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Debatte: Regierung will Nachrüstkosten für Diesel-Besitzer abwenden

25.09.2018 09:02 Uhr
Abgas, Diesel, Schadstoffe, Auspuff
Ob und wie Diesel-Pkw nachgerüstet werden sollen - am Freitag soll eine Entscheidung fallen.
© Foto: Patrick Pleul/dpa

Noch wenige Tage - dann soll Klarheit herrschen, wie Politik und Autobranche im Kampf gegen zu schmutzige Luft nachlegen wollen. Betroffene Autobesitzer sollen sich nicht an den Nachrüstkosten beteiligen müssen. Entschieden ist aber noch nichts.

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Bei neuen Maßnahmen gegen Fahrverbote in deutschen Städten will die Bundesregierung Kosten für Diesel-Besitzer abwenden. "Bei möglichen Hardware-Nachrüstungen für deutsche Diesel ist mein Ziel, die Selbstbeteiligung der Halter auf null zu setzen", sagte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) am Dienstag. Die SPD betonte, die Hersteller seien dafür in der Pflicht.

Im Gespräch ist, dass die Autobauer für Personenwagen in begrenzter Zahl bis zu einem Preis von 3.000 Euro bis zu 80 Prozent der Kosten von Motor-Umbauten tragen könnten, wie zuerst das "Handelsblatt" am Dienstag berichtete. Autobesitzer müssten demnach womöglich bis zu 600 Euro selbst dazu zahlen. Verbraucherschützer und die Opposition reagierten empört.

Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagte, die Hersteller hätten das Problem mit zu hohem Stickoxidausstoß verursacht. Sie trete daher für technische Nachrüstungen auf deren Kosten ein. "Ich erwarte, dass der Verkehrsminister ein Konzept vorlegt, das die Hersteller in die Pflicht nimmt und nicht die Dieselfahrer." SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Die Idee der Hersteller, die Kosten der technischen Nachrüstung teilweise an ihre Kunden weiterzureichen, erschließt sich mir noch nicht." Er sei skeptisch, ob sich die Hersteller damit wirklich einen Gefallen tun.

Der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, nannte es "bitter und unverschämt", wenn Autobesitzer, denen nichts vorzuwerfen sei, 300 bis 600 Euro tragen sollten. "Hier erwarten wir ein Machtwort der Kanzlerin, dass Verursachergerechtigkeit weiterhin gelten muss." Die Linke-Verkehrsexpertin Ingrid Remmers sprach von einer "bodenlosen Frechheit". Die Autokonzerne müssten vollständig die Kosten einer flächendeckenden Nachrüstung tragen.

Entscheidung bis kommenden Freitag

Nachrüstungen und ihre Finanzierung sind Teil von Überlegungen nach einem Treffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Chefs der deutschen Autobranche am Sonntag. Scheuer will im Lauf dieser Woche konkrete Vorschläge für ein Gesamtkonzept entwickeln. Im Gespräch ist nach Angaben aus Koalitionskreisen auch, dass - in begrenztem Umfang - neue Fahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 5 technisch nachgerüstet werden könnten.

Die Bundesregierung strebt bis diesen Freitag eine interne Verständigung über neue Maßnahmen gegen Diesel-Fahrverbote an. Dann ist ein Treffen bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geplant, wie die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag aus Regierungskreisen erfuhr. Teilnehmen sollen nehmen neben Scheuer und Schulze auch Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Zur Vorbereitung ist an diesem Mittwoch ein Treffen von Staatssekretären vorgesehen. Merkel hatte bereits angekündigt, dass sich am Montag kommender Woche, 1. Oktober, auch der Koalitionsausschuss von Union und SPD mit dem Thema befassen soll.

Scheuer hat weiterhin Bedenken hinsichtlich einer Nachrüstung

In den monatelangen Koalitionsstreit ist nach dem jüngsten Urteil zu Fahrverboten von 2019 an in Frankfurt am Main Bewegung gekommen. Merkel, die lange gegen Umbauten an Motoren argumentiert hatte, öffnete sich angesichts dessen dafür. In Hessen ist am 28. Oktober Landtagswahl. Die Autobauer lehnen Hardware-Nachrüstungen als zu aufwendig ab und warnen vor technischen Nachteilen. Auch Scheuer hat weiterhin Bedenken. Eine Haftung für Umbauten wollten die Hersteller nicht übernehmen, wie das "Handelsblatt" weiter berichtete. Sie könnte bei den Anbietern von Umrüste-Technik liegen.

Scheuer betonte, seine erste Priorität seien attraktivere Anreize der Hersteller, damit mehr Autobesitzer alte Diesel in Zahlung geben und sich ein saubereres neues kaufen. "Mein Ziel ist es auch, dass der Wertverlust für gebrauchte Diesel von den Autoherstellern ausgeglichen wird."

Im Gespräch sind solche Umstiegs-Angebote für Halter in 65 Städten mit Grenzwert-Überschreitungen durch Diesel-Abgase und einem noch zu bestimmenden Umland für Pendler, wie es in Koalitionskreisen hieß. Infrage kommen könnte dies für den Kauf eines weniger umweltschädlichen Diesels, eines Benziners oder eines Elektro-Autos - möglicherweise nicht nur für Neuwagen, sondern auch für Gebrauchte. Nach dem Dieselgipfel 2017 hatten die deutschen Hersteller schon Prämien gestartet. Diese nahmen mehr als 200.000 Kunden in Anspruch, wie es im Juli von den Firmen hieß.

SPD beharrt auf Hardware-Umbauten

Die SPD beharrt auch in einem Gesamtpaket auf Hardware-Umbauten für Pkw. Schulze sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Wer Fahrverbote vermeiden will, darf sich nicht nur auf Busse, Kommunalfahrzeuge oder Transporter beschränken. Ohne technische Nachrüstungen von Diesel-Pkw lässt sich das Problem nicht lösen." Sie sei froh, dass "endlich Bewegung" in die Sache komme. Scheuer hatte nach dem Treffen im Kanzleramt auch ein Förderangebot für Lieferdienste und Handwerker in Aussicht gestellt - wie schon für Busse und schwere Kommunalfahrzeuge etwa von Müllabfuhr und Feuerwehr.

Der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel, sagte der "Rheinischen Post": "Steuergeld zur Hardware-Nachrüstung von Dieselfahrzeugen lehne ich ab." Das sei Aufgabe der Industrie. (dpa)

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