Jebsen Motors: "Wacker geschlagen"

AH: Herr Eberlein, wie haben Sie die Pandemie erlebt? J. Eberlein: Hautnah und von Beginn an, da ich seit Anfang des Jahres ununterbrochen in Shanghai bin. AH: Gab es strengere Verhaltensvorschriften als in Deutschland? J. Eberlein: Ich glaube schon - und vor allem wurden diese schnell und konsequent in ganz China umgesetzt. Nach Ausbruch des Virus kam das öffentliche Leben zum Stillstand. Nur wenige Einrichtungen wie Supermärkte oder Krankenhäuser waren geöffnet. In den ersten zwei Wochen habe ich mich fast ausschließlich in der Wohnung aufgehalten und habe diese nur kurz zum Einkauf von Lebensmitteln verlassen - das dann aber auch nur mit Maske und Temperaturmessung im Supermarkt. Reisen, selbst mit dem Auto innerhalb Chinas, waren stark eingeschränkt. AH: Wie ist die aktuelle Situation in Beijing und Shanghai? China ist ja fast ein Kontinent? Ist man wieder zur Normalität zurückgekehrt? J. Eberlein: Die Situation hat sich bereits im März deutlich verbessert und in den meisten Städten ist man mittlerweile fast wieder zur Normalität zurückgekehrt. Unsere Porsche Center sind seit Ende Februar wieder geöffnet. Allerdings tragen unsere Mitarbeiter weiterhin Masken und folgen klaren Verhaltensregeln. Für unsere Kunden halten wir ebenfalls Masken bereit. Auf Dienstreisen in China verzichten wir allerdings weiterhin weitgehend; nur absolut notwendige Reisen werden durchgeführt. Allerdings komme ich gerade von der Auto Show in Shenzhen zurück. Dort wurde unter anderem der Porsche 911 Targa das erste Mal im chinesischen Markt gezeigt. Alle namhaften Hersteller waren vertreten. Leider ist es vor kurzem zu Neuinfektionen in Beijing gekommen. Es wurden aber sofort Maßnahmen ergriffen, die ein weiteres Ausbreiten verhindern werden. AH: Wie hat sich das Autogeschäft vom Beginn der Pandemie bis heute entwickelt? J. Eberlein: Februar und März waren schwach. Wir haben dann aber aufgeholt. Porsche China hat gut und schnell reagiert. So wurden z. B. Marketingbudgets umgeschichtet und die Präsenz in der digitalen Welt deutlich verstärkt. Wir liegen im Neufahrzeugverkauf zum Ende Mai (year to date Mai) leicht über Vorjahr. AH: Wurden die Autohäuser geschlossen? J. Eberlein: In den ersten Wochen im Februar waren alle unsere Center geschlossen. Dann aber haben wir sukzessive wieder geöffnet und unsere Kapazitäten hochgefahren. Ab Anfang April sind wir wieder bei voller Kapazität an allen 19 Standorten. Alle an einem Strang gezogen AH: Wie haben Ihre Mitarbeiter auf die Situation reagiert? Gab es eine Absicherung? J. Eberlein: Wir haben alle an einem Strang gezogen. Porsche China, wir als Händlergruppe und unsere Mitarbeiter. Intensive Kommunikation mit allen Beteiligten hat Transparenz erzeugt und dazu geführt, dass wir mit unseren etwa 1.000 Mitarbeitern unbeschadet durch die Krise gekommen sind. AH: Wie ist die Lage im Aftersales? J. Eberlein: Der Vertrieb ist bereits heute leicht über Vorjahresniveau. Im Aftersales holen wir auf, aber liegen noch unter Vorjahr. Das fast komplett fehlende Unfallreparaturgeschäft von etwa zwei Monaten konnten wir bislang nicht kompensieren. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir zum Ende des Jahres auch im Aftersales leicht über Vorjahr liegen werden. AH: Wie wirken sich die Folgen der Pandemie auf den Autohandel insgesamt aus? J. Eberlein: Sehr unterschiedlich. Einige Marken und damit Handelspartner sind stärker betroffen als andere. Unser Segment hat sich wacker geschlagen. Der Markt für New Electric Vehicles hat mehr unter der Pandemie gelitten als der traditionelle Markt. Für den Pkw-Neufahrzeugmarkt rechnen die Schätzungen für das Gesamtjahr mit einem Rückgang gegenüber dem Vorjahr von zehn bis 15 Prozent. Wir gehen davon aus, 2020 leicht über Vorjahr abzuschließen. Zentrales Digital Lead Management AH: Wie hat sich die Nachfrage während der Pandemie entwickelt? Haben die digitalen Kanäle an Bedeutung gewonnen? J. Eberlein: Insbesondere in den ersten Monaten gab es einen deutlichen Rückgang im Showroom Traffic und auch einen allerdings nicht so starken Rückgang in der Anzahl von Kontaktaufnahmen über digitale Medien. Seit Mai allerdings liegt der wöchentliche Showroom Traffic und auch die Anzahl der Kontakte durch digitale Medien über 2019. Seit geraumer Zeit kann man einen Trend hin zur Kontaktaufnahme über digitale Medien feststellen, der sich verstärkt. Wir gehen davon aus, dass sich etwa 150.000 Interessenten in 2020 an uns über digitale Medien wenden werden. Das wären dann etwa 25 Prozent mehr als noch in 2019. Um den Erwartungen gerade dieser potenziellen Kunden gerecht zu werden, haben wir uns daher