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Diesel-Skandal: 2,8 Millionen VW in Deutschland betroffen

25.09.2015 14:05 Uhr
Nach aktueller Kenntnis handelt es sich um Fahrzeuge der 1,6- und 2-Liter-Diesel-Klasse. Die Regierung schließt Schadenersatzansprüche der Kunden nicht aus.

Nun ist es offiziell. Auch Millionen deutsche Diesel-Fahrzeuge von VW sind mit "Defeat Device" unterwegs. Der Verkehrsminister verspricht den Kunden: Sie werden dadurch keinen Schaden haben.

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Von den Manipulationen bei Abgasmessungen an Dieselwagen bei Volkswagen sind 2,8 Millionen Fahrzeuge in Deutschland betroffen. Das sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Freitag im Deutschen Bundestag. Nach aktueller Kenntnis seien dies Fahrzeuge mit 1,6- und 2,0-Liter-Dieselmotoren. Es stehe aber auch zur Diskussion, dass zusätzlich 1,2-Liter-Modelle betroffen seien. "Zumindest aktuell gehen wir davon aus, dass sich auch hier mögliche Manipulationen zeigen können", sagte Dobrindt. Weiteres werde gerade in den Gesprächen mit VW ermittelt. Die Zahl der manipulierten Fahrzeuge könnte sich dadurch also noch einmal erhöhen. Eine genaue Liste der betroffenen Automodelle gibt es bislang nicht.

Den deutschen VW-Kunden sicherte Dobrindt vollste Wahrung ihrer Interessen zu. Er sagte, das Kraftfahrt-Bundesamt fordere VW auf, "verbindlich zu erklären, ob sich das Unternehmen in der Lage sieht, die eingestandenen technischen Manipulationen zu beheben". "Wir erwarten einen verbindlichen Zeitplan, bis wann die technische Lösung vorliegt und bis wann sie umgesetzt werden kann." Dabei müssten die Verbraucherinteressen "vollumfänglich berücksichtigt werden".

Dobrindt machte die Zusage: "Wir achten darauf, dass sowohl die Aufklärung als auch die Transparenz als auch die Schadensbehebung als auch die vollumfängliche Berücksichtigung der Kundeninteressen auch so stattfindet. Und ich habe keinen Zweifel gegenüber Volkswagen daran gelassen, dass wir dies ständig aufmerksam begleiten werden und nicht nachlassen, bis der ganze Fall aufgeklärt ist." Keine einzige Maßnahme dürfe zulasten der Kunden gehen.

Volkswagen hatte bereits Manipulationen an rund elf Millionen Fahrzeugen weltweit eingeräumt. Seit Donnerstag war bekannt, dass im Einzelnen auch der europäische Markt betroffen ist. Darunter sind neben Modellen der Kernmarke VW auch Fahrzeuge der Töchter Audi, Skoda und Seat. Am Freitag bestätigte Dobrindt auch leichte  VW-Nutzfahrzeuge. Die verbaute Software ("Defeat Device") sorgt dafür, dass die Autos nur auf dem Prüfstand die gesetzlichen Grenzwerte beim Stickoxid-Ausstoß einhalten, im Betrieb auf der Straße aber nicht.

Grünen im Angriffsmodus

Dobrindt verwahrte sich in der von den Grünen beantragten Aktuellen Stunde erneut gegen den Vorwurf, die Bundesregierung habe von diesen Überschreitungen gewusst. Eine Vermischung mit der EU-Debatte über zuverlässigere Tests durch Messungen direkt im Auto sei "eindeutig unzulässig". Dobrindt stellte klar: "Wir arbeiten daran, dass die Bedingungen der Tests verbessert werden, und wir lassen keinen Zweifel daran, dass unzulässige Manipulationen nicht stattfinden dürfen - zumindest dürfen sie nicht ungestraft stattfinden."

Auch bei der Autoindustrie lassen die Grünen nicht locker. Sie verlangen von der deutschen Herstellern eine umfassende Offenlegung von Verbrauchs- und Abgaswerten. In einem Brief an den Präsidenten des Branchenverbands VDA, Matthias Wissmann, fordert Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter angesichts des Abgas-Skandals eine "umfassende Transparenzoffensive". Nur Offenheit könne den Schaden für die Branche begrenzen. "Aus diesem Grund müssen die deutschen Autokonzerne dringend sämtliche Informationen zum Stickoxid-Ausstoß der in Deutschland gebauten Diesel-Modelle offenlegen", heißt es in dem am Freitag verbreiteten Brief.

