Ausgabe 09/2013: „Sehr gut unterwegs“

„Sehr gut unterwegs“ Gütegemeinschaften – Die vierte gemeinsame Jahrestagung brachte auch die Diskussion um ein gemeinsames Wertesystem voran. Von Christian Frederik MertenZum vierten Mal trafen sich die Gütegemeinschaften „Geprüfter Automobilverkäufer“ (GAV), „Geprüfter Automobil-Serviceberater“ (GASB) und „Geprüfter Automobil-Teile- und -Zubehörverkäufer“ (GATZV) vom 16. bis 18. April zu einer gemeinsamen Jahrestagung. Schwerpunkte der Tagung in Ludwigsfelde bei Berlin waren das gemeinsame Wertesystem der Gütegemeinschaften, die abschließende Vorgehensweise in puncto „Geprüfter Automobilverkäufer Gebrauchtwagen“ (GAV Gebrauchtwagen) sowie die neue Zertifizierungsmethodik beim GASB.Grundlage für die Entwicklung des gemeinsamen Wertesystems sind die Ergebnisse der Zukunftswerkstatt 2010 sowie die Arbeiten an einem gemeinsamen Leitbild in der Folgezeit. Einen Entwurf des Wertesystems präsentierte Jürgen Schönberger von der Agentur Media Cologne. Er basierte auf bisherigen Aussagen, Formulierungen und Ansprüchen der Mitglieder zu diesem Thema und stellt im Wesentlichen die Werte Verantwortung, Respekt, Innovation Vertrauen und Kundenorientierung in den Vordergrund. Die Reaktionen auf den Entwurf waren differenziert: Einigen Mitgliedern der Gütegemeinschaften waren die Formulierungen zu ambitioniert oder auch zu wenig zukunftsgerichtet, andere wiederum stimmten ihnen als Orientierungslinien oder als Vision dessen zu, was man in der Sache und im Umgang miteinander erreichen möchte.Insgesamt sei der Entwurf positiv aufgenommen worden, so der Eindruck der Geschäftsführer der Gütegemeinschaften nach zahlreichen Gesprächen im Anschluss an die Präsentation. Einzelne Punkte seien nach dem Sitzungsmarathon des Tages möglicherweise falsch verstanden worden, hätten aber schnell ins rechte Licht gerückt werden können (mehr dazu im Interview mit den Geschäftsführern am Ende dieses Berichts). Den Mitgliedern liegt die komprimierte Fassung des vorgestellten Wertesystems nun zur finalen Überarbeitung vor. Den Vorschlag, die Gütegemeinschaften in „Qualitätsgemeinschaft Autoberufe“ umzubenennen, lehnten die Mitglieder dagegen ab. Der Name Gütegemeinschaften hätte sich als Marke etabliert, so die Mehrheitsmeinung.Beschluss in Sachen GW-VerkäuferEine finale Entscheidung trafen die Mitglieder der Gütegemeinschaft GAV in Ludwigsfelde mit Blick auf den GAV Gebrauchtwagen. Mit dem Ziel zweier gleichwertiger Berufsbilder entschieden sie sich für zwei Urkunden: Künftig gibt es den „Geprüften Automobilverkäufer“ – mit dem gedachten, aber nicht formulierten Schwerpunkt Neuwagen – und den „Geprüften Automobilverkäufer Gebrauchtwagen“. Die gemeinsame Basisausbildung umfasst mindestens 14 Tage, darauf bauen die Bausteine „Neuwagen“ oder „Gebrauchtwagen“ mit jeweils mindestens sechs Schulungstagen auf. Beide Ausbildungswege sind kombinierbar, das heißt Verkäufer, die sowohl den Titel „Geprüfter Automobilverkäufer“ als auch den Titel „Geprüfter Automobilverkäufer Gebrauchtwagen“ anstreben, müssen sich auf insgesamt mindestens 26 Tage Schulung einstellen: 14 Tage Basis und jeweils sechs Tage Vertiefung. Verkäufer, die nur eine Richtung anstreben, kommen mit mindestens 20 Tagen aus.Im Zuge der Einführung des GAV Gebrauchtwagen passt die Gütegemeinschaft auch die Nettoliste für die Neuwagenausbildung leicht an und bereinigt sie teilweise um gebrauchtwagenspezifische Themen. Ab 2014 werden die Ausbildungsprogramme der Hersteller und Importeure dann nur noch nach den neuen Standards zertifiziert. 