Das Allianz-Zentrum für Technik (AZT) in Ismaning hat am Mittwoch einen neuen Crashtest vorgestellt. Dass er für die Automobilhersteller zu einer Herausforderung wird, ist sicher. Andererseits soll er – nach einer vermutlich zweijährigen Karenzzeit für die Entwicklungs- und Konstruktionsphase neuer Modelle – dann allerdings international für alle Länder einheitlich sein. Konkret geht es dabei um einen Aufpralltest speziell für den vorderen und hinteren Stoßfänger, und zwar in einer Konfiguration, die bei typischen Stadtschäden in der überwiegenden Zahl der Fälle vorkommt, nämlich einer vorne durch eine starke Bremsung unmittelbar vor dem Aufprall "abtauchenden" Fahrzeugfront und einem dadurch hinten "aufsteigenden" Heck. Hier liegt für die Versicherungswirtschaft nach den Worten von Dr. Hartmuth Wolff, dem Leiter der AZT-Sicherheitsforschung, auch die Crux aktueller Fahrzeugkonstruktionen: "Die Stoßfänger der beteiligten Fahrzeuge trafen sich nicht auf gleicher Höhe, um damit effizient Energie aufnehmen und kontrolliert abbauen zu können." Was stattdessen passierte, war ein jeweiliges Eindringen der harten Stoßfänger bzw. der dahinter liegenden Querträger mitsamt der Längsträgerstruktur in die "Weichteile" des jeweils anderen Fahrzeuges. Der am Mittwoch präsentierte Frontcrash zeigte anhand eines aktuellen Ford Fiesta auf, dass durch diese im realen Straßenbild übliche Auffahrsituation einerseits die Stoßfängersysteme wirkungslos sind, dagegen aber Zusatzschäden entstehen, die im konkreten Fall "mindestens im Bereich des vorderen Typschadens" liegen, der eigentliche Grundlage zur Kasko-Typklasseneinstufung des Fahrzeuges war. Das Gegenbeispiel einer guten Lösung war der Focus vom gleichen Hersteller. An der neuen Crash-Konfiguration hat unter Leitung von Dr. Wolff ein internationales Team gearbeitet, das sich im Wesentlichen aus den Experten der vergleichbaren Reparaturforschungszentren in anderen Ländern zusammensetzt. Da der Test länderübergreifende Anwendung finden soll, heißt er offiziell künftig "Bumper-Test". Nach ersten Einschätzungen von Wolff und Dr. Christian Deutscher, dem Leiter Reparaturforschung im AZT, wird dieser Test künftig zwar nicht bezüglich der Reparaturkostenhöhe in die Typklassenberechnung eingehen. Sollte aber das Ergebnis schlecht sein, es also zu außergewöhnlichen Reparaturkosten kommen, werde er "sicherlich als Feinjustage dafür durch den GDV verwendet, um dann die schlechtere von zwei möglichen Typklassen zu erteilen". Typschadencrash mit zehn Grad Winkelkomponente Bereits seit Jahresbeginn indes findet aber eine so genannte "Winkelkomponente" direkten Einfluss in die Typschadenberechnung. Mit anderen Worten: Der seit den 80er Jahren international übernommene AZT-Einstufungs-Crash für neue Fahrzeugmodelle wurde insofern abgeändert, als die Barriere für den Front- und Heckaufprall jeweils um zehn Grad versetzt angeordnet wurde. Im hinteren Bereich wurde zusätzlich der Auffahrschlitten von 1.000 auf 1.400 Kilogramm Gewicht angehoben, um heute üblichen Fahrzeug-Gewichtsklassen besser Rechnung zu tragen. Die Winkelkomponente wurde deshalb eingeführt, weil sich in der Alltagspraxis an Realschäden gezeigt hatte, dass "schon bei kleinsten Abweichungen der Aufprallkonstellation der Energieabbau über die Crashboxen und die Längsträgerstruktur nicht mehr funktionierte". Schwer werden es künftig auch Fahrzeughersteller haben, die "rein auf den bisherigen AZT-Crash hin konstruiert hatten". Nicht selten werde deshalb heute der Stoßfänger-Querträger bereits weggelassen oder durch Hörner-ähnliche Reststummel an den Längsträger-Enden ersetzt. Während der entfallene Träger sofort zu erheblichen Schäden im Vorbau führe, bedeuten nach Einschätzung der AZT-Experten die direkt hinter der Kunststoff-Stoßfängeraußenhaut liegenden "Stummel" auch ein erhebliches Verletzungspotenzial z.B, für Fußgänger. (wkp)
Neuer AZT-Crashtest
Die Simulation typischer Stadtschäden könnte eine harte Nuß für Hersteller werden