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Automesse im "Trump-Land": Bange Blicke in die USA

06.01.2017 09:12 Uhr
Donald Trump Detroit Economic Club
"Detroit - the Motor City - will come roaring back", sagte Trump im August im Wahlkampf bei einem Auftritt vor dem Detroit Economic Club im Messezentrum.
© Foto: REBECCA COOK / picture alliance / newscom

Wie genau sehen die Pläne des neuen US-Präsidenten für die Wirtschaft aus? Donald Trumps Politik dürfte massive Auswirkungen auf die Autoindustrie haben - auch für deutsche Hersteller.

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Von Andreas Hoenig und Hannes Breustedt, dpa

Die US-Autometropole Detroit ist seit Jahren im Niedergang. Donald Trump aber verspricht der Stadt ein glänzendes Comeback. "Detroit - the Motor City - will come roaring back", sagte Trump im August im Wahlkampf bei einem Auftritt vor dem Detroit Economic Club im Messezentrum, dem Ort der traditionsreichen Auto Show. Unter lautem Getöse also werde Detroit zurückkommen. Trumps Versprechen für die Metropole der "Rostgürtel" genannten Industrieregion im Nordosten der USA, die als großer Verlierer der Globalisierung und Digitalisierung gilt: "America first." Eine konsequente Rückbesinnung auf Amerikas "Old Economy" soll Detroit zum Comeback verhelfen. Doch Experten zweifeln, ob Trumps Politik wirklich ein Segen für die Autoindustrie ist.

"Trump könnte protektionistischer und auch weniger ökologisch werden", sagt Branchenkenner Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. "Insgesamt scheint mir Trump eher eine Bedrohung für die Industrie zu sein." Entsprechend herrscht in der Branche zum Auftakt des neuen Autojahrs vor allem eins: Unsicherheit. Die Messe in Detroit steht unter durchwachsenen Vorzeichen, sie läuft bis zum 22. Januar - dann wird Trump schon Präsident sein.

Bereits im Wahlkampf hat der Immobilienunternehmer keinen Hehl daraus gemacht, was er von Freihandel hält - nämlich nichts. Im Fokus steht Mexiko: Fast alle großen Autohersteller haben in den vergangenen Jahren Fabriken südlich der Vereinigen Staaten hochgezogen. Es lockten niedrige Löhne gepaart mit dem Marktzugang in die USA. Das nordamerikanische Handelsabkommen Nafta sorgt für ungehinderten Warenverkehr zwischen den USA, Kanada und Mexiko.

Trump hat angekündigt, den Pakt zugunsten der USA neu zu verhandeln oder gar aufzukündigen. Für die mit dem Verlust zahlreicher US-Jobs einhergegangene Deindustrialisierung in Michigan und anderen US-Arbeiterstaaten ist Nafta ein willkommener Sündenbock. Bei seiner Rede in Detroit schimpfte Trump, vor dem Freihandelsabkommen hätten 285.000 Beschäftigte in der Autoindustrie in der "Motor City" gearbeitet - heute seien es nur noch 160.000.

Andauernde Kritik des "president-elect"

Für die Auslagerung von Stellen ins Niedriglohn-Nachbarland Mexiko, durch die viele Autobauer ihre Kosten senken, attackiert Trump US-Konzerne hart. Selbst der US-Marktführer bleibt nicht verschont: "General Motors schickt in Mexiko gefertigte Modelle des Chevy Cruze steuerfrei über die Grenze zu US-Händlern. Produziert in den USA oder zahlt hohe Einfuhrsteuern!", polterte Trump jüngst. GM-Rivale Ford kündigte kurz darauf nach andauernder Kritik des "president-elect" an, eine 1,6 Milliarden Dollar schwere Investition in ein neues Werk in Mexiko abzublasen.

Doch würden Handelsschranken im Nafta-Raum wieder aufgebaut, könnte dies massive Folgen haben. Trump droht, den Zulieferkreislauf der Autoindustrie, die viele Teile und ganze Fahrzeuge aus Billiglohnländern importiert, durch Strafzölle von bis zu 35 Prozent zu zerschlagen. Das würde auch deutsche Hersteller ins Mark treffen. Unternehmen wie Volkswagen blieben dann auf Produktionskapazitäten sitzen, sagt der Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen.

2015 habe VW mehr als 450.000 Neuwagen in Mexiko produziert, rechnet Dudenhöffer vor. Auch Konzerntochter Audi muss zittern: Erst im vergangenen September eröffneten die Ingolstädter in Mexiko ein rund eine Milliarde Euro teures Werk für ihr SUV-Modell Q5. Und Daimler zieht mit seinem Partner Renault-Nissan ein ähnlich teures Werk in Aguascalientes hoch, in dem in diesem Jahr die ersten Autos vom Band laufen sollen. Auch BMW will von 2019 an Autos in dem lateinamerikanischen Land bauen.

Nach China sind die Vereinigten Staaten der wichtigste Markt für die deutschen Autohersteller. Direkt nach dem Wahlsieg Trumps hielt sich die Branche zunächst zurück. Daimler-Chef Dieter Zetsche etwa sagte: "Was sich in Wahlkämpfen abspielt, beschreibt nur bedingt, was nach der Wahl zu erwarten ist." Allerdings fügte er hinzu: "Dass nach dem Wahlkampf eine gehörige Portion an Skepsis da ist, ist klar."

Man betrachte Trumps Politik sehr genau, insbesondere hinsichtlich des Handels in Nordamerika, sagte auch Renault- und Nissan-Chef Carlos Ghosn dem "Wall Street Journal" bei der Technikmesse CES in Las Vegas. "Bislang war Nafta die Regel." Wenn sich das Freihandelsabkommen ändere, müsse man sich anpassen.

Abkühlung des Marktes

Viel Wachstum ist auf dem US-Automarkt in diesem Jahr wohl nicht zu erwarten - im Gegenteil: Die Zeichen stehen nach einem von billigem Sprit und günstigen Finanzierungszinsen befeuerten Absatzboom zunehmend auf Abkühlung. Zwar übertrafen die Hersteller 2016 mit über 17,5 Millionen verkauften Neuwagen die historische Bestmarke aus dem Vorjahr noch einmal leicht. Doch zuletzt musste schon verstärkt mit Rabatten und Sonderangeboten nachgeholfen werden, um die US-Kunden weiter in die Autohäuser zu locken. Ein weiterer Verkaufsrekord im neuen Jahr scheint somit unwahrscheinlich: Der US-Autohändlerverband schätzt den Absatz 2017 auf nur noch 17,1 Millionen Fahrzeuge.

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