Ausgabe 22/2010: Zug nicht verpassen

E-Business 2010Zug nicht verpassenE-Business im Autohandel E Während viele Betriebe noch nicht im Web 2.0 angekommen sind, wird schon über Web 3.0 geredet. Hersteller, erfahrene Händler, Wissenschaft und Verbände sagen, was jetzt zu tun ist. Von Doris PlateGeht es Ihnen auch so? Klar benutze ich jeden Tag mein Handy, checke täglich mehrmals meine E-Mails – auch, wenn ich unterwegs bin –, suche meine Autos im Internet und buche Reisen online. Ein iPhone habe ich allerdings noch nicht, Apps kenne ich nur vom Hörensagen. Ich bezweifle sehr, dass es jemanden interessiert, was ich den ganzen Tag so mache (Twitter), und meine Freunde treffe ich lieber persönlich als auf Facebook. Kurzum: Wahrscheinlich benehme ich mich so wie die meisten über 50-Jährigen.Nach der Recherche zu diesem Beitrag werde ich mein Verhalten aber ändern – oder zumindest sicherstellen, dass sich jemand in meinem Interesse um diese Kommunikationswege kümmert. Denn: ich möchte auch mit der Y-Generation in Kontakt bleiben. Zu ihr gehören alle nach 1981 Geborenen, denen Internet, Smartphone und E-Learning schon in die Wiege gelegt wurden. Sie leben und arbeiten im Netz, finden dort Infos und Kontakte.1981 geboren? – Richtig. Diese Digital Natives, wie sie auch genannt werden, sind fast 30 und deshalb im Berufsleben sehr ernst zu nehmen. Sie sind Kunden, Kollegen, manche auch schon Chefs. Also, wer jetzt nicht aufs Altenteil gehen will, muss sich damit auseinandersetzen. Praktiker als ExperteBesonders genau auseinandergesetzt hat sich damit ein Autohändler, den viele kennen – Ralph J. Häusler, Citroen-Händler aus Darmstadt und Präsident des Citroen-Händlerverbands. Er hat im letzten Jahr seine Dissertation zum Thema „Auswirkungen des Internets auf die Automobilhandelsbetriebe in Deutschland“ geschrieben. Der Praktiker trifft darin eine klare Aussage: Fast alle Bereiche im Autohaus sind derzeit vom Internet beeinflusst und/oder können dadurch gefördert werden. Es gibt nur wenige Ausnahmen im Kaufprozess: Probefahrt, Inzahlungnahme und Übergabe des Fahrzeugs sind vor Ort durchzuführen. Das weiß auch Karsten Engel, Vertriebsleiter von BMW: „Die absolute Mehrheit unserer Kunden informiert sich heute vor dem Kauf eines Neu- oder Gebrauchtfahrzeugs im Internet. Dieses Medium ist über alle Stadien des Kaufprozesses relevant und permanent erreichbar. Insofern ist das Internet ein unverzichtbarer Bestandteil im gesamten Verkaufsprozess.“Drei Anwendungen sind PflichtDer Internetauftritt des Autohauses (Anwendung 1) ist heutzutage die Basis. Wer sich profilieren will, sollte dort nicht nur die allgemeinen Informationen präsentieren, sondern vor allem Alleinstellungsmerkmale betonen. Wichtig: Der Webauftritt muss leicht auffindbar sein. Und: Er sollte einen einfachen, schnellen Weg zum Kontakt ermöglichen, rät Häusler (vgl. dazu auch die Studienergebnisse auf Seite 66, Grafik 17). Die rasche Beantwortung von E-Mails (Anwendung 2) ist deshalb ebenfalls unabdingbar.Eine professionelle Präsentation von Gebrauchtwagen in den einschlägigen GW-Börsen ist ebenso ein Muss für jeden Handelsbetrieb (Anwendung 3). So sieht das auch Professor Willi Diez vom Institut für Automobilwirtschaft: „An diesen drei Anwendungen kommt niemand mehr vorbei.“ Er weist aber auch auf die Kür hin: „Kompetenz und Präsenz gilt es im Hinblick auf das Web 2.0 zu entwickeln: Die Platzierung von Nachrichten über Twitter und das Engagement in ‚Supporter Groups‘ in Social Networks ist zwingend, um vor allem junge Kundengruppen zu erreichen. Zusätzlich sollte man auch einen speziellen Zugangsbereich für seine Großkunden haben, auf dem kundenindividuelle Angebote hinterlegt werden können.