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Coronakrise: BVdP weitet Hilfsmaßnahmen für Betriebe aus

12.04.2020 10:34 Uhr
Coronakrise: BVdP weitet Hilfsmaßnahmen für Betriebe aus
Auf der Netzwerkstatt 2019 war die Welt noch in Ordnung. In der aktuellen Corona-Krise haben die BVdP-Vorstände Sönke Neubauer, Reinhard Beyer (Vorsitzender) und Markus Stegmann gerade nichts zu lachen.
© Foto: BVdP

Die BVdP-Führung geht beim eigenen persönlichen Einsatz und auch wirtschaftlich derzeit an die Grenzen, um die 550 Mitgliedsbetriebe durch die Coronakrise zu bringen. In kürzester Zeit wurde eine ganze Reihe von Corona-Hilfsmaßnahmen gestartet. Sie reichen von direkter finanzieller Entlastung bis zu klaren Forderungen an Auftraggeber.

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Das erste Sofortmaßnahmenpaket wurde am 26. März vom Vorstand – bestehend aus Reinhard Beyer (Vorsitzender), Markus Stegmann und Sönke Neubauer – beschlossen und tagesgleich umgesetzt (wir berichteten). Die Einstiegsaktion umfasste direkte finanzielle Entlastungen der vorwiegend in der Schadensteuerung aufgestellten K&L Betriebe.

650.000 Euro – ohne spätere Rückerstattung

Konkret wurde für 2020 der Jahresmitgliedsbeitrag von 1.000 auf 500 Euro halbiert. Seit April bis Dezember 2020 liegt zudem der Monatsbeitrag für die Teilnahme an den Best-Practice-Zirkeln bei lediglich 40 statt 80 Euro. Gleiches Vorgehen für die Teilnahme an der Leistungsmarke m.o.r.e.: 100 Euro Monatsgebühr statt bisher 200. Die Entlastung für einen Betrieb beträgt bis zu 1.760 Euro im laufenden Jahr, teilte der BVdP mit. Sie soll die Liquidität und die Investitionsfähigkeit der Betriebe mit absichern. Einen späteren Ausgleich, sprich Rückerstattung an den Verband, werde es nicht geben. Auch die Leistungen für die Betriebe sollen trotz der Mindereinnahmen "in vollem Umfang erhalten werden", teilte Projectmanager Marco Senger mit.

Wenn man die Struktur der gut 550 BVdP-Betriebe (unterschiedliche Mitgliedsbeiträge für Haupt- und Nebenbetriebe/Filialen), ferner die 210 m.o.r.e.-Betriebe sowie die Teilnehmer an den Best-Practise-Zirkeln einmal einzeln betrachtet und bei allen regulären Beiträgen die Hälfte der Einnahmen bei den Mitgliedsunternehmen belässt, dann kommt nach Berechnungen unserer Redaktion eine belastbare Summe von 650.000 Euro zusammen, die direkt bei den Betrieben verbleiben wird.

Virtuelle Best Practice Zirkel

Die zweite Maßnahme verkündete der BVdP am 27. März: Ab diesem Tag waren die Best Practice Zirkel (BPZ) auf virtuelle Meetings umgestellt. Marco Senger, der seit März auch Verbands-Sprachrohr der BVdP-Beschlüsse ist: "Noch nie waren die Best Practice Zirkel des BVdP so wichtig für die Teilnehmer wie jetzt." In den virtuellen Meetings könnten sich die Teilnehmer nun in Begleitung eines erfahrenen Moderators unter vertrauenswürdigen Kollegen austauschen und die für Ihren Betrieb beste Vorgehensweise finden, um sicher durch die Krise zu kommen. Auch für virtuelle Workshops, welche BPZ-Teilnehmer kostenlos nutzen können, wurden entsprechende Grundlagen geschaffen. Etwaig notwendige Software stellt der Verband entgeltfrei zur Verfügung.

Appell an alle Schadenslenker

Die dritte Verbandsmaßnahme war ein Appell des BVdP-Vorstandsvorsitzenden Reinhard Beyer, den er direkt an alle Schadensteuerer richtete. Gleich eingangs seines Statements stellt Beyer fest, dass das "Premiumprodukt Schadensteuerung von Anfang an verramscht und verschleudert wurde wie beim billigen Jakob". Zur gesundheitlichen Bedrohung durch Corona sei für viele Betriebsinhaber "auch noch die blanke Existenzangst" hinzugekommen.

