Ausgabe 03/2013: Strenge Kontrolle

Strenge KontrolleMeister-HU – In den Niederlanden werden schon jetzt 99 Prozent der Hauptuntersuchungen von Mechanikern in Autohäusern gemacht. Von Doris PlateEigentlich war es ein ganz normaler Arbeitstag für Chris Douglas. Der Mechaniker im Toyota Autohaus Gommans en Jansen im niederländischen Venlo macht täglich drei bis vier Hauptuntersuchungen. Meistens ist die „Algemene Periodieke Keuring“, kurz APK, Bestandteil der regelmäßigen Wartung. Auch sechs seiner insgesamt acht Kollegen haben die Berechtigung dafür. Heute aber ist ein besonderer Tag: Das Fahrzeug, an dem Douglas die periodische Überwachung durchgeführt hat, wurde für die Qualitätskontrolle ausgesucht. „Das passiert pro Autohaus rein statistisch gesehen 23 Mal pro Jahr“, erläutert Henk Bussink vom „Rijksdienst voor het Wegverkeer“ (RDW), einem selbständigen Verein, der von der Regierung unter anderem mit der Überwachung der korrekten Ausführung der Hauptuntersuchungen beauftragt ist. Das RDW ist in etwa mit dem deutschen Kraftfahrtbundesamt zu vergleichen.Die Qualitätskontrolle funktioniert folgendermaßen: Wenn das Untersuchungsprotokoll für das Fahrzeug nach der Interneteingabe aus dem an den Computer angeschlossenen Drucker läuft, steht darunter der Bescheid, dass das Fahrzeug von einem Mitarbeiter des RDW überprüft wird. Innerhalb der nächsten 90 Minuten kommt der Prüfer. Bis dahin darf nicht mehr an dem bereits untersuchten Fahrzeug gearbeitet werden. Keine 30 Minuten später rollt Henri Korsten auf den Hof des Autohauses. Der RDW-Ingenieur kontrolliert jetzt die korrekte Abwicklung der Hauptuntersuchung. Ist die Berechtigungskarte des Mechanikers noch gültig, stimmt das Kennzeichen und wurde es korrekt in den Computer eingegeben? Dann geht er zum Fahrzeug, schaut, ob die Messgeräte die gültige Überprüfungsmarke haben, und führt im Schnelldurchgang auch eine Hauptuntersuchung durch. Chris Douglas kann aufatmen – alles in Ordnung.Wenig Beanstandungen„Die meisten Betriebe gehen verantwortungsvoll mit der Aufgabe um“, weiß Bussink aus Erfahrung. Nur in neun Prozent der Fälle gab es 2011 Beanstandungen – meistens nur kleinere Fehler. Von den 9.414 Betrieben, die die Zulassung zur Durchführung der HU für Pkw haben, verlieren nur rund 250 pro Jahr ihre Zulassung, weil sie zu viele Fehler gemacht haben. Das Berechnungssystem dafür ähnelt dem Punktesystem der deutschen Verkehrssünderkartei in Flensburg. „Je nach Schwere des Vergehens kann die Zulassung für sechs Wochen, drei Monate oder final entzogen werden“, erläutert Bussink. Betriebe, die zum Beispiel bei Eintreffen des Inspekteurs noch an dem Auto arbeiten, verlieren die Zulassung sofort für drei Monate. Wer den Prüfer rauswirft, wird für immer gesperrt. Auch Kunden haben die Möglichkeit, den RDW einzuschalten, wenn sie der Meinung sind, dass bei der Hauptuntersuchung ihres Fahrzeugs etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Als Bearbeitungsgebühr müssen sie dann, um Missbrauch zu vermeiden, aber erst einmal 45 Euro bezahlen. Ist die Anzeige berechtigt, muss der Betrieb die Gebühr übernehmen. Werkstätten verkaufen nicht mehr als notwendigIm letzten Jahr mussten aber nur 32 der insgesamt 6,8 Millionen vorgeführten Pkws wegen eines Fehlers nochmals untersucht werden. „Die Werkstätten verkaufen nicht mehr als notwendig“, meint Bussink. Er muss es wissen, immerhin überprüft RDW jedes Jahr zirka drei Prozent der durchgeführten Pkw-Untersuchungen. Per Zufallsgenerator kann es jederzeit jeden treffen. Wer mehr Strafpunkte hat, kommt öfter dran. Auch die Mitarbeiter, die die Prüfungen durchführen, wissen morgens noch nicht, welche Betriebe sie an dem Tag besuchen werden. Das wird ganz kurzfristig nach Eingang der Daten entschieden. Die Betriebe sind bestrebt, die Zulassung zu behalten, und lassen die Prozedur geduldig über sich ergehen, denn der Kunde erwartet das. „70 Prozent