Der Autoexperte Stefan Bratzel ist skeptisch, ob eine Sanierung von Opel möglich ist und rechnet mit drastischem Personalabbau. "Wenn eine Sanierung überhaupt gelingen könnte, dann nur, wenn die Kosten ganz erheblich gesenkt werden", sagte Bratzel, Professor an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach, am Montag in Köln. Hohe Überkapazitäten auf dem europäischen Markt erforderten eine Senkung der Opel-Kapazitäten um mindestens 20 Prozent. "Auch Werksschließungen sind nicht auszuschließen. Die Standorte, die nicht so modern sind und wo nicht neuere Modelle angelaufen sind, haben die schlechteren Karten." "Das Problem ist auch: Den Mitarbeitern und der Öffentlichkeit wird nicht reiner Wein eingeschenkt", kritisierte Bratzel. Es sei falsch "zu sagen, wir schaffen es nur mit weichen Maßnahmen, ohne betriebsbedingte Kündigungen und ohne Standort-Schließungen." Die angekündigten Einsparungen von einer Milliarde Euro seien wohl kaum ausreichend. Auch wenn "intelligente Maßnahmen" wie etwa die Vier-Tage-Woche umgesetzt würden, halte er einen deutlichen Stellenabbau für nicht vermeidbar. "Es ist offen, ob eine Insolvenz abzuwenden ist", meinte der Leiter des Center of Automotive (CoA). Nach wie vor bestimme der marode Mutterkonzern General Motors (GM) bei Opel. "GM hat es die ganze Zeit über nicht geschafft, Opel zu sanieren, und nun will GM Geld von Europa, ohne dass sich die Gesamtsituation dramatisch geändert hat". Bratzel nannte es eine "Illusion" zu glauben, dass "die Euro für Opel" nicht auch zumindest indirekt der Mutter zugutekommen. "Das ist in der Praxis schwer herauszurechnen", erklärte der Experte mit Blick auf die engen Verflechtungen. Mittel aus einer staatlichen Kreditbürgschaft dürften keinesfalls in das Stopfen von Verlustlöchern gesteckt werden. Zugleich kritisierte der Fachmann die Politik: "Was ärgerlich macht, ist, dass Wettbewerbsfähigkeit plötzlich eine politische Frage ist." Er befürchte, dass die Politik einer Wettbewerbsverzerrung Vorschub leiste und sehe eine "gewisse Wahrheit" in der Kritik von Konkurrenten wie VW und Ford. "Jedes Auto, das – gestützt durch staatliche Maßnahmen – von Opel mehr verkauft wird, geht anderen, gesunden Autoherstellern ab." Auch ein großer Autobauer mit Standorten in vier Bundesländern dürfe nicht "ausschnitthaft" beobachtet werden. Und: "Es gibt eine große Gefahr, dass im Superwahljahr bei politischen Spielen häufig rationale, betriebswirtschaftliche Erwägungen auf der Strecke bleiben." Technologische Neuerung vorantreiben Das A und O im Fall Opel sei technologische Neuerung. "Innerhalb des GM-Konzerns ist Opel noch am innovativsten, aber gegenüber Ford oder VW gibt es teilweise schon einen technologischen Aufholbedarf, zum Beispiel bei Spritspar-Techniken." Das Zukunftskonzept, das GM, Opel und der Gesamtbetriebsrat derzeit im Wirtschaftsministerium vorlegen, müsse in puncto Investitionen in neue Technologien und Kostenreduktion genau unter die Lupe genommen werden, forderte Bratzel. (dpa)
Autoexperte: Opel-Sanierung nur über Personalabbau

CoA-Leiter Stefan Stefan Bratzel ist skeptisch, ob eine Insolvenz des Rüsselsheimer Autobauers überhaupt abzuwenden ist. Um die Kosten im erforderlichen Maß zu senken, rechnet der Experten mit massiven Stellenkürzungen.
Ulf Waldstädt
Jost Borrani
Manuel Schmitz