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Arbeitskreis VII: Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt rüttelt am Opferschutz

04.02.2020 20:52 Uhr
Arbeitskreis VII: Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt rüttelt am Opferschutz
Beim Anschlag auf den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz im Berliner Ortsteil Charlottenburg steuerte der islamistische Terrorist Anis Amri am 19. Dezember 2016 gegen 20 Uhr einen Sattelzug in eine Menschenmenge. Dabei starben 12 Menschen und 55 wurden verletzt.
© Foto: dpa / picture alliance / Britta Pedersen

"Opferschutz nach Breidscheidplatz" und die "Verantwortung von Staat und Versicherungswirtschaft" waren die zentralen Themen des AK VII, in dem speziell die Entschädigung von Opfern nach terroristischen Anschlägen geklärt werden sollte. Empfohlen wurde letztlich die Abschaffung der derzeitigen Ungleichbehandlung zu Ungunsten von Terroropfern, eine verbindliche Festlegung von deren Ansprüchen und der Aufbau zentraler Opferschutz-Strukturen.

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Bisher wird bei der Entschädigung von Opfern von Straftaten differenziert, ob es sich um einen terroristischen Anschlag oder eine andere Straftat (z. B. auch im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen) handelt.

"Betroffene sind schlicht überfordert"

Rund drei Jahre liegt inzwischen der Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz zurück. Die Entschädigung der Opfer und Hinterbliebenen hat sich für die beteiligten Stellen als eine komplexe Herausforderung erwiesen, da über die Anwendung der Härtefallklausel des Opferentschädigungsgesetzes neben dem zivilrechtlichen Direktanspruch auch öffentlich-rechtliche Ansprüche auf Entschädigung bestehen.

Die Mehrheit der Betroffenen war und ist mit der Vielzahl der möglichen Leistungsträger und Ansprüche oftmals überfordert. Auch hat der Anschlag viele Fragen aufgeworfen:
• Ist es geboten, bei der Entschädigung zwischen terroristischen Anschlägen und anderen Gewalttaten zu differenzieren, obwohl aus Sicht der Opfer die Motivation des Täters regelmäßig egal ist?
• In welchem Verhältnis stehen die zahlreichen möglichen Ansprüche insbesondere nach der Richtlinie zur Zahlung von Härteleistungen für Opfer terroristischer Straftaten, nach dem Opferentschädigungsgesetz und dem Pflichtversicherungsgesetz gegen die Verkehrsopferhilfe/den KH-Versicherer, die Unfallkassen, die Rentenversicherung und die zuständigen Landesbehörden zueinander?
• Auf welche Weise lässt sich die Geltendmachung von Ansprüchen für die Opfer, die typischerweise noch mit den physischen und psychischen Folgen der Tat zu kämpfen haben, erleichtern?
• Welche Hilfestellungen jenseits von Geldleistungen sind geboten?

Neuer Gesetzentwurf bereits in Vorbereitung

All diesen und weiteren Fragen widmete sich der Arbeitskreis gezielt. Nicht zuletzt wissend, dass die Thematik von besonderer Aktualität ist, da sie auch den Gesetzgeber auf den Plan gerufen hat: Der Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts (SGB XIV) stellt – auch wenn die Regelungen über terroristische Anschläge hinausgehen – ausdrücklich eine Reaktion auf den Anschlag vom Breitscheidplatz dar. Der Gesetzentwurf soll daher die Erkenntnis umsetzen, dass es geboten ist, Opfern von Gewalttaten schneller und zielgerichteter Leistungen zu verschaffen.

Forderung nach "Fachanwalt für Personenschadenrecht"

Zum Abschluss des 58. Verkehrsgerichtstages kamen nachfolgende sechs Empfehlungen zustande, die von von Goslar aus an die Bundesregierung weitergeben wird:

1. Der Arbeitskreis begrüßt nahezu einstimmig die Verbesserungen des Opferschutzes in praktischer und finanzieller Hinsicht, die nach dem Terroranschlag auf dem Breit- scheidplatz erfolgt sind.

2. Der Arbeitskreis sieht nach ausführlicher Diskussion mit deutlicher Mehrheit keinen Anlass, die Härteleistungen für Opfer von Terror und Extremismus auf weitere Opfergruppen auszudehnen.

3. Der Arbeitskreis empfiehlt mit überwältigender Mehrheit, dass Terroropfer unabhängig vom Tatmittel (Kfz oder andere) die gleichen Ansprüche haben. Damit soll die derzeit bestehende Ungleichbehandlung beseitigt werden.

4. Der Arbeitskreis empfiehlt mit überwältigender Mehrheit, zur Rechtssicherheit und zur Vermeidung langwieriger Auseinandersetzungen, die Kongruenz der zivil- und öffentlich-rechtlichen Ansprüche der Opfer von Terroranschlägen verbindlich festzulegen. Die Notwendigkeit dafür ergibt sich aus der Neuregelung des § 18 Sozialgesetzbuch XIV.

5. Der Arbeitskreis empfiehlt einstimmig, dass alle Bundesländer zügig zentrale Strukturen (insbesondere Opferbeauftragte) zum Opferschutz schaffen.

6. Der Arbeitskreis empfiehlt mehrheitlich die Einführung eines Fachanwalts für Personenschadensrecht. Damit kann den besonderen Herausforderungen der Interessenwahrnehmung auch von Terroropfern besser Rechnung getragen werden. (wkp)

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