum innerhalb unseres Netzwerks ist extrem groß. Wir haben sehr viele und sehr gute Händler, mit denen wir seit vielen Jahren erfolgreich zusammenarbeiten. Es gibt aber auch Betriebe, die hinsichtlich Profitabilität und Performance nicht dort sind, wo sie eigentlich stehen müssten. Unser Ziel ist es, noch stärker die Leistungskultur im Handel zu fördern. Dafür müssen wir Grundlegendes anpacken. AH: Können Sie das konkretisieren? J. Keller: Wir richten künftig weniger den Fokus auf die Erfüllung von Standards, dafür wird im neuen Vertrag mehr denn je die individuelle Händler-Leistung im Mittelpunkt stehen. Ein Beispiel: Marketing-Materialien im Showroom ausstellen - das stellt an sich keine Leistung dar, sondern wird eigentlich erwartet. In Zukunft wird dies kein Bestandteil einer Marge mehr sein. Vielmehr wird die erfolgreiche Umsetzung honoriert. Wir werden die heutige Marge eher in einen performance-abhängigen Bonus umwandeln. AH: Geht damit eine Margenreduzierung einher? J. Keller: Im Gegenteil: Wir ersetzen diese Margen durch einen Bonus, der sich an der Verkaufs-Performance des Händlers sowie der Kundenzufriedenheit orientiert. Weitere Einzelheiten möchte ich an dieser Stelle noch nicht vorwegnehmen, nur so viel, die geplanten Veränderungen haben das Ziel, das System leistungsabhängiger zu machen. Reduktion der Komplexität AH: Lassen Sie uns näher auf die Inhalte des neuen Vertrages eingehen. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Aspekte? J. Keller: Besonders positiv ist, dass mit den neuen Regelungen eine deutliche Reduktion der Komplexität und des Verwaltungsaufwands für den Handel einhergehen wird. Das gilt, wie erwähnt, vor allem für die Erfüllung von Standards. Zur Vereinfachung gehört aber auch, dass künftig jeder Händler Pkw und Nutzfahrzeuge vertreiben kann. Statt zwei Verträgen wird es nur noch einen geben. Wir wollen gemeinsam den Markt für leichte Nutzfahrzeuge noch besser und professioneller bearbeiten. AH: Zusammen mit dem Mutterkonzern PSA geht Opel in die E-Offensive. Wie findet das Thema seinen Niederschlag im neuen Vertrag? J. Keller: Wir planen kein reduziertes Vertriebsnetz für E-Fahrzeuge. Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Jeder Partner wird die künftigen elektrifizierten Modelle verkaufen können. Opel wird bis 2024 in jeder Pkw-Modellreihe auch eine elektrifizierte Variante ins Programm nehmen. Bereits 2020 - zum Start des neuen Vertrags - sind vier entsprechende Fahrzeuge verfügbar. Online-Vertrieb AH: Wie regelt Opel künftig den Online-Vertrieb? J. Keller: Das war einer der Hauptgründe für die Neufassung des Vertrags. Wir wollen den klassischen Vertrieb sinnvoll mit dem Online-Verkauf verknüpfen und diese Integration für alle Beteiligten klar definieren. Bei den Überlegungen spielten auch die Erfahrungen, die wir bereits bei der Entwicklung der Plattform CaYu gesammelt haben, eine große Rolle. CaYu beispielsweise verknüpft Off- und Online-Shopping miteinander. Das eröffnet uns die Möglichkeit, zusammen mit unseren Händlern auf verändertes Kundenverhalten in Zeiten der Digitalisierung zu reagieren und gemeinsam zu profitieren. AH: Und das Thema Direktvertrieb? J. Keller: Auch hier gilt: Wir müssen den neuen Gegebenheiten im Markt Rechnung tragen. Wir werden künftig auf gewissen Kanälen die Dinge etwas anders betrachten. Die Details möchte ich zuerst aber mit den Händlervertretern besprechen. Datennutzung AH: Bei einigen Mitbewerbern ist die Nutzung von Daten in der vernetzten Welt ein großer Streitpunkt. Wie sieht es diesbezüglich bei Opel aus? J. Keller: Wir sind aus meiner Sicht schon gut aufgestellt. Die Vereinbarung aus dem bisherigen Händlervertrag wird in das neue Vertragswerk übernommen. Hinzu kommen einige kleinere Änderungen. AH: Herr Keller, herzlichen Dank für das Gespräch! Interview: Ralf Padrtka Händler Fordern Planbare Zukunftsperspektive Die Opel-Händler haben ihre Kündigungen und die meisten auch einen Letter of Intent erhalten. Wie der Sprecher des deutschen Opel-Händlerverbandes (VDOH) Peter Müller mitteilte, wird der Beginn der Vertragsverhandlungen in Deutschland erst Mitte Mai erwartet.Müller formulierte gegenüber AUTOHAUS aber bereits ein paar Kernpunkte, auf die der VDOH achten wird: 1. Jeder Händler soll die gesamte Vertragsware verkaufen dürfen. 2. Direktvertrieb über das bisherige Maß hinaus lehnt der Verband ab. 3. Der Hersteller soll sich so wenig wie möglich in die Verkaufsprozesse einmischen. 4. Die bereits im bisherigen Vertrag vorhandenen Eingriffe in die Eigentumsverhältnisse und Betriebsanlagen der Händler sollen - soweit sie für das Handelsgeschäft nicht benötigt werden - wieder verschwinden und nicht in den neuen Vertrag aufgenommen werden. "Es liegt doch auf der Hand, dass wir als Händler nur vorhandene Investitionen aufrechterhalten und neue Investitionen erbringen, wenn das Geschäftsmodell uns eine planbare Zukunftsperspektive gibt. Nur dann werden wir unseren Mitgliedern empfehlen können, den verhandelten Vertrag zu unterschreiben", so Müller wörtlich.Partner sind nicht beunruhigtDie von AUTOHAUS befragten deutschen Händler nehmen die Händlervertragskündigung gelassen. Auch der Sprecher der Interessengemeinschaft der Opel-Spezialisten (Igedos) Rolf Höschele zeigte sich nicht beunruhigt: "Wir gehen nicht davon aus, dass es elementare Veränderungen gibt." Die Serviceverträge sind allerdings auch (noch) nicht gekündigt. Sorgen machen den Partnern eher die erwarteten Kosteneinsparungen des Herstellers.Kritisiert wurde von den Händlern aber fast durchgängig, dass sie aus den Medien von ihrer Kündigung erfuhren: "Hier geht es um Existenzen. Das ist kein Stil." Erwartet wird aber auch, dass aufgrund der derzeit schlechten Renditesituation bei Opel einige Partner die Gelegenheit nutzen werden, um mit dem Handelsvertreterausgleich die Organisation zu verlassen. Doris Plate

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