Wissmann warnte am Freitag auf der IAA davor, die ganze Branche "wegen des Fehlverhaltens Einzelner" an den Pranger zu stellen: "Pauschalurteile über VW und seine 600.000 Mitarbeiter weltweit, gar über die ganze Automobilindustrie oder über 'Made in Germany' sind unangemessen." Gleichzeitig betonte der Hersteller-Sprecher, dass Fahrzeuge auf der Straße automatisch andere Abgaswerte aufweisen als im Prüfzyklus: "Unterschiede sind physikalisch bedingt, und sie sind rechtmäßig." Auf der Straße herrschten nun mal keine Laborbedingungen. Trotzdem hätten die Unternehmen inzwischen eine moderne Diesel-Technologie entwickelt, die zu "niedrigsten Schadstoffemissionen" führe.

Großbritannien testet Abgaswerte erneut

Das britische Verkehrsministerium hat unterdessen angekündigt, Autos erneut zu testen. "Wo es nötig sei", würden Tests im Labor wiederholt und die Ergebnisse mit tatsächlichen Emissionen verglichen, sagte Verkehrsminister Patrick McLoughlin am Donnerstag in London. Die Regierung nehme die "inakzeptable Vorgehensweise" bei Europas größtem Autobauer "extrem ernst". Großbritannien fordere, europaweit zu untersuchen, welche Autos betroffen seien, sagte McLoughlin. Die britische Zulassungsbehörde arbeite mit Autoherstellern zusammen, um sicherzugehen, dass das Problem nicht branchenweit bestehe.

Die französische Regierung will die Abgaswerte von zufällig ausgewählten Fahrzeugen testen. Damit soll das tatsächliche Verhalten der Autos gecheckt werden, wie das Umweltministerium am Freitag in Paris mitteilte. Dies sei Konsequenz eines Treffen von Ministerin Ségolène Royal mit Vertretern von Automobilherstellern. Die Testergebnisse von 100 Autos unter realen Straßenbedingungen sollten mit Laborwerten verglichen werden. Gleichzeitig machte sich Royal für die Entwicklung eines europäischen Testsystems stark.

Auch das litauische Umweltministerium kündigte eine Untersuchung an. Es soll herausgefunden werden, wie viele betroffene Fahrzeuge es in dem baltischen Land gibt und welche Umweltschäden entstanden sind, sagte Umweltminister Kestutis Treciokas am Freitag in Vilnius. Das Ergebnis der Untersuchung soll in spätestens zehn Tagen feststehen. Treciokas geht allerdings nicht davon aus, dass die Zahl der Autos mit der in die Kritik geratenen Software zur Manipulierung des Schadstoffausstoßes in Litauen besonders groß sein wird. "In Litauen werden nicht viele Neuwagen gekauft, daher sollten es nicht viele sein. Auf jeden Fall aber werden wir versuchen, die Situation aufzuklären", betonte er.

Auch Indien springt auf den Zug auf

Die indischen Behörden haben ebenfalls eine Untersuchung der Fahrzeuge des deutschen Herstellers eingeleitet. In Indien gilt die Abgasnorm Euro 4, in Deutschland etwa gilt die strengere Norm Euro 6 für alle Neufahrzeuge. Die Automotive Research Association ARAI sei mit den Tests der Software und der Abgase beauftragt worden, sagte ein Sprecher des Schwerindustrieministeriums . Das dauere eine Woche. Würden indische Normen verletzt, werde reagiert. Ein Sprecher von Volkswagen in Indien wollte sich zunächst nicht äußern. Volkswagen verkaufte in diesem Jahr bislang 32.152 Fahrzeuge in dem aufstrebenden Schwellenland. (dpa)

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KOMMENTARE


wallibelli (E.Kühlwetter)

25.09.2015 - 16:38 Uhr

Lt. KBA Neuzulassungen entspricht die Gesamtzahl ziemlich genau den dt. Neuzulassungen von VW, Audi, Seat und Skoda der 2.0 TDI und 1.6 TDI-Motoren mit Abgasnorm EURO 5 und EURO 6. Die wurden seit Ende 2009 bis heute produziert.Juristisch besitzen die Autos keine Betriebserlaubnis. Eine Nachrüstung mit normgerechter Software ist möglich; würde jedoch in allen Fällen eine z.T. reduzierte Motorleistung zur Folge haben und damit erheblich vom Kaufgegenstand abweichen.VW muss im schlimmsten Fall die Autos wandeln bzw. bei VW-Bank-Geschäften einziehen und dem Kunden Schadensersatz bzw. andere Fahrzeuge mit Betriebserlaubnis liefern. Ich möchte nicht in der Haut der Händler stecken. Praktisch kann das KBA den weirteren Verkauf der 2.0 TDI und 1. 6 TDI Konzernmodelle ab sofort unterbinden. In USA ist das schon erfolgt. Fahrzeuge mit diesen Motoren besitzen z.Z. EU weit keine gültige Betriebserlaubnis.


