Ausgabe 10/2011: Vorsicht Datenschutz!

Vorsicht Datenschutz!social media marketing E Soziale Netzwerke, personenbezogene Daten und selbsternannte Datenschützer. Autohaus-Juristen Rechtsanwälte G. Haug & PartnerDer Trend begann wie so oft in den USA und ist mittlerweile längst in Deutschland angekommen. Nach einer aktuellen Meldung von AUTOHAUS online ist bereits jeder vierte deutsche Autohändler in sozialen Netzwerken aktiv. Diese neue Form des Online-Marketing zielt insbesondere darauf ab, die Bekanntheit und das Image eines Unternehmens zu steigern. Über Facebook, Twitter & Co. lassen sich in Windeseile eine Vielzahl von Werbebotschaften durch Anklicken des entsprechenden Buttons kostenlos verbreiten. Kostenlos? Es war nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Abmahner auch dieses neue Geschäftsfeld für sich entdeckten. Durch das Anklicken des „Gefällt mir“- bzw. „Like“-Buttons von Facebook werden nämlich die entsprechenden Daten direkt an den dortigen Server übermittelt und zum Profil des Nutzers gespeichert. Von daher – so die Argumentation der vorgeblichen Datenschützer – würden nicht nur die Informationen über die Internetadresse übermittelt, sondern weitere personenbezogene Daten.GretchenfrageDie hierfür entscheidende Frage, ob eine IP-Adresse personenbezogene Daten enthält, ist bis heute umstritten. Nach einem Teil der Rechtsprechung soll die IP-Adresse nur einen relativen Personenbezug begründen, weil der Anschlussinhaber und der Nutzer nicht identisch sein müssen. Dieses Argument ist allerdings mit Blick auf das Bundesdatenschutzgesetz keineswegs zwingend. Schließlich spricht das BDSG nur davon, dass die Daten „einer Person“ – und nicht unbedingt dem aktuellen Nutzer – zugeordnet werden können. Der Begriff „relativer Personenbezug“ steht zudem im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach sämtliche personenbezogenen Daten schützenswert sind. Vor diesem Hintergrund hat etwa das Landgericht Köln entschieden, dass Behörden die IP-Adressen ihrer Besucher nicht speichern dürfen, weil es sich hierbei um personenbezogene Daten i. S. d. § 15 Telemediengesetz handelt. Etwas anderes gilt natürlich dann, wenn sich der Nutzer mit einer Speicherung dieser Daten ausdrücklich einverstanden erklärt. Eine endgültige Beantwortung der Kernfrage – „Wie hältst du’s mit dem Datenschutz?“ – durch die Obergerichte steht also noch aus.„Gefällt mir“Dessen ungeachtet missfiel es einem Mitbewerber, dass ein Online-Händler auf seiner Website den „Like“-Button von Facebook installiert hatte. Nachdem eine Information über die Datenerhebung bzw. Einwilligungserklärung nicht vorgelegen hatte, wurde der Website-Betreiber abgemahnt und zur Unterlassung aufgefordert. Mangels Abgabe dieser strafbewehrten Unterlassungserklärung landete der Fall schließlich vor Gericht. Nach Auffassung der Antragstellerin bewirkt der Facebook-Button, dass personenbezogene Daten von Nutzern, welche die Seiten des Antragsgegners besuchen, an Facebook übertragen werden. Die unterbliebenen Informationen über Art, Umfang und Zweck der erhobenen Daten stelle einen Wettbewerbsverstoß dar und die Antragsgegnerin sei deshalb zur Unterlassung verpflichtet. Das Landgericht Berlin ist dieser Sichtweise allerdings nicht gefolgt und hat den entsprechenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Dabei konnte es dahinstehen, ob und in welchem Umfang personenbezogene Daten überhaupt in Rede standen. Ein Verstoß gegen den Einwilligungsvorbehalt des § 13 TMG vermag nämlich nur dann einen Unterlassungsanspruch zu begründen, wenn mit dieser Vorschrift (auch) das Marktverhalten der Teilnehmer bzw. Mitbewerber geregelt werden soll. Dies ist indes nicht der Fall. Insbesondere bedarf es für einen unlauteren Wettbewerb im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG eines Zuwiderhandelns gegen Vorschriften, die dazu bestimmt sind, das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer zu regeln. Dabei dient eine Norm auch dann dem Interesse der Mitbewerber, wenn sie die Freiheit ihrer wettbewerblichen Entfaltung schützt. Nach diesen Grundsätzen ist § 13 TMG nicht als Marktverhaltensvorschrift zu qualifizieren. