Ausgabe 09/2014: Verbotene Rechtsberatung

Die zinsprüf GmbH hat in den letzten Jahren kräftig die Werbetrommel gerührt. Breite Aufmerksamkeit erlangte sie zuletzt durch Fernsehberichterstattungen in den Sendungen Monitor und ZDF-Zoom über fehlerhafte Zinsabrechnungen der Banken zum Nachteil ihrer Kunden. Die Werbeaussage, bei zwei Drittel der Kunden wären bei der Kontenprüfung Rückerstattungsansprüche an die Bank in oft sechsstelliger Höhe festzustellen, veranlasste auch viele Kraftfahrzeughändler, die zinsprüf GmbH mit der Überprüfung von Kredit- und Finanzierungsverträgen zu beauftragen, um auf der Grundlage erstellter Gutachten entsprechend der Werbung "auf Augenhöhe mit den Banken zu verhandeln" mit der Aussicht auf eine "häufig außergerichtliche Regulierung". Auf der Referenzliste des Dienstleisters finden sich die Namen von Automobilund nahezu allen anderen Banken, gegen welche Kunden bereits erfolgreich betreut wurden.LeistungsangebotDie zinsprüf GmbH bietet mit einheitlichen Vertragsformulierungen an, "Darlehensund Kreditverträge, Zins- und Kontenberechnung/en, Bürgschaften, Sicherheiten, Tilgungsformen, Lebensversicherungen, Caps und Swaps und daraus entstehende Schadensersatzansprüche gegenüber Kreditinstituten zu prüfen". Erstellt werden im Wesentlichen Gutachten zur Beurteilung, ob Kreditverträge nach der Rechtsprechung unwirksame Zinsanpassungsklauseln enthalten und ob während des Kreditverlaufs auf der Grundlage solcher unwirksamen Klauseln Zinsanpassungen erfolgten. Solche Zinsanpassungen werden dann ausgehend von der Ursprungsmarge des Kreditinstituts mit der Entwicklung des EURIBOR abgeglichen und bei Abweichungen zu Ungunsten des Kunden entsprechende Schadenersatzansprüche nach Grund und Höhe beziffert. Die Vergütung wird pauschal, auf Stundenbasis oder auf der Grundlage eines Basishonorars mit Erfolgsbeteiligung vereinbart.Der FallWo Licht versprochen ist, droht aber auch Schatten. So im Fall eines Händlers, der der zinsprüf GmbH Aufträge erteilte, seine Kreditverträge mit vier Bankinstituten zu prüfen, darunter auch eine Herstellerbank. Der Händler bezahlte für die Gutachten netto 58.000 Euro. Seine Verhandlungen mit den Banken wegen Rückerstattungen blieben erfolglos. Die Klage gegen eines der Kreditinstitute wurde abgewiesen, da die erfolgten Zinsanpassungen jeweils konkret vereinbart waren und somit entgegen den Feststellungen der zinsprüf GmbH nicht auf den Allgemeinen Geschäftsbedingungen beruhten. Damit war das zinsprüf-Gutachten mit einer errechneten Rückforderung in Höhe von ca. 114.000 Euro im Verfahren nicht belastbar. Im Rahmen der ohnehin besonders sensiblen Verhandlungen mit der Herstellerbank wurde der Händler mit den von der zinsprüf GmbH für zehn zurückliegende Jahre i.H.v. 2,7 Mio. Euro festgestellten Forderungen brüsk abgewiesen, u. a. mit dem Hinweis auf die Untauglichkeit des Gutachtens bereits wegen fehlerhafter Einberechnung von Mehrwertsteuerbeträgen in den Zinssatz. Sechs Monate später erklärte der Händler auf Verlangen der Herstellerbank im Zusammenhang mit der Festlegung neuer Kreditkonditionen einen Verzicht auf eventuelle Erstattungsanprüche.Die zinsprüf GmbH forderte daraufhin vom Händler ein fiktives "Erfolgshonorar" in Höhe von 85.000 Euro. Sie berief sich auf Bestimmungen des Vertrages, wonach neben der vereinbarten Pauschalvergütung eine Erfolgsbeteiligung von 8 Prozent geschuldet sein sollte. Dies berechnet aus der Höhe des Rückerstattungsbetrages, zumindest aber aus 40 Prozent der von zinsprüf festgestellten Forderung, wenn der Auftraggeber Rückerstattungsforderungen nicht geltend macht oder auf mehr als 60 Prozent verzichtet.Das UrteilDie Klage wurde mit Urteil des Landgerichts Berlin vom 21.03.2014 - Az. 100 O 61/13 - abgewiesen, und die zinsprüf GmbH wurde auf Widerklage umgekehrt zur Rückzahlung der Pauschalvergütung verurteilt.Neben anderen Einwendungen insbesondere auch zur Qualität der erbrachten Leistungen hatte sich der Händler vorrangig auf die Unwirksamkeit des Vertrages mit der zinsprüf GmbH wegen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) und damit auf das Fehlen einer wirksamen Vergütungsregelung berufen. Das RDG erlaubt außergerichtliche Rechtsberatung grundsätzlich nur durch gesetzlich autorisierte Personen und lässt hier nur äußerst eng begrenzt Ausnahmen zu.Das Landgericht Berlin bestätigte die Nichtigkeit des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages wegen unzulässiger