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Fahrbericht Polestar 3: Der Reihe nach

13.06.2024 06:00 Uhr | Lesezeit: 3 min
Der Polestar 3 rollt in China und in den USA vom Band.
© Foto: Polestar

Mit erheblicher Verspätung bringt Polestar jetzt ein neues Modell auf den Markt. Mit der dritten Baureihe ist die schwedisch-chinesische Marke zum Erfolg verdammt.

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In den Showrooms von Polestar herrscht Modellflaute. Mal abgesehen von dem in Kleinserie produzierten Polestar 1 war das Mittelklasse-Modell Polestar 2 bislang das einzige Modell der 2018 ambitioniert gestarteten Marke, die zum chinesischen Geely-Konzern gehört. Corona, Halbleiter-Krise und zuletzt Probleme bei der Software-Entwicklung verzögerten den geplanten Ausbau der Palette. Jetzt soll es gleich Schlag auf Schlag gehen. Zwei neue Baureihen starten noch in diesem Jahr, dann sollen jährlich neue Produkte folgen. Den Auftakt macht das 4,90 Meter lange SUV Polestar 3 zu Preisen ab 85.590 Euro.

Die Namensgebung ist wörtlich zu nehmen: Der Polestar 3 ist das dritte Modell des Volvo-Spinouts unter Eigenregie, das auch in Zukunft die Baureihen in aufsteigender Folge durchnummerieren will. Er ist zudem die Eintrittskarte ins beliebte SUV-Segment, von der sich Polestar Wachstum erhofft. Und der ist bitter nötig. Schließlich sind Verkaufszahlen und Aktienkurs seit Monaten im Sinkflug. Die Erwartungen an das erste SUV der Elektro-Marke sind also gewaltig, der Erfolgsdruck ist es ebenso.


Polestar 3

Polestar 3 Bildergalerie

Das neue Modell rollt in China und in den USA vom Band. Die Produktion übernimmt die frühere Muttergesellschaft Volvo. Der Polestar 3 nutzt dabei die EV-Architektur SPA2, die er sich mit dem Volvo EX90 teilt. Er ist außerdem das erste Fahrzeug des Herstellers mit leistungsfähigen Steuergeräten des Techgiganten Nvidia. Sie stellen die Basis für Fahrassistenten und verwalten alle Daten der fünf Radarmodule und Kameras sowie zwölf Ultraschallsensoren.

Zum Markstart ist der schwedisch-chinesische 3er in zwei Leistungsstufen erhältlich, immer mit Allradantrieb und zwei E-Motoren, aktiver Drehmomentregulierung sowie einer großen 111-kWh-Batterie. Um Polestars sportliches Selbstbild zu betonen, lenkt das System die Leistung dabei tendenziell mehr auf die Hinterräder. Wie eigentlich allen Elektroautos gelingt es auch diesem Schwergewicht, einem das Gefühl von Leichtigkeit vorzugaukeln. Trotz der Masse von mehr als 2,5 Tonnen bewegen sich beide Varianten schnell und agil.

Während das Einstiegsmodell mit 360 kW / 489 PS den Spurt von 0-100 km/h in 5,0 Sekunden bewältigt, gelingt das mit dem optionalen Performancepaket (6.600 Euro Aufpreis) und 380 kW / 517 PS in knapp 4,7 Sekunden. Die Topspeed ist bei beiden auf 210 km/h begrenzt. Das Gewicht vergisst man auch dank der aktiven Luftfederung, die sich dreistufig einstellen lässt und die Höhe automatische reguliert.

Polestar 3: Mit bis zu 250 kW laden

Einpedal-Fahren im Stadtbetrieb spart dabei ebenso Energie wie das Cruisen mit entkoppelten Heckmotor. Die effizientere Version kommt so auf einen Verbrauch von etwas mehr als 20 kWh/100 km und damit eine offizielle Reichweite von fast 630 Kilometern. Mit dem Performance-Paket sinkt diese auf 561 km. Etwas enttäuschend lädt der Polestar an der Wallbox mit nur maximal 11 kW, an der Gleichstromsäule wiederum gelingt die Schnellladung von 10-80% mit bis zu 250 kW in 30 Minuten.