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine Norm, die anders als Verbraucherschutzvorschriften zum Internethandel nicht dem Persönlichkeitsschutz des Betroffenen, sondern dem Datenschutz dient. Von daher bedurfte es auch keiner Entscheidung darüber, ob die Verwendung des Buttons überhaupt geeignet ist, den Wettbewerb im Sinne des § 3 UWG mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen.„Gefällt mir nicht“Auch zur Kehrseite der positiven Internetverlautbarungen gibt es ein aktuelles Urteil. So hatte das Amtsgericht München zu klären, ob der Betreiber einer Internet-Plattform, auf der registrierte Nutzer ihre Erfahrungen rund ums Auto austauschen und öffentlich zugänglich machen können, zur Auskunft über einen Nutzer verpflichtet ist. Geklagt hatte ein Autohaus, das sich durch seinen Erfahrungsbericht diskreditiert fühlte und geschäftsschädigende Auswirkungen befürchtete. Auch dort wurde das TMG als Anspruchsgrundlage herangezogenen und über § 14 TMG die namentliche Nennung des anonymen Bloggers geltend gemacht.Nach dieser Vorschrift darf der Dienstanbieter jedoch nur auf Anordnung der zuständigen Stellen im Einzelfall über seine Bestandsdaten Auskunft erteilen, soweit dies für Zwecke der Strafverfolgung, zur Gefahrenabwehr durch die Polizei- und Verfassungsschutzbehörden oder zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum erforderlich ist. Dass diese engen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, wenn in einem Internetforum rufschädigende Äußerungen veröffentlicht werden, lag auf der Hand. Das Autohaus hat deshalb eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift reklamiert, da es andernfalls rechtlos gestellt wäre. Nach dem Urteil des Amtsgerichts München scheidet jedoch auch eine analoge Anwendung aus, weil es sich bei § 14 TMG erkennbar um eine Ausnahmeregelung handelt, die keine Erweiterung über den ausdrücklich genannten Anwendungsbereich zulässt. Soweit sich die Klägerin beleidigt oder verleumdet sieht, muss sie sich staatsanwaltschaftlicher Hilfe bedienen und ggf. im Wege der Akteneinsicht die gewünschten Informationen verschaffen.Rechtsanwalt Walter Sattler, kanzlei@raehaug-partner.deKurzfassung1. Die Frage, ob eine IP-Adresse personen-bezogene Daten enthält, ist nach wie vor umstritten.2. Das Installieren eines Facebook-„Like“-Buttons auf einer gewerblichen Website dürfte nach zutreffender Rechtsauffassung nicht abmahnfähig sein.3. Eine Internet-Plattform ist in der Regel nicht verpflichtet, den Namen eines Nutzers/Bloggers bekanntzugeben, selbst wenn dieser diskreditierende und geschäftsschädigende Äußerungen veröffentlicht.Kommentar< Es war schon eine beschauliche Zeit, als man das, was einem auf dem Herzen lag, nur im Bekanntenkreis und vielleicht noch seinem Frisör erzählt hat. Der konnte dann seinem nächsten Kunden davon berichten und musste – selbst wenn er indiskret war und seinen Informanten namentlich benannte – keine Abmahnung wegen Datenschutzverstoß befürchten. Er hätt’s mir ja nicht zu erzählen brauchen, wenn ich’s nicht weitererzählen darf, war die ebenso einfache wie stichhaltige Begründung für derlei Geplaudere. Diese Sichtweise mag unjuristisch klingen, sie trifft jedoch im Kern auch den nur vorgeschobenen Datenschutz im Zeitalter des Internets. Wer via Facebook, Twitter & Co. munter sein Innerstes nach außen kehrt, bedarf auch nicht des Beistands selbsternannter Datenschützer, denen es in Wahrheit nur darum geht, ihr eigenes Süppchen zu kochen und Abmahngebühren zu kassieren. Das Landgericht Berlin hat dies zutreffend erkannt und juristisch sauber auf das nicht tangierte Marktverhalten des Wettbewerbers abgestellt. >Recht + Steuern

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