Im Gegensatz zu anderen Branchen dürften Autoreparaturwerkstätten zwar weiterhin arbeiten. "Doch wie lange noch gibt es Ersatzteile? Wann trifft uns der Virus und wir müssen in Quarantäne? Wann kommt der finanzielle Kollaps? Wie lange können wir unsere Existenz halten?" Nicht wenige seiner Kollegen, so Beyer, "fragen sich, warum sie diesen Job eigentlich noch machen sollen. Pulvere ich meine Ersparnisse jetzt in einen Betrieb, den es in einem halben Jahr nicht mehr gibt"?

K&L-Betriebe, die sich zusätzlich mit Autoservice beschäftigen, träfe die Situation noch härter. Alle Unternehmer machen sich laut Beyer ihre Gedanken – auch, was nach der Krise komme, wenn man sie denn wirtschaftlich überlebe: "Die Schadensteuerungsbetriebe, zum größten Teil organisiert im BVdP, rufen schon lange in den Markt, dass ihre Investitionsfähigkeit erhalten bleiben muss. Dass es Facharbeitermangel gibt. Dass Mitarbeiter besser bezahlt werden müssen. Dass Ersatzteilmargen erhalten bleiben müssen."

"Mehr Geld – jetzt!"

Steuerer und angeschlossene Versicherer zeigen, so Beyer, "im Moment durchaus Verständnis und schieben einiges an, um zumindest Liquidität von sich selbst auf die Betriebe zu verlagern". Die Betriebe könnten sich damit alleine aber nicht zufrieden geben, sondern müssten laut vernehmbar zum Ausdruck bringen: "Wenn ihr uns jetzt nicht mehr Geld gebt, braucht ihr uns bald gar keins mehr zu geben und ihr könnt Eure Unfälle in Euren Lobbys selbst reparieren!"

Spätestens jetzt werde auch den "Volumenkunden unmissverständlich klar, dass das Ursprungskonzept der Schadensteuerung – Auslastungssicherung gegen niedrige Konditionen – endgültig gescheitert ist, weil es einfach keine ,guten‘ Aufträge mehr gibt". Von daher müssten nun alle Betriebe "endlich gemeinsam dafür einstehen, dass wir sofort viel mehr Geld brauchen". Die Coronakrise verursache "zusätzlichen Raubbau an unserer Investitionsfähigkeit". Schon in den zurückliegenden Jahren seien den Betrieben lediglich "lächerliche Margen" geblieben, mit denen "bereits Viele an der wirtschaftlichen Existenzfähigkeit kratzten".

Lackmaterial, volle ET-Marge und mittlerer Dekra-SVS

Gerade deshalb dürften es die "großen Workprovider jetzt nicht bei oberflächlichen Maßnahmen belassen, wenn sie es wirklich ernst damit meinen, dass sie gemeinsam mit uns durch die Krise gehen wollen. Dann müssen sie die Verrechnungssätze jetzt sofort mindestens auf das Niveau der mittleren ortsüblichen Verrechnungssätze laut Dekra anheben und mindestens bis zum Ende der Coronakrise bezahlen", so Beyer wörtlich. Mehr noch: Jegliche Marge aus dem Ersatzteilgeschäft müsse dringend bei den Betrieben belassen werden. Und die "jetzt offensichtlich sogar noch dazu kommenden Logistikkosten“ seien von den Auftraggebern selbst zu übernehmen – "ohne Wenn und Aber". Jeder Steuerer sollte außerdem das "Lackmaterial vollständig bezahlen" und mit dem "sich brüsten" darüber aufhören, "wer gerade den niedrigsten Stundenverrechnungssatz verhandelt hat". Stattdessen "muss endlich unsere Leistungsfähigkeit wieder im Vordergrund stehen und nicht, wer am billigsten arbeiten kann".

Gemeinsam zusammenstehen

Dass es für den BVdP nach der Coronakrise kein "weiter so" geben kann, sagte der Vorstandsvorsitzende ebenfalls sehr klar: "Danach muss endlich ein für uns akzeptables Erlös-Niveau erreicht werden, damit wir unseren Mitarbeitern, unseren Nachfolgern, unseren Familien und auch uns selbst wieder eine halbwegs sichere Zukunft geben können." Die Mitgliedsbetriebe rief er in seinem Appell zum "zusammenstehen" auf und warnte davor, sich "in Gruppen, Grüppchen und Einzelbetriebe aufspalten" zu lassen.

