Der konkrete Sachverhalt, bei dem am Ende das Bundesverfassungsgericht ein Urteil des Amtsgerichts Braunschweig aufgehoben hat (BverfG Beschluss v. 20.12.2018, Az: 1 BvR 1155/18), stellt sich wie folgt dar:
In dem gegenständlichen Verfahren vor dem Amtsgericht hat die ETL Kanzlei Voigt für den Geschädigten u. a. restliche Mietwagenkosten gegen die Versicherung des Unfallgegners geltend gemacht. Die Versicherung bestritt die Erforderlichkeit des Mietwagens, da mit diesem nur eine relativ geringe Fahrleistung erbracht wurde.
Das Gericht übermittelte die Klageerwiderung, ohne dem Geschädigten eine Frist zur Stellungnahme zu setzen. Die Voigt-Anwälte haben in der mündlichen Verhandlung für den Geschädigten darauf hingewiesen, dass dieser dringend auf ein Mietfahrzeug angewiesen war.
Öffentliche Verkehrsmittel waren keine Alternative
Der Geschädigte wohnt im ländlichen Raum und muss – wie auch während des Mietzeitraums – werktäglich um 5:45 Uhr zur Arbeit fahren. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln wäre dies unmöglich gewesen. Die Ehefrau des Geschädigten hätte dies bezeugen können.
Das Amtsgericht wies die Klage hinsichtlich der Mietwagenkosten ab, ohne das Vorbringen des Geschädigten zu berücksichtigen und die Ehefrau hierzu als Zeugin zu hören. Das Beweisangebot hielt das Amtsgericht für verspätet.
Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts hat die Kanzlei Voigt für den Geschädigten daraufhin Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht erhoben. Die mit dem Rechtsstreit betrauten Anwälte vertraten die Auffassung, dass das Amtsgericht eine Beweisaufnahme hätte durchführen müssen.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Das Bundesverfassungsgericht sah dies genauso. Es entschied, dass das Amtsgericht den Geschädigten in seinem Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt hat. Der Vortrag des Geschädigten, dass er dringend auf ein Mietfahrzeug angewiesen war, sei ein zu berücksichtigender Vortrag eines Unfallgeschädigten, der bei einer erfolgreichen Beweisaufnahme dazu führen kann, dass die Mietwagenkosten – trotz der geringen Fahrleistung – zuzusprechen sind. Hinzu kam, dass das Amtsgericht dem Geschädigten zuvor keine Frist für seinen Vortrag gesetzt hatte. Dieser konnte daher auch nicht verspätet gewesen sein.
Zur Entscheidung des Amtsgerichts, den Vortrag des Geschädigten nicht zu berücksichtigen und die Zeugin nicht anzuhören, heißt es in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wörtlich: Die Zurückweisung des Beweisangebots ist hier das Ergebnis einer offenkundig unrichtigen Rechtsanwendung.
Da eine erfolgreiche Beweisaufnahme zugunsten des Geschädigten keinesfalls ausgeschlossen sei, konnte das Urteil keinen Bestand haben.
Das Bundesverfassungsgericht wies die Sache an das Amtsgericht zurück. Dieses muss nun die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts beachten und eine Beweisaufnahme durchführen. Der Text der Entscheidung kann über die Webseiten des Bundesverfassungsgerichts abgerufen werden. (wkp)