Ora startet in Deutschland: Luca muss noch lernen

Kurzfassung: 50 Händlerstandorte der chinesischen Marke Ora sind noch nicht besetzt. Die Online- und Außenwerbungskampagne zur Einführung läuft schon. Im Fernsehen wird die neue Marke ab April zu sehen sein. Die ersten ORA-Fahrzeuge stehen schon in den Autohäusern und die Werbetrommel dreht sich. Die digitale Produktkampagne, die hauptsächlich auf Suchmaschinenwerbung (SEA) setzt, ist in vollem Gange. Aufmerksamkeit soll über Presseberichte erzielt werden. Journalisten waren für Testfahrten geladen. Ebenfalls wird es Online-Banner auf unterschiedlichen Portalen und Plakatwerbung geben. Die europäische Zentrale von Great Wall Motor, des Herstellers der Marke ORA, startet im April eine Fernsehkampagne. Motto: Hallo Deutschland, hier ist ORA. Start vom weißen Blatt Papier Es ist auch für die Emil Frey Gruppe, deren Tochter Frey Import Services die Einfuhr der Marke hierzulande übernommen hat, das erste Mal, dass sie ein neues Produkt einer bisher noch unbekannten chinesischen Marke einführt. "Dementsprechend haben wir überall mit einem weißen Blatt Papier begonnen und überlegt, wie wir die Prozesse gestalten können, dass sie möglichst gut zur neuen Marke, aber auch zu unserer bestehenden Struktur passen", erklärt der Geschäftsführer von Frey Import Services Jens Schulz. Er war bisher in der Gruppe als Vertriebsleiter von Mitsubishi in Deutschland tätig. Von Qualität überzeugt Bedenken bezüglich der Fahrzeugqualität zerstreut er gleich: Die Frey Gruppe habe schon länger den Markt beobachtet und sich nach Verhandlungen mit verschiedenen Herstellern letztendlich für eine Partnerschaft mit Great Wall Motor entschieden. Denn: "Great Wall Motor legt wie wir großen Wert auf Qualität und Kundenzufriedenheit." Auch BMW nutzt den Hersteller als Kooperationspartner für den kommenden Elektro-Mini. Dass es noch Vorbehalte gegen chinesische Fahrzeuge gibt, führt Schulz auf die ersten Versuche chinesischer Hersteller, in Deutschland Fuß zu fassen, zurück. Für ORA, die Elektromarke aus dem Hause Great Wall, sei das kein Problem: Das erste Modell "ORA Funky Cat" erreichte im Euro NCAP Crashtest 5 Sterne. Und nicht nur das: Kein Fahrzeug in der Kompaktklasse wurde 2022 besser getestet. "Wir sind gemeinsam mit dem Hersteller so von der Qualität überzeugt, dass wir fünf Jahre Garantie ohne Kilometerbegrenzung geben und acht Jahre Batteriegarantie", so Schulz. Unkonventioneller Begleiter Marketing- und PR-Chef Christian Andersen legt Wert darauf, dass nicht nur die rationalen Argumente für das Fahrzeug zählen, denn ORA steht für "open reliable alternative", also das offene, zuverlässige und andersartige Auto. "Das Auto will mehr sein als etwas, das mich von A nach B bringt." Der Modellname "ORA Funky Cat" bringe das zum Ausdruck, denn "Cat" stehe im chinesischen Synonym für "Freund und Wegbegleiter". Und Funky Cat sei der junge, unkonventionelle Wegbegleiter. Es sei primär kein Familienfahrzeug, um in Urlaub zu fahren, sondern mit Freunden etwas zu erleben. Deshalb werde auf den Innenraum sehr viel Wert gelegt. Das Auto kommt im fröhlichen Zweifarben-Look daher, die Kulleraugen Front macht es zusätzlich sympathisch. Lernendes System Unsere Testfahrt ergab, dass tatsächlich der Innenraum des 4,24 Meter langen Elektroautos sehr geräumig und wertig verarbeitet ist. Das Fahrverhalten ist angenehm und spritzig. Mit dem Sprachassistenten hatten wir aber Probleme: Er sprang auch bei einer Unterhaltung zwischen Fahrer und Fahrgast immer wieder an, obwohl er nicht gefragt war. Andererseits wurden Sprachbefehle nicht umgesetzt. Das System lernt aber immer weiter, kann ständig über seine Internetverbindung "over the air" neue Fähigkeiten aufgespielt bekommen und wird sich auch mit den Gewohnheiten des Fahrers "anfreunden". Das Auto ist nicht darauf ausgelegt, alles mit den Fingern zu steuern. Dafür sind die Icons zu klein. Unser Testfahrzeug, das auf den Namen "Luca" hörte, muss also noch lernen. Das ist auch eine der Besonderheiten: Zweitnamen können vergeben werden. 38.990 Euro werden für das sehr gut ausgestattete Einstiegsmodell mit einer Batterie von 48 kWh bei 126 kW/171 PS und einer vom Hersteller angegebenen Reichweite von 310 Kilometern aufgerufen. Aufgabe für die Händler Die Händler und Verkäufer werden einiges an Arbeit zu erledigen haben. Sie müssen das Auto und dessen Bedienung erklären. 150 Händler, 80 Prozent davon mit dem Importeur bereits für die Marke Mitsubishi verbandelt, sind zum Start mit an Bord. 200 Standorte sollen es werden, für die restlichen 50 ist der Importeur bereits mit Interessenten im Gespräch, aber noch für Bewerbungen offen. Wichtig ist, dass Bewerber gut unterwegs sind im digitalen Bereich und soziale Medien nutzen. Die bereits vorhandenen Händler und Verkäufer haben eine ausführliche Produktschulung bekommen. Und es gibt auch Erklärvideos und Online-Tools, die helfen, das Produkt so gut kennenzulernen, dass die Kunden ideal beraten werden können. Niedrige Einstiegshürde Die Standards für die Partner, die als Vertragshändler mit fester Marge agieren, sind überschaubar. "Wir erwarten, dass uns der Händler 150 Quadratmeter Ausstellungsfläche zur Verfügung stellt. Die Investition in die Ausstellungsraumgestaltung beträgt rund 15.000 Euro. Dazu kommt im Aftersales-Bereich für Ersatzteilgrundausstattung und Spezialwerkzeuge nochmals ungefähr die gleiche Summe", erläutert Schulz. Modelle und Ziele Zum Start gibt es nur ein Modell, eben "ORA Funky Cat". Ende des Jahres kommt ein zweites Modell und 2024 sind zwei weitere angekündigt. Das Verkaufsziel liegt für 2023 bei 6.000 Einheiten. "Wenn die Rahmenbedingungen passen, bin ich davon überzeugt, dass das auch noch ein bisschen mehr werden kann", sagt der Importeurschef. "Für uns ist ganz wichtig, dass unsere ORA-Händler jeder für sich eine Marke darstellt, jeder für sich in seinem lokalen Umfeld bekannt ist. Wir wollen möglichst schnell diese Händlermarke mit der neuen Herstellermarke ORA zusammenbringen und in dem lokalen Umfeld des Händlers bekannt machen."

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