Ausgabe 22/2012: Steuersparen gescheitert?

Steuersparen gescheitert?aktuelle urteile – Warum Abgabenpauschalierung bei zusätzlicher „geringfügiger Beschäftigung“ nicht möglich ist und weshalb bei zinsfrei gewährten Darlehen laut Finanzgericht ein Zinssatz von 5,5 % für die Schenkungssteuer relevant sein soll. Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner WPGHeute wollen wir Ihnen zwei Urteile vorstellen: Zum einen geht es um sogenannte „Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse“, zum anderen um die Folgen zinsloser Darlehensgewährungen.Besonders der Wunsch, Arbeitnehmern steuerfrei etwas zukommen zu lassen, ohne dass die Steuerprogression und die Sozialversicherungsbeiträge einen an und für sich beachtlichen Bruttobetrag um über die Hälfte abschmelzen lassen, animiert immer wieder zu Steuerspargestaltungen. Ein geliebtes Kind ist insoweit die geringfügige Nebenbeschäftigung, bei der der Arbeitgeber die öffentlichen Abgaben auf seine Rechnung pauschaliert abzuführen hat und der Arbeitnehmer das „Neben“-Gehalt „brutto = netto“ erhält.„Geringfügige Beschäftigung“ ...Arbeitsvertraglich ist es anerkannt, dass ein Beschäftigter bei ein und demselben Arbeitgeber durchaus auch zwei unterschiedliche Beschäftigungsverhältnisse haben kann. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass zum einen getrennte Arbeitsverträge bestehen, zum anderen die Tätigkeiten voneinander auch völlig getrennt gesehen werden können. So kann z. B. eine Teilzeit-Aushilfe im Lager des Arbeitgebers arbeiten und daneben eine weitere Tätigkeit für hausmeisterliche Gartenarbeiten der Betriebsimmobilie haben. Auch gilt dies für den Fall, dass ein Einzelunternehmer einen Mitarbeiter im Betrieb beschäftigt, zusätzlich jedoch ein weiteres Arbeitsverhältnis in Bezug auf den privaten Haushalt oder den privaten Garten mit dem Arbeitnehmer abschließt. So hat auch das Bundessozialgericht für den Bezug von Teilarbeitslosengeld entschieden, dass auch bei demselben Arbeitgeber zwei anspruchsbegründende Teilzeitbeschäftigungen bestehen können.... aber voll rentenversicherungspflichtig!Beim Begriff der rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung sieht das gleiche Gericht, das Bundessozialgericht, die Rechtslage jedoch anders: Denn der Begriff der Beschäftigung müsse abhängig von seiner Funktion, in diesem Fall auch unterschiedlich ausgelegt werden. Insoweit dürfe von einer leistungsrechtlich (Teilarbeitslosengeld) möglichen Mehrfachbeschäftigung beim Arbeitgeber nicht auf eine identische Rechtslage bei der Beurteilung der Versicherungspflicht geschlossen werden. Bei der Versicherungspflicht gilt: Alle beim selben Arbeitgeber ausgeübten Beschäftigungen sind ohne Rücksicht auf ihre arbeitsvertragliche Gestaltung als eine einheitliche Beschäftigung anzusehen, so dass neben einer rentenversicherungspflichtigen (Haupt-)Beschäftigung die ausgeübte geringfügige (Neben-)Beschäftigung nicht versicherungsfrei ist. Die Rechtslage zur Rentenversicherungspflicht ist damit gesichert, zwei Arbeitsverhältnisse bei einem Arbeitgeber werden versicherungstechnisch immer als eine einheitliche Beschäftigung gesehen! Da die steuerrechtliche Regelung zur Pauschalierung auf das Sozialrecht verweist, ist dies auch für die Lohnsteuer relevant, eine Steuerpauschalierung für solche Nebenbeschäftigungen ist keinesfalls zu akzeptieren.Zinsloses Darlehen ...Bei den heute niedrigen Guthabenzinsen (teilweise werden auf Tagesgeld nur mehr 0,1 Prozent Zins p.a. bezahlt) ist