2013 gilt im Rahmen einer Übergangsfrist noch Wahlfreiheit zwischen alter und neuer Version.Die Mitglieder der Gütegemeinschaft GAV wählten im Rahmen der Tagung auch einen neuen Geschäftsführer: Stefan Hoy, Manager Händlerqualität und Training bei Nissan Center Europe, folgt Michael Fligge nach, der sein Engagement in der Gütegemeinschaft GAV im Zuge seines Wechsels von Fiat zu Volkswagen beendet.Best-Practice-Vorbilder beim GASBMeilenstein der Gütegemeinschaft GASB ist aus Sicht der Geschäftsführung die Überarbeitung der Rezertifizierungsmethodik. Die Rezertifizierung der Schulungsprogramme der Mitglieder erfolgt jetzt nicht mehr nur anhand vorgegebener Standards, sondern berücksichtigt auch Best-Practice-Beispiele der Mitglieder. So soll sich der Rezertifizierungsprozess noch stärker an der Praxis orientieren. Im Zuge der gemeinsamen Jahrestagung überreichten die Geschäftsführer zudem eine Neuzertifizierungsurkunde GASB an Markus Poser von Seat Deutschland.Input von außenInformationen zum Stand der Nachwuchskampagne, die sich intern in „Autoberufe: Strategiekreis“ umbenannt hat, gab es von Claudia Kefferpütz, Referentin Nachwuchsförderung beim ZDK. Sie wies in Ludwigsfelde auch auf den neunten Bundes-Berufsbildungskongress am 24. und 25. Mai in Bad Wildungen hin.Externe Referenten der Jahrestagung waren René Klerx, zweiter Vorsitzender der Gütegemeinschaft SKR51, Jürgen Rippel, Dozent an der Hochschule Ansbach sowie Markus Hartlieb, Geschäftsführer der Social Network Akademie in Berlin. Die Gütegemeinschaft SKR51 hat sich der Förderung des Rechnungswesens und des Controllings im Kfz-Gewerbe verschrieben. Rippel sprach über neue und auch unkonventionelle Wege im Marketing, Hartlieb unterstrich die Bedeutung der professionellen Nutzung von Social Media. Halbherzig genutzt, richteten sie im Zweifel mehr Schaden als Nutzen an.Interview mit den GeschäftsführernIm Anschluss an die Jahrestagung sprach AUTOHAUS mit den Geschäftsführern über die aktuelle Entwicklung der Gütegemeinschaften und über die Reaktionen auf das Wertesystem:AH: Herr Hoy, Ihr Statement als neuer Geschäftsführer der Gütegemeinschaft GAV zur diesjährigen Jahrestagung…Stefan Hoy: In der großen Bandbreite sowohl in den zwei großen Themenbereichen Service und Verkauf als auch vom Hersteller bis zum Importeur verschiedener Marken ist es immer eine absolut konstruktive Diskussion. Jeder hat Interesse daran, Themen im Konsens voranzubringen. Gerade im Verkauf sind wir mit dem „GAV Gebrauchtwagen“ wirklich einen Riesenschritt vorangekommen.Kontinuierliche WeiterarbeitAH: Und die weiteren Eindrücke von der Veranstaltung?Frank Wielpütz: Die Gütegemeinschaften leben. Sie starten aus sich heraus Initiativen zum Beispiel im Bereich Serviceassistenz. Das finde ich klasse.Werner Günzel: Die Gütegemeinschaften sind zu einer Qualitätsgemeinschaft zusammengewachsen, auch wenn der eine oder andere das Wort nicht mag. Wir sind jetzt gut strukturiert, nutzen viele Synergien und können kontinuierlich an den Themen weiterarbeiten. Darum geht es ja. Das ist eine Institution, die angekommen ist bei jedem. Wir sind sehr gut unterwegs.Birgit Behrens: Und: Es gibt eine fünfte gemeinsame Jahrestagung. Ein eindeutiges Votum der Mitglieder, das finde ich eine tolle Aussage. Das heißt, das Konzept stimmt.Gebrauchtwagen und WertesystemAH: Der Fokus der diesjährigen Tagung lag auf dem „GAV Gebrauchtwagen“ und dem Wertesystem…B. Behrens: Der „GAV Gebrauchtwagen“ ist ein Meilenstein. Aber genauso ist es auch mit der neuen Zertifizierung beim GASB. Wir schauen da nicht mehr nur auf die Standards, sondern es geht darum, durch Best-Practice-Beispiele der einzelnen Mitglieder voneinander zu lernen.F. Wielpütz: Genau das zeigt, dass die Gütegemeinschaft lebt. Man schaut, wo man besser werden kann. Das finde ich total klasse. Wir fragen uns auch für die einzelnen Mitglieder: Wie können wir es leichter machen? Darin sehe ich auch ein Highlight der Jahrestagung, den Mitgliedern zu zeigen: Wir arbeiten für euch.AH: Wo besteht noch Handlungsbedarf?W. Günzel: Mit der Durchdringung des GATZV sind wir noch nicht zufrieden, auch nicht mit der Wertschätzung unserer Mitarbeiter im Teiledienst. Dabei haben Marken, die dort mitmachen, dort auch ein ganz anderes Niveau für die zukünftige Personalrekrutierung.AH: Wo müssen Sie dort noch Überzeugungsarbeit leisten?F. Wielpütz: Die Automobilindustrie hat jahrelang viel zu wenig für den Teildienst gemacht. Das sind superwichtige Mitarbeiter. Allein, was die für Umsätze machen, ist Wahnsinn. Das müssen die Vorgesetzten erkennen.W. Günzel: Ich denke nicht, dass die Hersteller wenig gemacht haben. Das ist Aufgabe der Betriebe. Die Notwendigkeit, dass ich diese Leute brauche, ist doch auch ohne Standard da. Ab einer bestimmten Größe müsste der Druck eigentlich aus den Betrieben zu uns kommen: ‚Macht mal was!