entschieden, ein zentrales Digital Lead Management für unsere Gruppe aufzubauen, mit dem wir im Juli gestartet sind. AH: Welche Lösung bietet Ihr Haus seinen Kunden, um mit Ihnen in Kontakt zu treten? J. Eberlein: Unsere Porsche Center, die jeden Tag der Woche geöffnet sind, bieten alle vom Kunden gewünschten Kontaktmöglichkeiten während der Öffnungszeiten. Wie bereits erwähnt werden wir jetzt mit einem zentralen Digital Lead Management Center einen Schritt weitergehen und unseren Kunden die persönliche qualifizierte Kontaktaufnahme rund um die Uhr anbieten - 365 Tage im Jahr. Aus internen Studien wissen wir, dass sich heute etwa 40 Prozent der Kunden, die mit uns über digitale Medien Kontakt aufnehmen, das außerhalb unser aktuellen Öffnungszeiten tun. Aktuell muss dann der Interessent darauf warten, dass unsere Betriebe am Folgetag öffnen und sich dann ein Mitarbeiter meldet. Das ist sicherlich nicht die Kundenerwartung. AH: Wird die Digitalisierung in Zukunft noch weiter an Bedeutung gewinnen? J. Eberlein: Absolut. Der Hersteller arbeitet kontinuierlich an der Digitalisierung der Betriebsabläufe. Gemeinsam mit Porsche China haben wir bereits 2018 das Porsche Digital Studio in Guangzhou in Betrieb genommen. Hier erleben Interessierte die Marke in weitgehend digitaler Form. Positiv gestimmt AH: Wie wird sich der Rückgang der Wirtschaftsleistung auf das Geschäft auswirken? J. Eberlein: Das ist schwer zu beurteilen. Es wird Rückgänge geben; allerdings sind wir für 2020 und die kommenden Jahre weiterhin sehr positiv gestimmt. Gerade in unserem Segment gibt es noch gewaltige Potenziale. Wir vertreten seit über 65 Jahren die Marke Porsche und sind herstellerseitig und bei Jebsen Motors intern ausgezeichnet aufgestellt. AH: Wie hat sich Jebsen in 2019 entwickelt? J. Eberlein: 2019 war ein weiteres erfolgreiches Jahr. Wir konnten den Absatz an Neufahrzeugen erneut steigern und das erste Mal in unserer Firmengeschichte mehr als 10.000 Neufahrzeuge der Marke Porsche ausliefern. Auch im Aftersales konnten wir weiter wachsen. Mehr als 100.000 Fahrzeugdurchläufe stellen einen neuen Rekord für uns dar. Und es ist uns in 2019 erneut - zum fünften Mal in Folge - gelungen, als bester Porsche-Händler von Porsche China ausgezeichnet zu werden. Wachstumskurs fortsetzen AH: Wie sieht es mit Neueröffnungen in 2020 aus? J. Eberlein: Wir wachsen weiter. Unsere Erfolgsstory mit Porsche, die 1955 in Hongkong begann, wird fortgeschrieben mit der Eröffnung eines weiteren "4S Center" in Nanjing, einer der am schnellsten wachsenden Städte Chinas. AH: Wird man den Wachstumskurs ab 2021 fortsetzen können? J. Eberlein: Absolut. Im Januar planen wir die Fertigstellung und Eröffnung eines neuen Porsche Centers in Shenzhen. Auch Shenzhen gehört zu den Städten, dessen Wachstum deutlich über dem Landesdurchschnitt liegt. Mit der Inbetriebnahme dieses neuen Standortes sind wir dann mit zwei "4S Centern", einem Showroom in Toplage und einem City Service Center mitten in Shenzhen für die nächsten Jahre gut aufgestellt. Im dritten Quartal 2020 ist Baubeginn eines weiteren Porsche Centers in Haining, einer Stadt zwischen Shanghai und Hangzhou. Eröffnung ist für das letzte Quartal in 2021 geplant. Elektrifizierte Fahrzeuge AH: China wird als Leitmarkt für E-Mobilität bezeichnet. Ist der Taycan bereits auf Jahre ausverkauft? J. Eberlein: E-Mobilität wird durch hohe Investitionen in die notwendige Infrastruktur und Kaufanreize durch die Regierung unterstützt. Die Resonanz des Marktes auf die Einführung des Taycan war äußerst positiv. Unsere Auftragsbücher sind gefüllt. AH: Welche Rolle spielen Hybrid- und Verbrennungsmotor in der Kundengunst? J. Eberlein: In 2019 lag der Anteil von Fahrzeugen, die wir verkauft haben und die ausschließlich durch einen Verbrennungsmotor angetrieben wurden, bei um die 90 Prozent. Man muss dies auch vor dem Hintergrund sehen, dass bestimmte Modelle wie z. B. der Macan, dessen Anteil bei fast 40 Prozent unseres Absatzes liegt, ausschließlich mit Verbrennungsmotor angeboten werden. Der Anteil von Hybriden und BEV wird aber stetig steigen. Wir sind äußerst zuversichtlich, dass wir durch die Modellpolitik des Herstellers die besten Voraussetzungen haben und bestens vorbereitet sind. AH: Was macht Jebsen so erfolgreich? J. Eberlein: Die sehr gute Zusammenarbeit mit dem Hersteller, die mehr als 65-jährige Erfahrung mit der Marke, eine klare nachhaltige Wachstumsstrategie, die den Kunden in den Mittelpunkt rückt, und ein Team von mehr als 1.000 Autobegeisterten, die sicherlich zu den Besten in der Branche gehören. AH: Vielen Dank für das Gespräch!

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