es nicht verwunderlich, wenn zwischen Bekannten, Freunden, aber auch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Darlehensverträge abgeschlossen werden, bei denen der Darlehensgeber gänzlich auf Zinsen verzichtet. Dass ein Verzicht auf ansonsten übliche Zinsen letztlich eine Vergünstigung darstellt, wird niemand bezweifeln. Doch allein um schon unnötigen Verwaltungsaufwand, Zinsberechnung, Zinsabrechnung und Übernahme der Zinsen in die Steuererklärung des Darlehensgebers zu vermeiden, ist es für diesen oft billiger, gänzlich auf Zinsen zu verzichten. Unstreitig stellt aber solch ein Zinsverzicht nach geltendem Schenkungsteuerrecht eine Schenkung dar. „Geschenkte Zinsen“ sind somit grundsätzlich der Schenkungsteuer zu unterwerfen, soweit Freibeträge (zwischen fremden Dritten 20.000 Euro) überschritten werden. Bei Darlehen an Arbeitnehmer kommt insoweit der Zinsvorteil als Lohn zur Versteuerung, denn dann stellt dieser Vorteil zusätzliche Gegenleistung im Arbeitsverhältnis dar. ... Schenkungsteuerpflicht!Die Frage, die sich nun für die Schenkungsteuer stellt: Ist es z. B. heutzutage nur ein Verzicht auf eine geringfügige Zinshöhe von z. B. 0,1 oder 0,3 Prozent (oder wie immer der Marktzins auf Geldanlagen sein würde) oder gelten steuerrechtlich hier besondere Regeln? Zu dieser steuerlichen Frage hat nun das Finanzgericht (FG) Münster eine doch beachtenswerte Entscheidung gefällt, die dem wirtschaftlichen Gehalt der heutigen Zeit sicher nicht gerecht wird. Denn das FG geht davon aus, dass nach dem Bewertungsgesetz zwingend in diesem Fall von einem Zinssatz von 5,5 Prozent ausgegangen werden müsse, unabhängig davon, welcher Zins dem Darlehensgeber tatsächlich entgangen ist. Ob solch eine gesetzliche Pauschalierung verfassungsrechtlich noch vertretbar ist, darf mit guten Gründen bezweifelt werden. Um dies ggf. höchstrichterlich klären zu lassen, hat das FG die Revision zugelassen. Der betroffene Bürger hat dieses Rechtsmittel auch wahrgenommen, nun liegt der Fall beim Bundesfinanzhof, dem obersten deutschen Steuergericht.Michael Böhlk-LankesRechtsanwalt, Steuerberatermuc@raw-partner.deKurzfassung 1. Die Abgabenpauschalierung durch Arbeitgeber bei Nebentätigkeiten von Arbeitnehmern, die beim selben Arbeitgeber im selben Betrieb einen weiteren Beruf ausüben, ist nicht möglich!2. Zinsfreie Darlehen stellen objektiv einen Schenkungsteuertatbestand hinsichtlich der nicht verlangten Zinsen dar, in Arbeitnehmerfällen zusätzlichen Lohn.3. Die Vereinbarung und Zahlung marktgerechter Zinsen (z. B. in Höhe von Tagesgeldzinsen bei täglicher Darlehenskündigung) vermeidet das schenkungsteuerliche Problem, ob ansonsten der „geschenkte Vorteil“ mit Zinsen in Höhe von 5,5 % p. a. anzusetzen wäre.Kommentar< Die gesetzlich mögliche Pauschalierung geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse wird immer wieder zur Zahlung von „Netto-Gehältern“ in Anspruch genommen. Hat „der Arbeitgeber“ zwei Firmen, kann dies in den geschilderten Fällen auch heute noch legal gestaltbar sein – soweit tatsächlich zwei unterschiedliche Arbeitgeber existieren, die auch unterschiedliche Unternehmenszwecke verfolgen, für die der Arbeitnehmer jeweils tätig ist. Ansonsten sollten Arbeitgeber die Pauschalierung nicht „überstrapazieren“!Der geschilderte Fall des zinslosen Darlehens ist demgegenüber eine überzogene Besteuerung, die der Realität völlig entglitten ist. Hoffentlich sieht dies der BFH ebenso! >

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