EinHesse

25.09.2015 - 17:01 Uhr

Ich frage mich grade was da bei VW los ist. Geht nun die Salami-Taktik los? Ist der Kunde denn nicht mal mehr die volle Wahrheit wert? "Juhu wir haben Toyota eingeholt" (Stückzahlmäßig zumindest, vom Gewinn brauchen wir gar nicht reden)!Es wurde auf Toyota eingeschlagen, sodass die Händler heute noch die Nachwirkungen spüren, es wird auf GM eingeschlagen - und der größte Autobauer Europas kommt jetzt wirklich an und hofft das nicht alles gänzlich auffliegt? Ich fühle mich als Endverbraucher verarscht!


Tom

25.09.2015 - 19:47 Uhr

Sollten dann nicht alle diese Fahrzeuge in der Kfz Steuer neu kalkuliert werden?


S.Kress

25.09.2015 - 23:18 Uhr

Über was reden wir hier eigentlich? Wie sagt es Dirk Müller im Handelsblatt, "Es sind geschönte Abgaswerte" wo ist der Aufschrei gegen US-Kohlekraftwerke die ohne Filter Ihren Dreck in die Luft pusten. Hier soll die unliebsame deutsche Automobilwirtschaft massiv geschwächt werden, damit die US-Hersteller überhaupt ein paar Böcke auf die Straße kriegen. Wo ist der Aufschrei wenn so ein Pick-Up 20-25 l auf 100 km verbraucht? Detroit ist tot, warum wird das jetzt erst öffentlich gemacht, wenn bereits 2014 Unregelmäßigkeiten festgestellt und VW mitgeteilt wurden, warum also gerade jetzt, als der neue Passat in den USA vorgestellt wird? Und die Deutschen Politiker spielen hier den Wettbewerbern noch in die Karten mit Ihren Unqualifizierten Aussagen. Eine Schande ist das. Hier sind keine defekten Zündschlösser, keine kaputten Bremsen oder Airbags verbaut die Menschenleben gekostet haben, wie bei der so "sauberen" US-Konkurrenz, hier wurden Abgaswerte geschönt. Das diese Vorgenhensweise nicht in Ordnung ist, steht außer Frage, aber bitte mit etwas mehr Sachlichkeit und Verstand rangehen. Es werden ja auch höhere Verbrauchswerte akzeptiert, und die gehen wirklich ins Geld. Das wird aber ziemlich gelassen hingenommen.


Nordlicht

26.09.2015 - 10:33 Uhr

Dobrindt sagt, die Verbraucherinteressen bleiben gewahrt. Aha - und wer ist das? Die betrogenen Käufer oder auch die unter den erhöhten Abgasen leidenden anderen Verkehrsteilnehmer.? Was ist mit den Schäden an der Umwelt und der Gesundheit der Menschen? Rein rechtlich gehöhrten die betroffenen VWAUDISEATSKODA sofort stillgelegt! Aber der gut geschmierte Filzmotor mit VW-Polit-Gewerkschafts-Antrieb wird schon nicht in Stottern kommen!


Keke

26.09.2015 - 17:44 Uhr

Von einem Unternehmen, das im Motorsport über die hauseigene Tochtergesellschaft quattro GmbH Fahrzeuge einsetzt, die entweder Vorderrad- (TTRS) oder Hinterradantrieb (R8, A5 DTM-Silhouette) haben und nach dem Prinzip "win on sunday - sell on monday" sehr aktiv die Rennerfolge vermarktet, bin ich in Anbetracht dieses Skandales nicht überrascht oder enttäuscht. Vielmehr macht es mir Sorgen, daß dieses Unternehmen nicht nur viele technisch interessierte und versierte Käufer (darunter bestimmt auch kluge Ingenieure) mit der Vermarktung dieser lächerlichen Sporterfolge und den Marketing-Slogans wie "Vorsprung durch Technik" täuschen konnte, sondern einem so großen Unternehmen der deutschen Wirtschaft einen unvorhersehbaren Schaden zufügt.


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