“Prozesse müssen dazu passenDas alles ist aber nur sinnvoll, wenn die Prozesse im Autohaus dazu passen. Was nützt es dem Kunden, wenn er sich per E-Mail an seinen Händler wenden kann, aber keine Antwort bekommt? Diez wird hier ganz deutlich: „Wichtigstes Anwendungsfeld sind die Prozesse hinter dem Internet-Auftritt: Wenn die nicht stimmen, kann man sich die Internet-Präsenz schenken. Die eigene Internet-Organisation muss also mit den Internet-Anwendungen wachsen.“ Und sie muss eben auch in Richtung Web 2.0 wachsen.Das betont auch ZDK-Geschäftsführerin Antje Woltermann: „Gerade was die Nutzung der Social Media anbetrifft, muss jemand im Autohaus sich ständig damit beschäftigen, um zu kontrollieren, was beispielsweise über das Autohaus geschrieben wird.“ Häusler empfiehlt, statt immense Beträge in konventionelle Werbung zu investieren, die aktive Teilnahme an der Konversation im Web 2.0: „Das Web 2.0 bietet mit seinen Foren und Blogs und Communities in Bezug auf Kosten der Kommunikation die höchste Effizienz.“ (Foren, Blogs, Communities? Siehe auch den Artikel „Was ist was im Web 2.0“ auf Seite 38!)Einer, der das schon länger macht, ist Frank Lenz. Der Unternehmer aus Oelde war einer der ersten Fabrikatshändler, die schon vor über zehn Jahren in das Internet-Geschäft eingestiegen sind. Heute gehört er zu denen, die ganz vorne dabei sind. „Facebook hat alleine in Deutschland 12,5 Millionen User, Tendenz stark steigend. Da ist es nur logisch, dass man sich als Unternehmen auch immer da zeigen muss, wo die großen Massen sich tummeln“, sagt Lenz. Er bringt seine News und Events so kostenlos an ein sehr großes Publikum. Ein Vorgehen, das auch Matthias Becker, Leiter Marketing bei Volkswagen Deutschland, für sehr wichtig hält: „Sich da aufhalten, wo die Zielgruppe ist, das ist für potenziellen Verkaufserfolg nach wie vor das entscheidende Kriterium.“Lenz kreuzt sein Social-Media-Marketing noch mit einem sogenannten Microblogger-System wie Twitter. „Damit können auch die wenigen, die sich nicht bei Facebook angemeldet haben, mit den neuesten Informationen auf schnellstem Weg gefüttert werden“, weiß der Experte. „Dazu ergänzend kann man sich noch auf Videoplattformen wie YouTube verewigen und durch kleine Werbefilme und Vorstellungsvideos einzelner Verkäufer auf sich aufmerksam machen oder auch verschiedene interne Specials erklären.“Kostenoptimierte StrategieFür Lenz ist das eine kostenoptimierte Marketingstrategie, die eine hohe Qualität an Werbung mit sich bringt. Denn jeder User kann entscheiden, was ihm gefällt und was nicht. Der Nutzer entscheidet, ob er sich über Events, Sonderverkaufsaktionen oder auch Serviceaktionen informieren möchte, und ist nicht dem breiten Wust an quantitativer Werbung ausgesetzt. Dazu kommt, dass das Autohaus interaktiv auf alles eingehen kann, User werden mit einbezogen.Werbebanner auf themenbezogenen Seiten und Newsletter bieten ergänzend noch einen guten Kommunikationskanal und helfen dabei, einmalige Aktionen zu publizieren. Auch Lenz betont ebenso wie Häusler, dass all das nur funktioniert, wenn es in das Gesamtkonzept des Unternehmens eingebettet ist. „Der interne Informationsfluss muss schnell und unverzüglich stattfinden, da die Online-User genau das erwarten und auch gewohnt sind.“Trends frühzeitig erkennenHäusler betont aber nicht nur die Schnelligkeit, sondern auch die Qualität der Auskunft und die ständige Weiterentwicklung. Er hält deshalb die Ernennung eines Internetbeauftragten für optimal. Dieser soll nicht nur das Online-Medium pflegen und kontrollieren, E-Mails weiterleiten und den Bearbeitungsstand kontrollieren. „Eine interessante Aufgabe für den Internetbeauftragten ist auch die Beobachtung und frühzeitige Erkennung von Trends im Internet, um die Möglichkeit zu nutzen, daraus neue Aktionen oder Geschäftsideen zu entwickeln.