Rechtsberatung. Dem Argument der zinsprüf GmbH, rechtsberatende Tätigkeiten seien lediglich im Rahmen von § 5 RDG als erlaubte Nebenleistungen zu buchhalterischen Prüfungen von Zinsberechnungen erbracht worden, folgte das Gericht nicht. Ziel des Gutachtens und Ausgangspunkt für die Berechnung von Zinsdifferenzen war nach den Urteilsgründen vorab die rechtliche Prüfung der Kreditverträge, ob dem Händler überhaupt Schadensersatzansprüche oder Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen die Hersteller-Bank zustehen können.BegründungZu beurteilen war hier u. a. auch anhand der geführten Korrespondenz, ob erfolgte Zinsanpassungen überhaupt einseitig auf der Grundlage der Kreditbestimmungen durch die Bank erfolgten oder ob anderweitig Vereinbarungen getroffen wurden. Weiter zu beurteilen war die Rechtsqualität der Bestimmungen des Kreditvertrages, insbesondere ob Zinsanpassungsklauseln in Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen vorliegen und diese nach den Kriterien der Rechtsprechung des BGH dem Wirksamkeitserfordernis genügen. Bei Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel waren die Rechtsfolgen zu bestimmen, insbesondere ob es bei dem ursprünglich vereinbarten Zinssatz zu verbleiben hat oder ob dem Händler gleichwohl ein Anspruch auf Anpassung der Vertragszinsen nach unten zustehen kann. Vorliegend ging es zusätzlich auch um die rechtliche Einwertung, ob bei ordnungsgemäßer Zinsberechnung ein zusätzliches Darlehen überhaupt hätte aufgenommen werden müssen und nach welcher Rechtsgrundlage sich hieraus Zahlungsansprüche ergeben können. Letztlich wären nach dem Urteil des LG Berlin auch die rechtlichen Aspekte der Forderungsverjährung zu beurteilen gewesen.In der Gesamtbetrachtung sieht das Landgericht Berlin den Schwerpunkt der beauftragten Gutachtenerstellung in der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten und die Rechtsberatung als wesentlichen Teil der vertraglich geschuldeten Hauptleistung, so dass eine reine Nebenleistung im Sinn des RDG zur vorgenommenen Berechnung von Zinsdifferenzen ausscheidet. Abzustellen ist hier auf eine qualitative Bewertung der Leistungen unabhängig vom Proporz des Zeitaufwandes für einzelne Tätigkeitsschritte und unabhängig vom Platzbedarf in der Darstellung des schriftlich ausgearbeiteten Gutachtens. Nicht behilflich war der zinsprüf GmbH eine Formularklausel im Gutachtenauftrag, mit welcher die rechtlichen Dienstleistungen zu vereinbarten Nebenleistungen erklärt werden sollten.Wegen der Unwirksamkeit des gesamten Vertrages wurde dem Händler konsequenterweise auf seine Widerklage die Rückforderung des gezahlten Pauschalhonorars zugesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.Kurzfassung1. Die Verträge der zinsprüf GmbH zur Prüfung von Rückzahlungsansprüchen gegen Bankinstitute wegen fehlerhafter Zinsberechnungen sind nach Urteil des LG Berlin wegen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz nichtig.2. Honorarforderungen für beauftragte Gutachtenerstellungen können demnach wirksam nicht geltend gemacht und gezahlte Honorare zurückgefordert werden.3. Die Entscheidung des LG Berlin war bei Redaktionsschluss noch nicht rechtskräftig.Kommentar» Ein renommierter Münchener Autohändler hatte in der Süddeutschen Zeitung vom 13.05.2013 berichtet, dass die Banken von seinem zwischenzeitlich liquidierten Unternehmen nach Feststellung der zinsprüf GmbH über 10 Jahre tatsächlich nach den Verträgen nicht geschuldete Zinsen i.H.v. 2,7 Million Euro eingezogen hatten. Eine ernüchternde Erkenntnis, die es tatsächlich durchaus lohnend erscheinen lässt, den Banken auf die Finger zu sehen. Ob und in welcher Höhe der Händler Erstattungen erhalten hat, wurde nicht berichtet.Nach dem besprochenen Urteil bewegen sich Unternehmen wie die zinsprüf GmbH mit ihrem Leistungsangebot allerdings im Bereich der unzulässigen Rechtsberatung. Auch oder gerade wenn es um die Kontrolle von Geschäftspraktiken der Banken geht, muss die Qualität der rechtlichen Beratung sichergestellt sein. Hier ergeben sich nach dem Urteil des LG Berlin zumindest Zweifel, ob die erforderlichen rechtlichen Einwertungen von nicht zur Rechtsberatung zugelassenen Personen umfassend, zutreffend und einer Überprüfung standhaltend vorgenommen werden können. Der Schutzzweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes kommt hier wohl berechtigt zum Tragen. «Rechtsanwalt Robert Glocker

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