aller Hauptuntersuchungen in den Niederlanden werden im Rahmen einer Wartung im Autohaus gemacht“, weiß Bussink. Der Kunde zahlt dann nur eine Gebühr zwischen 3,70 und 4,20 Euro, die das Autohaus an RDW pro Untersuchung abführen muss. Regelmäßige Wartung besser als MomentaufnahmeDie regelmäßige Wartung in einem Fachbetrieb wirke sich besser auf die Verkehrssicherheit und Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugs aus als die Momentaufnahme bei einer staatlichen Überprüfung, heißt es dazu vom RDW. Außerdem würden dem Fahrzeughalter so zusätzliche Kosten erspart. „Das sind die größten Vorteile unseres Systems“, meint Bussink.Ansonsten liegen die Preise für die Hauptuntersuchung in den Niederlanden zwischen 19 und 60 Euro. 19 Euro kostet es zum Beispiel im Kwik Fit in Venlo – dann natürlich ohne Wartung. Das kann sich aber nur rechnen, wenn auch eine Reparatur verkauft wird, weiß Bussink. Da aber überwiegend Halter älterer Fahrzeuge solche Möglichkeiten außerhalb der Markenautohäuser nutzen, ist das meistens der Fall. Für den Kunden besteht aber auch die Möglichkeit, die Reparatur selbst zu machen.Wenn im Kwik Fit aber dann auch die regelmäßige RDW-Überprüfung kommt und Mitarbeiter und Hebebühne doppelt so lang beansprucht werden, lohnt sich das überhaupt nicht mehr. Denn der Mechaniker muss dem RDW-Prüfer assistieren. Sicher ein Grund dafür, dass in dem Kwik Fit nur einer der vier Mechaniker die HU-Berechtigung hat. Regelmäßige Überprüfung für MechanikerBillig ist die nämlich auch nicht. Die erste Anerkennung des Betriebes kostet 370 Euro, jährlich wird dann noch einmal eine Gebühr von 180 Euro fällig. Dafür bekommt das Autohaus das notwendige Regelwerk, die Papiere und den Zugang zum Intranet des RDW. Dort kann mit dem Kennzeichen jedes Fahrzeug zur HU angemeldet werden und dort gibt es den Prüfbogen, der online ausgefüllt werden muss. Vor der Anerkennung wird überprüft, ob der Betrieb groß genug, überdacht, abschließbar und beheizbar ist und über die nötigen Geräte, wie zum Beispiel Bremsprüfstand usw., verfügt. Jedes Messgerät muss zudem ein Mal pro Jahr vom zuständigen Eichamt überprüft werden. Das Wichtigste ist aber, dass der Betrieb auch über Mitarbeiter mit der nötigen Zulassung verfügt. Zwar gibt es auch mobile Anbieter, die in die Betriebe kommen, die machen aber nach offiziellen Angaben nur 1,1 Prozent der Hauptuntersuchungen in den Niederlanden pro Jahr aus. 98,9 Prozent machen die insgesamt 25.000 Mechaniker, die die Prüferlaubnis haben. Sie müssen eine Eingangsprüfung machen, die 205 Euro kostet. Alle zwei Jahre gibt es eine Wiederholungsprüfung. Der Besuch einer Schulung ist nicht unbedingt erforderlich. Chris Douglas zum Beispiel hat sich alles selbst aus dem Lehrbuch beigebracht und nur die Prüfung abgelegt. Die Schulungen sind nämlich nicht billig, so kostet die Erstschulung, die meistens drei Tage dauert, je nach Anbieter um die 800 Euro, Wiederholungsschulungen kosten je nach Länge zwischen 150 und 470 Euro. Die Lizenz zu haben ist aber für einen Mechaniker eine ganz wichtige Zusatzqualifikation und für die Autohäuser in den Niederlanden ein absolutes Muss. ■Kurzfassung25.000 Mechaniker in 9.414 Kfz-Betrieben in den Niederlanden führen pro Jahr ca. 6,8 Millionen Hauptuntersuchungen an Pkw durch. Fehler passieren dabei relativ selten: Nur in rund neun Prozent der Stichproben gibt es Beanstandungen. Etwa 250 Betriebe pro Jahr verlieren wegen Vergehen ihre Zulassung für mindestens sechs Wochen. Das Wichtigste ist aber, dass 70 Prozent der Hauptuntersuchungen im Nachbarland im Rahmen einer normalen Wartung durchgeführt werden und dem Kunden mit ca. vier Euro nur geringe zusätzliche Kosten entstehen. Die Überwachungsorganisation stellt den Betrieben ein gutes Zeugnis aus: Sie gibt an, dass sehr verantwortungsvoll mit der Aufgabe umgegangen werde.

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