“(Wie viele Internetverantwortliche gibt es im Handel? vgl. die Studienergebnisse auf Seite 63, Grafik 13!)Kompetenz ist dabei oberstes Gebot. Den Einsatz externer Mitarbeiter/Berater sieht Häusler dabei zweischneidig: Das zum Beispiel in einem Call Center eingesetzte Personal muss auf jeden Fall ausreichend geschult sein. Bei der Pflege des Gebrauchtwagenangebots in den Börsen kann externe Unterstützung aber zum Beispiel bei professionellen Fotos sehr hilfreich sein.Auch im Service und BackofficeWährend alle bei Internet nur an den Verkauf denken, ist es auch im Servicebereich und im Backoffice nicht mehr wegzudenken: Von der Fahrzeugbestellung bis zur Reparaturinformation und -historie wird alles online abgewickelt. Werner Günzel, Leiter Service-Organisationsentwicklung bei Volkswagen Deutschland, betont: „Volkswagen-Partner nutzen beispielsweise TV-Sendungen zu Schulungszwecken und Trainings für neue IT-Systeme online. Bei der Unfallschadenabwicklung werden Kostenvoranschläge, Gutachten, Reparaturfreigaben und Abrechnungen online erstellt.“Prof. Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach sieht die Internetnutzung auch erst am Anfang der Entwicklung: „Während das Internet bereits heute als Informationsmedium beim Neu- und Gebrauchtwagen eine überragende Bedeutung hat, wird die Preistransparenz auch im Bereich Teile und Service durch das Internet weiter steigen.“Auch bei der Suche nach Mitarbeitern gewinnt Web 2.0 an Bedeutung. ZDK-Geschäftsführerin Antje Woltermann dazu: „Social Media können genutzt werden, um employer branding zu betreiben. Das heißt, gerade für größere Autohäuser oder Händlergruppen kommen eigene Karriere-Fanpages bei Facebook und Co. in Betracht.“Die Nachwuchsförderungskampagne von ZDK, VDIK und VDA ist hier schon aktiv geworden. Bereits im Mai 2010 präsentierte die zuständige ZDK-Mitarbeiterin Claudia Kefferpütz ein Konzept, wonach neue Informationswege über Podcasts, YouTube, Facebook, Twitter usw. etabliert werden. Auch die Website www.autoberufe.de wurde komplett im Hinblick auf die neue Zielgruppe umgearbeitet.FazitEs tut sich also was im Bereich Internet. Frank Lenz, der alle hier genannten Instrumente in seinem Autohaus bereits umsetzt, erzielt nach eigenen Angaben damit eine gute Resonanz und bekommt täglich mehr Interessenten hinzu. Doch während noch nicht alle Nutzer im Web 2.0 angekommen sind, steht schon die nächste Stufe der digitalen Entwicklung an: das Web 3.0. „Dies ist ein Web, das beispielsweise die Bedeutung von Suchbegriffen erkennt und den Nutzer an Hand von Bewertungen und weiteren Querverbindungen weitere Angebote und Zusatzinformationen liefert“, erläutert Häusler. Kurzum: „Das Autohaus befindet sich auf dem Weg zum Mobilitätsdienstleister und das Internet wird dabei eine wichtige Rolle spielen. Diesen Zug sollten Sie nicht verpassen“, so Bratzel. zLesen SIe hier...... was ein Autohaus im Internet zwingend bieten muss, was wünschenswert wäre und wo zusätzlich Punkte gemacht werden können. KurzfassungBestimmte Kundengruppen sind nur noch über das Internet zu erreichen. Deshalb braucht das Autohaus1. eine eigene – leicht auffindbare – Internetpräsenz mit individuellen Angeboten und Leistungen 2. eine E-Mail-Kommunikation als einfachen, schnellen Weg der Kontaktaufnahme3. die Präsentation von Gebrauchtwagen in den Börsen4. Kompetenz und Präsenz in einschlägigen Social Networks5. für Großkunden einen speziellen Großkundenbereich6. Kompetenz und Präsenz in Foren und Blogs.E-Business 2010E-Business 2010

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