Fast wichtiger als souveräne Fahreigenschaften ist bei Polestar die Optik. Denn die Marke ist durch und durch Design-getrieben. CEO Thomas Ingenlath zeichnete zuvor verantwortlich für das Styling bei Volvo. Schon dort mit im Team: der heutige Polestar-Designchef Maximilian Missoni. So ist auch der Polestar 3 bis ins kleinste Detail ein optischer Leckerbissen. Er steht immer noch hoch- und breitbeinig da, eben wie ein SUV. Seine niedrige Dachlinie, die schlanken Holmen und wohldosierte Proportionen versprühen im Wettbewerb aber auch einen Hauch Minimalismus. Gegenüber den Rivalen wie den Mercedes EQE SUV oder BMW iX baut er immerhin um sieben bzw. acht Zentimeter niedriger.


Polestar Synergy

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Erheblichen Aufwand hat Designer Missoni bei der Aerodynamik betrieben. Ein in die Fahrzeugnase integriertes Flügelelement sorgt für einen gleichmäßigen Luftstrom entlang der Windschutzscheibe und des durchgehenden Panorama-Glasdachs. Zum Heck verjüngt sich das Fahrzeug zudem Coupé-artig, wo ein weiterer Flügel Verwirbelungen hintenraus unterdrückt. Wer meint, das führt zu einem beengten Raumgefühl im Fond, der täuscht sich. Dank des Radstands von fast drei Metern und den Verzicht auf eine in der Klasse durchaus üblichen dritten Reihe ist der Innenraum für die Insassen beider Reihen geräumig, hell und luftig. Der Gepäckraum mit nur 484 Litern hinter den Rücksitzen ist dabei eher begrenzt. Allerdings versteckt sich unter dem Ladeboden ein weiteres Fach mit knapp 90 Litern und im Bug lassen sich Ladekabel im 30-Liter-Frunk verstauen.

Polestar 3: Gelungener Spagat

Verspielt, aber hochwertig wirken die kleinen Beschriftungen am und im Fahrzeug. So liest man auf der Blende zwischen den Scheinwerfern „SmartZone Sensor cluster“ als Verweis auf den beheizten Frontrader und die Kamera. Auf den Türen stehen Angaben zur Batteriekapazität sowie Leistung und auf den Sitzen erfahrt man mehr zum verwendeten Material. Polestar betont dabei die Nachhaltigkeit und verspricht tierschutzzertifiziertes Leder, vollständig rückverfolgbare Wollbezüge oder recyceltes Polyestergewebe als vegane Alternative.

Gut gelungen ist der Spagat zwischen reduziertem Innenraum, Funktionalität und digitaler Steuerung, wobei der ein oder andere sich wohl mehr Knöpfe und Regler wünschen wird. Doch die Menüs sind logisch sortiert und die teils individuell belegbaren Shortcut-Tasten am unteren Rand des Bildschirms garantieren Schnellzugriff auf die wichtigsten Funktionen. Das zentrale 14,5-Zoll-Display ist im Hochformat ausgerichtet und nutzt ein gründlich überarbeitetes Android-Auto/Google-Setup. Das Infotainment-System von Volvo trimmt das UX-Team mit Hilfe von maßgeschneiderten Icons und Schriften auf Polestar-Optik. Einzig verbliebene haptische Regler: Hebel für den Gangwähler, Blinker und Wischer, der Lautstärkeregler für das Audiosystem sowie zwei Bedienkreuze auf dem Lenker.


Polestar 2 (Facelift 2024)

Polestar 2 Facelift schräg von vorn fotografiert Bildergalerie

Die Produktion des Polestar 3 ist in China bereits angelaufen, die ersten Fahrzeuge werden im Sommer an die Kunden übergeben. Zum Start gibt es die Launch Edition mit Preisvorteil und Bower & Wilkins-Soundanlage inklusive Dolby Atmos. Ab Sommer 2025 kommt der Polestar 3 mit zusätzlichem Lidar-System, der das Modell auf Level 3 für hochautomatisiertes Fahren hebt.


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