‘ Das hat sich im vergangenen Jahr leider nicht verbessert.Diskussion mit gutem ErgebnisAH: Wie beurteilen Sie selbst das vorgestellte Wertesystem?W. Günzel: Es ist wichtig, dass wir damit jetzt einen Schritt weiter sind. Ich denke, wenn das jetzt noch mal konkretisiert wird, haben wir uns auf einen gemeinsamen Nenner verständigt darauf, wie wir miteinander umgehen. Jeder hat heute Verständnis für die Situation des anderen, das war nicht immer so. Und diese Öffnung in diesem Feld, das finde ich einfach genial.AH: Die Diskussion um das Wertesystem verlief unter den Mitgliedern teilweise kontrovers...W. Günzel: Ich habe die Diskussion nicht miterlebt, habe aber einige Stimmen aufgenommen. Aus meiner Sicht ist das, was dort erarbeitet wurde, zu 100 Prozent treffsicher gewesen. Jetzt wurden die Kollegen damit konfrontiert und haben vielleicht auch das eine oder andere falsch verstanden. Ich habe mich auch im Rahmen der Veranstaltung noch mit dem einen oder anderen unterhalten. Vom Ansatz ist das alles in Ordnung. Es steht in etwas falschem Licht. Es geht ja darum, wie wir miteinander arbeiten und miteinander umgehen. Und so wie ich das sehe, sind da einfach einige Dinge rausgezogen worden, an einem Wort festgemacht worden, und schon waren wir in der falschen Diskussion.S. Hoy: Die Gütegemeinschaften haben auf Grund von Rotationen innerhalb der einzelnen Marken immer wieder neues Personal. Das Thema Wertesystem ist aber bereits vor drei Jahren entstanden. Vielen fehlt nun der Hintergrund, warum wir jetzt darüber reden. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem nach zehn Stunden Diskussionen die Aufnahmefähigkeit vielleicht schon strapaziert war. Das hat dann einfach ein falsches Bild gegeben. Denn in den Gesprächen danach war oft zu hören: ‚Da finde ich mich schon wieder.‘AH: Das heißt, grundsätzlich ist die Akzeptanz für das Wertesystem da?F. Wielpütz: Schon einen Tag später waren die Feedbacks durchweg positiv. Wir werden den Mitgliedern jetzt noch einmal die komprimierte Fassung zur Verfügung stellen. Und ich bin unheimlich zuversichtlich, nachdem die sich noch mal einlesen konnten, dass wir dann die Zustimmung kriegen werden.B. Behrens: Der Ruf nach etwas, was uns zusammenhält, ist da. Und es gab eine eindeutige Bestätigung für den Begriff Gütegemeinschaft. Das heißt, wir haben den richtigen Begriff für das, was wir tun. Und das finde ich auch eine sehr gute Aussage, dass man sagt, genau das wollen wir so.S. Hoy: Wir sagen ja auch nicht: ‚Das ist unser Wertesystem. Punkt.‘ Sondern das Ganze ist auf Basis einer Abfrage, von Kommentaren entstanden und war jetzt die Komprimierung der Aussagen, die in Diskussionen und Formulierungen getätigt wurden. Als Diskussionsgrundlage. Um dann zu sagen: Müssen wir da noch anpassen? So ist es auch zu verstehen. Und mittlerweile ist es glaube ich auch so verstanden worden.AH: Vielen Dank für das Gespräch. ■Lesen SIe hier...... mehr über die Ergebnisse der vierten gemeinsamen Jahrestagung der Gütegemeinschaften GAV, GASB und GATZV.Kurzfassung1. Zum vierten Mal trafen sich die Gütegemeinschaften GAV, GASB und GATZV zu einer gemeinsamen Jahrestagung.2. Schwerpunkte der Tagung waren das gemeinsame Wertesystem, die finale Abstimmung des GAV Gebrauchtwagen sowie die Anspassung der GASB-Rezertifizierungsmethodik.3. Stefan Hoy (Nissan) folgt Michael Fligge als GAV-Geschäftsführer nach.HintergrundDie Gütegemeinschaften GAV, GASB und GATZV werden gemeinsam vom VDA, VDIK sowie dem ZDK getragen. Sie legen einheitliche Standards für die Ausbildung von Verkäufern, Serviceberatern sowie Teile- und Zubehörverkäufern fest. Zur Sicherstellung dieser Standards werden die Trainingsprogramme der teilnehmenden Hersteller und Importeure auch nach der Erstzertifizierung regelmäßig überprüft.

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