Den BVdP-Volumenkunden gab Beyer das Versprechen, im Gegenzug das Geschäftsmodell Schadensteuerung erfolgreich zu erhalten. Denn ohne die darauf spezialisierten K&L Betriebe gäbe es in Deutschland "nicht die extrem hohe Qualität in der Unfallreparatur und damit viel weniger Sicherheit".

"Zeichen der Solidarität" gefordert

Die Kfz-Sparte der Versicherungen spare derzeit viel Geld wegen geringer Schadenhäufigkeit ein und werde wohl die vereinnahmten, ursprünglich höher kalkulierten Prämien nicht an die Versicherten rückerstatten. Der BVdP hofft deshalb, "dass dieser zusätzliche Gewinn der Versicherer nicht zu unserem Schaden wird". Beyer appellierte an die Steuerer: "Setzt ein echtes Zeichen der Solidarität. Gebt uns bis zum Ende der Coronakrise wirklich den Dekra-Satz. Lasst uns unsere Teilemargen. Zahlt unser Lackmaterial. Übernehmt unsere Logistikkosten. Und gebt uns nach der Coronakrise endlich so viel Geld, dass wir unsere Betriebe sicher fortführen können. Dann kommen wir wirklich gemeinsam durch die Krise."

Corona Digital-Forum

Am 1. April gab Projectmanager Marco Senger schließlich die Bereitstellung des „BVdP Corona Forum“ als vierte Maßnahme bekannt. Dieses virtuelle Plattform dient den Betrieben als Informationsquelle und zum thematischen Austausch über das Thema Corona: Infos werden in einzelnen Themengruppen zusammengeführt, die die als Nutzer registrierten Kollegen in einer Art Webinar untereinander diskutieren können. Darüberhinaus können eigene Fragen eingestellt und Einzelunterhaltungen mit bestimmten Nutzern geführt werden.

FLI-Gespräche – Suche nach dem Ausweg

Der BVdP konzentriere „all seine Kräfte darauf, die Erlöse und Deckungsbeiträge für die Schadenssteuerungsbetriebe jetzt und in Zukunft so weit wie nur irgendwie möglich zu sichern“, schrieb Projectmanager Marco Senger schließlich am 9. April an alle Mitgliedsbetriebe. Als fünfte Hilfsmaßnahme präsentierte er dabei die Ergebnisse einer "bisher beispiellosen Lobbykampagne im Sinne unserer Mitglieder und der gesamten Steuerungsbranche". Dafür führe der Vorstandsvorsitzende Reinhard Beyer "zurzeit persönlich Gespräche und Konferenzen mit den Verantwortlichen von HUK, Innovation Group, DEVK, Allianz, SPN, HDI, DMS und anderen". In der nächsten Runde nach Ostern solle mit Vertretern aus Flotte und Leasing gesprochen werden.

Der BVdP-Vorstand ist sich nach eigenem Bekunden einig, dass "eine solidarische Vorgehensweise aller mit Volumenkunden arbeitenden Betriebe und deren Verbänden" gebraucht werde. Deshalb tausche man sich parallel auch mit Partnerverbänden über eine Kräftebündelung aus, "um gemeinsam mehr erreichen zu können". Mit den Werkstattbeiräten der Steuerer wolle man ebenfalls Kontakt aufnehmen, "um abzuklären, ob eine gemeinsame Generalrichtung möglich ist". Erste Ergebnisse aus diesen Gesprächen werden zeitnah erwartet.

"Wir sind absolut davon überzeugt, dass die Steuerungsbetriebe noch nie so darauf angewiesen waren, ein gemeinsames Sprachrohr zu haben", resümierten die Vorstände Reinhard Beyer, Markus Stegmann und Sönke Neubauer und richteten deshalb eine finale "Bitte an alle Verbände, ihre Kraft jetzt zu vereinen und gemeinsam aufzutreten". An die Betriebe gerichtet, wurde darum gebeten, "sich nicht durch Angst getrieben gegenseitig zu zerfleischen", sondern sich geschlossen "hinter den Forderungen des BVdP zu vereinigen". (wkp)

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