Der frühere MAN-Chef Hakan Samuelsson ist nach Aussage eines Zeugen im Mai 2006 über fortgesetzte Schmiergeldzahlungen bei Lkw-Geschäften informiert worden. Im Bestechungsprozess gegen Ex-MAN-Vorstand Anton Weinmann sagte der frühere Leiter der zentralen Revision, er habe den Konzernchef und weitere Manager wie Finanzvorstand Karlheinz Hornung in einer Besprechung über Unregelmäßigkeiten bei Provisionszahlungen in Slowenien unterrichtet. "Das Wort Schmiergeldzahlungen habe ich wohl auch erwähnt", sagte der Mann am Dienstag vor dem Landgericht München – und weckte damit die Aufmerksamkeit der Staatsanwaltschaft.
Bei früheren Vernehmungen habe der Zeuge nämlich nicht erwähnt, Samuelsson informiert zu haben. Am Dienstag sagte er, sein oberster Vorgesetzter sei "erschüttert" gewesen. Gegen Samuelsson hatte die Behörde im Zuge der Aufklärung der Affäre nicht ermittelt. Weinmann wirft die Anklage hingegen vor, zumindest von Zahlungen in Slowenien und Belgien frühzeitig gewusst zu haben – und nicht dagegen vorgegangen zu sein. Im Kern geht es um die Frage, ob Weinmann von einem Entwurf für einen Vermerk wusste, in dem die interne Revision vor fortgesetzten Schmiergeldzahlungen in den Ländern warnte.
Weinmann bestreitet vehement, den Vermerk zu kennen. Er habe später lediglich einen "weichgespülten Bericht" bekommen, in dem von Schmiergeld keine Rede gewesen sei. Weinmann musste 2009 nach dem Bekanntwerden der Schmiergeldaffäre ebenso wie Samuelsson und andere Führungskräfte seinen Posten räumen. Die Anklage wirft ihm Beihilfe zur Bestechung im geschäftlichen Verkehr vor. Am kommenden Mittwoch wird das Verfahren fortgesetzt, vor der Verhandlungen wollen sich Richter, Staatsanwalt und Weinmann-Verteidiger Holger Matt zusammensetzen, um über den Verfahrensstand zu sprechen. Bisher waren Gespräche über ein einvernehmliches Ende des Prozesses gescheitert.
Erst das Schmiergeldsystem, dann das Geschäft
Weinmann weist alle Vorwürfe zurück und betont, er sei als verantwortlicher Vorstand energisch gegen die verbreitete Schmiergeldpraxis zwischen 2001 und 2007 vorgegangen. Bisher vernommenen Zeugen aus der Revision konnte sich – zur Verwunderung des Vorsitzenden Richters Hans-Joachim Eckert – nicht erinnern, ob sie Weinmann den Vermerk weitergeleitet oder den Vorstand mündlich über ihre Entdeckungen informiert haben. Ein weiterer Zeuge gab am Mittwoch anschaulich Einblick in das Schmiergeldsystem in Slowenien und gab an, dass MAN in dem Land erst Geschäfte machen konnte, nachdem ein System geschaffen wurde, in dem an Vermittler Geld floss.
Nachdem die Konzernrevision die Praxis, hohe Bargeldsummen an Vermittler zu zahlen, gestoppt hatte, überlegten sich die Beteiligten vor Ort eine Variante, bei der über eine Firma in Liechtenstein mit Konto in der Schweiz Vermittlergebühren in Rechnung gestellt wurden, die dann von MAN überwiesen wurden. Streitig ist, ob Weinmann von dieser Methode von der Revision unterrichtet wurde. (dpa)