Händlerstimmen: Mal mehr, mal weniger

Keine Frage: Reiner Heuberger weiß, wo die Reise für ihn künftig hingeht. "Unser mittelfristiges Ziel ist es, alle Arbeiten rund ums Auto selbst darstellen zu können", erklärt der Geschäftsführer und Inhaber der Autohaus Heuberger GmbH mit zwei Standorten in Bernbeuren und Füssen gegenüber AUTOHAUS (siehe Seite 24). Als Beispiel führt er die Fahrzeuglackierung an. Hier habe man mittlerweile einen Jahresumsatz erreicht, bei dem sich die "Eigenregie mehr als rechnet". Sein Ziel: eine optimale Wertschöpfung zu erreichen und sich dabei möglichst unabhängig von Dritten zu machen. Damit wären wir beim Themenkomplex Insourcing - wie hier von Reiner Heuberger forciert - versus Outsourcing. Bei Letzterem handelt es sich bekanntermaßen um die Verlagerung von Wertschöpfungsaktivitäten des eigenen Unternehmens auf Dritte. Wie im Gabler Wirtschaftslexikon nachzulesen, stellt dieses Outsourcing die Verkürzung der Wertschöpfungskette beziehungsweise Leistungstiefe des Unternehmens dar. Aber was ist denn nun der richtige Weg für die mittelfristige Zukunft? Und kann es für alle Autohandelsbetriebe überhaupt den einen Weg geben? Und zwar für die unterschiedlichsten Geschäftsfelder - vom Call-Center über die Pressearbeit bis hin zu den Lackarbeiten? Denn schon beim eingangs erwähnten Beispiel Fahrzeuglackierung scheiden sich unserer aktuellen AUTOHAUS-Panel-Befragung ( siehe Seite 18 und 19) zufolge die Geister. Mit 68 Prozent sind die Lackarbeiten zwar zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen das beliebteste Outsourcing-Geschäftsfeld, doch bezogen auf die Betriebsgröße muss man dies differenzierter betrachten. Übergeben einerseits 77 Prozent der befragten kleinen Händler (bis 100 Neuwagen) dieses Thema in die Hände eines Dienstleisters, so sind das bei den sehr großen Händlern (mehr als 500 Neuwagen) andererseits nur noch 48 Prozent. Und auch bei den Hersteller- respektive Importeurs-Fraktionen lässt sich in puncto Lackarbeiten kein einheitlicher Outsourcing-Trend feststellen. Die Reihenfolge lautet: kleine Import-Fabrikate (86 Prozent), große Import-Fabrikate (66 Prozent), deutsche Premium-Hersteller (62 Prozent) und deutsche Volumen-Hersteller (56 Prozent). Situative Entscheidungen Grundsätzlich ist im Handel derzeit keine verschärfte Outsourcing-Offensive zu erkennen. Frei nach dem Motto: Es kommt darauf an. Auch die von uns um ein Statement gebetenen Autohausmanager sehen das so. Beispielsweise Franz Xaver Hirtreiter, Chef der AVP Automobilgruppe aus dem bayerischen Plattling. "Ich sehe keine Tendenz zu vermehrtem Outsourcing", erklärt er gegenüber AUTOHAUS. Kein Wunder, stehen sich bei dieser Thematik zahlreiche überzeugende Pround Contra-Argumente gegenüber, sodass der Unternehmer zu situativen Entscheidungen gezwungen wird. Deshalb nimmt etwa Thomas Timmermanns, Geschäftsführer der Autohaus Timmermanns GmbH aus Düsseldorf, bei der Entscheidung, Geschäftsfelder auszulagern, stets eine kaufmännische, strategische und politische Bewertung vor. Zu den Pro-Argumenten zählen unserem aktuellen AUTOHAUS Panel zufolge unter anderem die Kostenoptimierung (62 Prozent der Befragten), die Konzentration auf Kerngeschäfte (60 Prozent) sowie die bessere Qualität (50 Prozent). Auch Markus Bichowski, Geschäftsführer der Autohaus Walkenhorst Gütersloh GmbH, nennt die Kernkompetenzen Verkauf und Reparatur/Wartung. "Grundsätzlich halte ich es für wichtig, Lösungen zu finden, die zur individuellen Situation des Unternehmens passen", so der Autohausmanager. Das bedeutet für die verantwortlichen Strategen somit auch, sich mitunter aktiv für ein Insourcing zu entscheiden. Wie Unternehmer Reiner Heuberger und seine Lackierarbeiten. In unserer AUTOHAUS-Panel-Umfrage geben die Autohauschefs nämlich auch an, was für sie konkret