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Mercedes-Benz: Schwere Unfälle als Forschungsbasis – seit 50 Jahren

21.01.2020 22:26 Uhr
Mercedes-Benz: Schwere Unfälle als Forschungsbasis – seit 50 Jahren
50 Jahre Mercedes-Benz Unfallforschung: 1969 fiel der offizielle Startschuss für das Projekt Unfallforschung.
© Foto: Mercedes-Benz

Die Realität als Maßstab: Seit genau einem halben Jahrhundert untersuchen Mercedes-Benz Experten schwere Unfälle, an denen Fahrzeuge der eigenen Marke beteiligt sind. Die Erkenntnisse der MB-Unfallforschung (UFO) werden seither in der Modellpflege und Neuentwicklung für weitere Optimierungen genutzt.

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Sicherheit wird bei Mercedes-Benz seit langem groß geschrieben. Noch bevor der schwäbische Hersteller 1969 in die professionelle Unfallforschung einstieg, begann er bereits zehn Jahre davor mit systematischen Crashtests. Am 10. September 1959 fand der erste Test in der Geschichte der Marke statt: Dabei prallte ein Versuchswagen frontal gegen ein festes Hindernis. Das läutete eine neue Ära für die Sicherheitsforschung ein. Denn seitdem lässt sich das Verhalten von Fahrzeugen und Insassen bei Autounfällen anhand der Testwagen und Versuchspuppen genauer untersuchen. Crashtests sind der Realität nachempfunden.

Fast 5.000 Crashuntersuchungen mit "UFO"

Direkt mit der Unfallwirklichkeit beschäftigt sich allerdings die MB-Unfallforschung, die intern kurz "UFO" genannt wird. 1969 gegründet, ist sie eine der ältesten derartigen Abteilungen der weltweiten Automobilindustrie. Seitdem haben die Mitarbeiter insgesamt mehr als 4.700 Verkehrsunfälle untersucht und rekonstruiert. "Der ganzheitliche Ansatz der Mercedes-Benz Sicherheitsentwicklung verfolgt zwei Ziele, nämlich Unfälle zu vermeiden und Unfallfolgen zu mindern", betont Professor Rodolfo Schöneburg, Mercedes-Benz Centerleiter Fahrzeugsicherheit, Betriebsfestigkeit und Korrosionsschutz. "Unsere Sicherheitsphilosophie lautet ‚Real Life Safety‘. Das reale Unfallgeschehen ist für uns daher neben Simulationen und Crashversuchen ein wichtiger Aspekt. Entscheidende Erkenntnisse aus der Unfallpraxis liefert unsere Unfallforschung."

Systematische Rekonstruktion von Kollisionen

Dank der Kooperation von UFO mit dem Innenministerium des Landes Baden-Württemberg meldet sich die Polizei, wenn sich im Umkreis von rund 200 Kilometern um Sindelfingen bei Stuttgart ein schwerer Unfall mit Beteiligung eines aktuellen Modells von Mercedes-Benz oder smart ereignet hat. Die Arbeit der Forscher beginnt meist am Unfallfahrzeug in der Werkstatt, in die es gebracht wurde. Im nächsten Schritt wird der Unfallort besucht, um den Hergang auch bei Alleinunfällen zu rekonstruieren.

Wenn alle Informationen vorliegen, erfolgt die systematische Rekonstruktion der Kollision. Die Ergebnisse werden schließlich mit den Daten anderer Unfälle verglichen, sodass die Automobilingenieure im Laufe der Zeit ein genaues Bild über typische Schadensmuster bekommen und Erkenntnisse für die Entwicklung neuer, noch wirksamerer Schutzsysteme gewinnen. Um ihre Neutralität als Forscher nicht zu gefährden, erstellen die UFO-Experten grundsätzlich keine Gutachten für Unfallbeteiligte oder als Sachverständige für die Justiz.

Mehr Sicherheit dank Unfallforschung

Von der akribischen Detektivarbeit und den gewonnenen Erkenntnissen profitieren alle Verkehrsteilnehmer, ist der Hersteller überzeugt: Zahlreiche Mercedes-Benz Sicherheitsinnovationen wie der Windowbag oder PRE-SAFE wurden auf Grundlage der UFO-Erkenntnisse aus der Unfallpraxis entwickelt. Die Ergebnisse dienen ebenso als Basis zur Entwicklung praxisgerechter Prüfverfahren und Normen. Dazu zählt beispielsweise der erstmals 1973 durchgeführte Offset-Crashtest. Er beruht auf der Erkenntnis, dass bei rund drei Viertel aller Frontalkollisionen die Autos nur mit einseitiger, also nicht vollständiger Überdeckung der Fahrzeugfronten zusammenprallen.

Wenn Tests optimiert werden

Der 55-km/h-Frontal-Crashtest mit 40-prozentiger Überdeckung gegen die starre Barriere gehörte lange Zeit zu den härtesten Prüfbedingungen für die Karosseriestruktur nicht nur eines Mercedes-Benz Pkw. Die starre Barriere wurde abgelöst von einer deformierbaren. Denn die Unfallforschung hatte gezeigt, dass eine solche Barriere sowie eine nach oben angepasste Testgeschwindigkeit das reale Unfallgeschehen noch besser abbilden.

Internationaler Austausch & AR

Mit Kollegen in Indien und China ist die Mercedes-Benz Unfallforschung seit einigen Jahren auch international aufgestellt. Die fernöstlichen Unfallforscher profitieren von der Expertise aus Sindelfingen. Mit Hilfe von AR-Brillen (Augmented Reality, um digitale Inhalte ergänzte Realität) können sie sich direkt und in Echtzeit mit den Kollegen austauschen und so eine gemeinsame Analyse durchführen, obwohl die deutschen UFO-Experten nicht vor Ort sind.

Vom Realcrash zum Fahrerassistenzsystem

Seit 1972 untersucht auch die Nutzfahrzeug-Unfallforschung bei Daimler deutschlandweit Unfälle von Mercedes-Benz Lkw, um daraus Maßnahmen für die Aktive und Passive Sicherheit abzuleiten. Dokumentiert werden grundsätzlich alle Informationen zum Unfallhergang, zu den beteiligten Fahrzeugen und zu den Schäden. Ebenso suchen die Unfallforscher nach Auffälligkeiten etwa in Bezug auf die Häufigkeit von Unfallarten, die Erkennbarkeit bestimmter Ablaufmuster oder die Verletzungen der Unfallbeteiligten. Auf Basis dieser Analyse leiten die Unfallforscher Änderungsmaßnahmen ab, die in zukünftige Mercedes-Benz Anforderungen münden. So entstand vor einigen Jahren die Idee zum Abbiege-Assistenten, der bei Mercedes-Benz ab Werk für viele Lkw-Modelle auf dem Markt erhältlich ist.

Forschungen mit Fokus auf den Transportern gibt es ebenfalls schon seit den 70er-Jahren. Die verschiedenen Bereiche waren zunächst jedoch anderen Sparten zugeordnet. Seit Sommer 2015 hat auch Mercedes-Benz Vans eine eigene Unfallforschung. Vom Hauptquartier im Werk Untertürkheim aus untersuchen die Ingenieure ausgewählte Unfälle, in die Transporter von Mercedes-Benz verwickelt waren. (wkp)

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