Wie stellen sich Sachverständigenorganisationen in Zukunft auf? Eine zentrale Frage, die heute eine ganze Branche bewegt.
Michael Jänchen, Geschäftsführer der Schaden-Schnell-Hilfe GmbH, nimmt im AUTOHAUS-Interview Stellung zu den Herausforderungen der Digitalisierung, den sich verändernden Aufgaben und der Rolle der SSH im Markt.
AUTOHAUS: Wie verändert die Digitalisierung das Sachverständigenwesen?
M. Jänchen: Die Digitalisierung hat die Welt der Gutachter und Sachverständigen bereits verändert. Dennoch wird über Digitalisierung viel geredet und wenig strategisch nachgedacht. Für die SSH GmbH bedeutet die Digitalisierung eine Veränderung der Zusammenarbeit mit Kunden, die Neugestaltung von Prozessen und die Entwicklung neuer Produkte. Ziel dieser Stoßrichtung ist es, Prozesse zu vereinfachen und transparenter zu gestalten. Entscheidend ist, dass digitale Abläufe den Menschen unterstützen und nicht ersetzen.
Wo genau sehen Sie die Vereinfachung von Prozessen in der Schadenregulierung?
M. Jänchen: Heute – und in Zukunft noch viel stärker – wird die Schadenbegutachtung durch digitale Tools unterstützt. Schon jetzt bieten wir als SV-Organisation zum Beispiel webbasierte Plattformen und automatisierte Prozesse, damit unsere Sachverständigen schneller auf die notwendigen Daten zugreifen können. Diese Online-Bereitstellung von Daten hat die Schadenregulierung schon jetzt erheblich beschleunigt. Allerdings sind wir davon überzeugt, dass trotz dieser technischen Entwicklung der Mensch mit seiner Erfahrung komplexe Schäden weiterhin bewerten wird.
AH: Sie sehen also keine vollständige Automatisierung der Schadenbegutachtung?
M. Jänchen: Sicher wird es bei kleineren Schäden künftig Bereiche geben, deren Prozesse vollständig automatisiert sein werden. Andere Bereiche, wie etwa Großschadenereignisse, werden von Sachverständigen weiterhin analysiert und bewertet. An diesen Schadenslagen hängen viele komplexe Fragestellungen, deren Beantwortung nicht durch Algorithmen erfolgen kann und sollte.
"Kompetenz und Erfahrung müssen bleiben"
Der Sachverständige wird also nicht überflüssig?
M. Jänchen: Sicher nicht. Versicherer, Geschädigte und Werkstätten werden Sachverstand brauchen, welche die Plausibilität von Schadenereignissen prüfen, Vorschäden feststellen können und die Komplexität eines Schadens persönlich mit ihrer Erfahrung und Kompetenz analysieren, um auch juristischen Auseinandersetzungen standzuhalten. Sicher werden sich durch die Digitalisierung Tätigkeitsfelder und die Art der Ausübung des Berufes verändern, mit Veränderungen können Sachverständige jedoch gut umgehen.
Hat denn ein unabhängiger SV heute überhaupt noch eine Chance, sich alleine am Markt zu behaupten?
M. Jänchen: Für allein agierende Sachverständige wird es nach meiner Beobachtung immer schwerer, sich den wachsenden Herausforderungen zu stellen. Bleiben wir beim Thema Digitalisierung: Software, Tools, Datenverarbeitung und Support für die jeweiligen Kundengruppen – all das kann ein Sachverständiger heute eigentlich nicht mehr stemmen. Diese Veränderungen qualitativ hochwertig zu bewältigen, erfordert ein erfahrenes Netzwerk, wie wir es als Schaden-Schnell-Hilfe GmbH bieten. Wir stellen die Infrastruktur bereit, die ein Sachverständigenbüro heute und in Zukunft braucht.
Was bedeutet denn Ihre Unterstützung für die Sachverständigen konkret?
M. Jänchen: Die Sachverständigen finden bei der SSH Schaden-Schnell-Hilfe GmbH vor allem eine professionelle Basis für die Themen Vertragsbearbeitung und -verhandlung, Prozessunterstützung und Koordination zu den Versicherern – und natürlich das optimal aufgestellte Auftragsmanagement. Konkret bedeutet das zum Beispiel die Bereitstellung von spezieller Software, die ein virtuelles Büro abbildet und die Kommunikation per Schnittstelle oder Plattform in alle relevanten Richtungen sicherstellt. Denn die Beteiligten verlangen zu Recht eine zügige und sachkundige Schadenregulierung unter Berücksichtigung ihrer Vertragsbedingungen. Deshalb arbeiten SV, die der SSH angeschlossen sind, bundesweit nach den gleichen hochwertigen Standards.
Bündelung der Kräfte
Sie steuern auch Aufträge in die SV-Büros...
M. Jänchen: Natürlich. Im Kasko-Schadenfall werden wir von den Versicherern direkt beauftragt und geben diese Aufträge dann an eines der 234 angeschlossenen SV-Büros weiter. Noch wichtiger wird die Auftragssteuerung bei Großschadenereignissen. Hier profitieren sowohl Sachverständige als auch Versicherer, die mit uns zusammenarbeiten, von der SSH GmbH. Ein konkretes Beispiel: Findet im süddeutschen Raum ein großflächiger Hagelschlag statt, gibt es die Möglichkeit, auch für Sachverständige aus anderen Regionen über unsere Plattform Schadengutachten zu erstellen. Bei den Sachverständigen der SSH sorgt dieses Prinzip für eine breite Verteilung der Aufträge, bei den Versicherern für eine zügige Begutachtung bei Großschadenereignissen und beim Endkunden für große Zufriedenheit.
Vielen Dank, Herr Jänchen, für dieses Gespräch.
Das Interview wurde geführt von Walter K. Pfauntsch