gegen eine Auslagerung spricht. Sei es, dass wichtige Rendite- und Umsatzmöglichkeiten verschenkt würden (51 Prozent). Sei es, dass Nebenleistungen auch wichtig seien, um Kunden dauerhaft an den Betrieb zu binden (40 Prozent). Sei es, dass ein Verlust von Kompetenzen rund um das Automobilgeschäft befürchtet werde (39 Prozent). Besonders die Reifeneinlagerung scheint beliebt für die "Das machen wir selbst"-Strategie zu sein. Lediglich 17 Prozent der online befragten Händler lagern das Ganze aus. Sehr große Händler (mehr als 500 NW) mit 40 Prozent deutlich eher als die kleinen Händler (bis 100 NW) mit mageren fünf Prozent. Überraschend: der große Sprung von den großen Händlern (251 bis 500 NW) mit zwölf Prozent auf die erwähnten 40 Prozent der sehr großen. Fokus auf den Kunden Eine interessante Philosophie verfolgt Markus Lüske. "Wir möchten in der Wertschöpfungskette 'nach vorne' schauen, damit wir eine bessere Kundenzufriedenheit aufbauen können", betont der Geschäftsführende Gesellschafter der Paul Lüske GmbH. Der Fokus liegt demnach in Cloppenburg beim autorisierten Mercedes-Benz Verkauf und Service auf dem Verkauf und der Betreuung des Kunden. Will heißen: Eigenregie bei Internetfotos und Videos, Outsourcing bei der Fahrzeugaufbereitung. Zum Vergleich: 54 Prozent seiner Kollegen sehen das laut dem AUTOHAUS Panel ähnlich und vertrauen bei der Gebrauchtwagenaufbereitung auf die externe Expertise. Weit vorne sind hier die sehr großen Händler, bei denen zwei Drittel eine Outsourcing-Strategie fahren. Stärken erkennen Da es nun - wie festgestellt - nicht den allein seligmachenden Weg gibt, sollten engagierte Autohausunternehmer für sich folgende Frage beantworten: Wie hoch ist bei der Dienstleistung, um die es geht, die eigenen Kernkompetenz und wie nahe bin ich damit am eigenen Kunden dran? Die Antwort "Selbermachen" oder "Auslagern" kommt dann fast schon von alleine. Dies bedeutet für Autohausstrategen auch, gezielt die Stärken des Betriebs herauszuarbeiten und sich auf die eigenen Kernkompetenzen zu besinnen. So wie Reiner Heuberger und seine Top-Mitarbeiter in der Fahrzeuglackierung. Abonnenten finden unser Titelthema auch digital unter autohaus.de/epaper Kurzfassung Wer als Autohauschef bei der Debatte "Inversus Outsourcing" auf ein klares Ja oder Nein hofft, wird enttäuscht. Zu unterschiedlich sind die einzelnen Services, zu verschieden sind die Kernkompetenzen des jeweiligen Kfz-Betriebs. Und gerade auf Letzteres kommt es bei der Unternehmensführung an. Kosten-Nutzen-Effekte Einer Entscheidung über die Auslagerung von Geschäftsfeldern bei Timmermanns liegt neben einer strategischen und politischen Bewertung auch immer erst einmal eine kaufmännische zugrunde. Hierfür muss für uns ein deutlicher Kosten-Nutzen-Effekt ersichtlich sein, damit dieser Prozess zur Wertschöpfung des Unternehmens beiträgt. Dies entspricht ja auch dem Grundgedanken des Outsourcings.Einen solchen strategischen und finanziellen Nutzen haben wir bei der von uns ausgelagerten Fahrzeugpflege und -aufbereitung. Auch eine Auslagerung aufgrund von Platzmangel wie bei uns in der Karosserie kann eine solche Entscheidungsgrundlage sein. Hier wird jedes Jahr aufs Neue eine "Make-it or Buy-it"-Entscheidung bewertet.In Zukunft wird das Thema Qualitätssicherung in den Prozessen und besonders im Kundenkontakt eine immer wichtigere Rolle spielen. Dies wird zukünftige Entscheidungen über ein Outsourcing erheblich beeinflussen, da die Sicherstellung der Qualität im eigenen Hause folglich auch in den eigenen Händen liegt. So wurde zum Beispiel die ausgelagerte Dienstleistung eines Call-Centers aufgrund zu hoher Qualitätseinbußen wieder in eine Inhouse-Lösung überführt.Thomas Timmermanns, Geschäftsführung, Autohaus Timmermanns GmbH

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