September 2008: Lehman Brothers & Co lösen ein gigantisches Finanzdebakel aus. Juni 2009: GM, der seit 1929 größte Automobilkonzern der Welt, meldet Konkurs an. 2011: Daimler feiert das 125-jährige Jubiläum. 1886 fuhr Bertha Benz mit dem ersten Motorwagen von Mannheim nach Pforzheim.
Und noch etwas: Noch nie wurden in der Automobilgeschichte weltweit so viele Fahrzeuge verkauft wie 2011: 65 Millionen Einheiten. Wer hätte diese gigantische Aufwärtsentwicklung von 2008 bis heute für möglich gehalten? Es sollen 2016 pro Jahr schon 80 Millionen Einheiten, 2020 dann 90 Millionen und 2030 sage und schreibe 150 Millionen Fahrzeuge sein! Derartige Mengen verheißen automobilistisch wahre Zuversicht! Und Zuversicht ist derzeit die knappste Ressource. Wer aber Aufschwung will, muss politisch Zuversicht produzieren. Und Zuversicht setzt wiederum Zufriedenheit der Bürger voraus. Die Autoindustrie bleibt also Wachstumsbranche, weltweit. Das ist die positive Sicht der Dinge.
Halten wir uns aber einen Moment den Super-GAU Fukushima in Japan am 11. März dieses Jahres vor Augen, die arabischen Umbrüche, die Rettung des Euro, vor allem Griechenland, dann überkommt jeden Unsicherheit. Alle Macht geht auch bei uns in Deutschland nicht mehr vom Volke, sondern von Krediten aus. Refinanzierungsschnäpse sind seit 1969 gängige Droge. Seit 1969 haben wir in Deutschland keinen ausgeglichenen Haushalt mehr. Das heißt, wir alle leben Jahr für Jahr über unsere Verhältnisse. Die Kur müsste heißen: Schuldenrauschentzug! Der Euro mag jetzt vorerst gerettet sein, die EU aber ist zerstritten. Es holen auch uns jetzt die zwei Billionen Euro Staatsverschuldung ein. Sie zu begrenzen bleibt erste politische Herausforderung.
Entwicklungen 2011
Automobilistisch dürfen wir auch für den deutschen Markt dank der gewerblichen Zulassungen auf ein überdurchschnittliches Jahr 2011 zurückblicken. Es sind 3,1 bis 3,2 Millionen Neuwagenzulassungen durchaus realistisch. 2011 spiegelt – wie schon 2010 – gerade bei den deutschen Automobilherstellern ein Jahr von besonderer Renditeklasse wider. Der aufstrebende Markt in China macht es möglich. Dies und Fukushima führten 2011 zu mancherlei Lieferverzögerungen. Um eine Dimension zu nennen: Allein Volkswagen hat 2011 in China eine Million Fahrzeuge mehr als in 2010 verkauft. Volkswagen wird 2011 eine Umsatzrendite von 12 Prozent, MB von 10,7 Prozent, BMW von 14,4 und Porsche von 20,5 (!) Prozent erreichen. Gleich sind die Hersteller dabei und geben 21 Prozent Kapitalrendite und 15 Prozent Umsatzrendite als Unternehmensziele für die Zukunft aus. Und für den Handel?
Da lobt man artig die positive Renditeentwicklung von 1,5 Prozent auf 1,8 Prozent für 2011 im Handel aus. Und da sind wir an einem weiteren Beispiel, das das Ende der Normalität aufzeigt. Die Hersteller ziehen sich selbst bei ihren gigantischen Renditen auf den Standpunkt zurück, dass die unbefriedigenden Renditen im Neufahrzeuggeschäft im Handel über den Service zu subventionieren seien. Als seien die Renditen im Service für die Zukunft gesichert!
In Wahrheit gilt es, die Margensysteme anzupassen. Noch immer führen die überhöhten Rabatte im Automobilhandel zur Markenschädigung, zur Modell-Imageschädigung, ja zu einer Wertevernichtung zu Lasten des Ganzen! Die Renditen im Neufahrzeugsektor sind auch im abgelaufenen Jahr bar jeglicher kaufmännischer Freude. Dennoch, dem Rabattwettbewerb und der wachsenden Preissensibilität antworten wir den Kunden gegenüber mit Vertrauen, Freundlichkeit und Beratungskompetenz. Die klaren Verbesserungspotenziale für uns alle liegen also in der Steigerung der Bruttogewinne. Das gilt für das Neu- wie für das Gebrauchtwagengeschäft.
- Prof. Hannes Brachat - Weihnachtsansprache 2011 (195.5 KB, PDF)
Bruno A. Santomauro
Dr. Paul Schäfer