Ausgabe 18/2011: Winterreifen-Management

Winterreifen-ManagementWinterreifen E Die logistische Herausforderung ist das eine, die Optimierung und strategische Ausrichtung des Räder- und Reifen-Managements das andere. Professionalismus im Umgang mit dem „Schwarzen Gold“, den „Beinen des Autos“, schafft hohe Geschäftsfreuden. Von Prof. Hannes BrachatEin Blick auf die Potenziale im Reifengeschäft verrät dessen gigantische Dimension. Pro Jahr werden im Reifenersatzgeschäft 27 Mio. Pkw-Winterräder vermarktet. Sie verteilen sich zu 45 Prozent auf Reifenfachhändler und zu 35 Prozent auf (markengebundene) Service- und Autohandelsbetriebe. Dem entsprechen Jahr für Jahr 9,45 Mio. Stück Winterreifen über letzteren Absatzkanal!Dahinter steht pro Reifen ein Umsatz zwischen 50 und 235 Euro. Sie erbringen einen Bruttoertrag zwischen 15 und 20 Prozent. Hinzu kommt: Pro Felge sprechen wir von einer durchschnittlichen Umsatzbandbreite zwischen 50 und 250 Euro sowie einem Bruttoertrag von ebenfalls 15 bis 20 Prozent. Aus gutem Grunde wird aber heute das Komplettrad favorisiert, Stückpreis 90 bis 250 Euro. Das Motto für den Kunden: Kombinieren Sie den passenden Reifen mit Ihrer Wunschfelge!Radwechsel und Einlagerung80 Prozent der Kunden lassen ihre Räder zur Sommer- bzw. Wintersaison wechseln. 15 Prozent wechseln ihre Räder selbst und 5 Prozent wechseln nicht. Die Serviceleistung „Räderwechsel“ kommt zum Räder- und Felgenumsatz hinzu. Dafür werden in Deutschland im Schnitt zwischen 26 und 38 Euro (inkl. MwSt.) in Rechnung gestellt (siehe Abb. 1). Vierter Umsatzbaustein ist die Rädereinlagerung. Der Anteil der Stammkunden im Autohaus, die dies nutzen, liegt zwischen 20 und 25 Prozent. Für die Rädereinlagerung werden im Schnitt zwischen 23 und 25 Euro (inkl. MwSt.) pro Saison als „Übernachtungspreis“ bezahlt (siehe Abb. 2).KundenbindungUnd wie sieht der fünfte Umsatzträger, der Faktor Zusatzleistungen aus? Über die Reifeneinlagerung muss der Kunde quasi zweimal im Jahr im Hause aufschlagen. Was nützt das aber, wenn diese Begegnungen nicht optimal gestaltet werden? Es ist eine grundsätzliche Entscheidung: Setzt ein Autohaus den Maßstab bei der Formel 1 an und will den Reifenwechsel „in 7 Sekunden“ durchziehen oder geht es um eine geschlossene Gesamtleistung? Sie gestatten einen Exkurs.Die Gesamtleistung für den Kunden reicht von der Einkaufspolitik der „richtigen“ Reifen, der Vorratshaltung/Lieferfähigkeit, der wirtschaftlichen Prozessgestaltung im Räderwechsel, der Einlagerung über die Beurteilung von Reifenschäden und die Preisgestaltung bis zum Kundeninformationssystem zur Reifensaison, dem Online-Räderverkauf sowie dem Reifenauftritt im Internet. Wer dies überblickt, versteht, weshalb wir heute von RRM, vom Räder- & Reifen-Management sprechen. BMW hat gar in seiner Organisation die Ausbildung zum/r „Reifen- und Räder-Manager/-in“ eingeführt.Machen Sie den Test, und fragen Sie Ihre Kunden in der Serviceannahme, ob sie aus dem Gedächtnis die Reifenmarke aufsagen können, mit der sie unterwegs sind. Von zehn wissen das maximal zwei Kunden! Wie möchte man aber hochwertige Reifen verkaufen, wenn es kein Markenimage gibt?Jeder vierte verkaufte Reifen ist heute ein Ultra High Performance (Hochgeschwindigkeitsreifen) oder Runflat-Reifen. Hightech-Reifen benötigen Hightech-Dienstleistungen! So lautet die Forderung des BRV (Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V.). Und so ist es! Ist der Kunde zweimal pro Jahr zum Reifenwechsel anwesend, gilt es, das Thema Reifen gründlich zu erörtern. Angefangen vom Profil, möglichen Reifen- oder Felgenschäden, der speziellen Pflege (Nanoversiegelung), einem Besuch in der „Reifen-Pension“ bis hin zum richtigen Reifendruck, damit ein erhöhter Spritverbrauch vermieden wird. Warum verbinden wir die Zeit für den Winterreifenwechsel – Ende September bis 11. 11. 2011 – nicht mit einem kostenlosen Wintercheck? Point-S hat den Winter fest im Blick (siehe Abb. 3)! Dort wird werblich der kostenlose Lichttest 2011 im Oktober beworben, ein Winter-Check für 9,90 Euro und ein Billigreifen. Renault bucht auf der 1. Seite von BILD die Werbefläche und offeriert Reifen ab 39,90 Euro (siehe Abb. 4). Damit werden Kunden geködert, der Rechnungsgesamtbetrag sieht danach ganz anders aus. Wo aber erfährt der Kunde, was Billigreifen verursachen?bis zu 35 % längerer Bremswegbis zu 10 % mehr Spritverbrauch durch höheren Rollwiderstandschnellerer Verschleißkeine Kfz-HerstellerempfehlungWo bleibt der Hinweis für die 24-Monate-Reifen-Garantie, die häufig im Markenhandel im Reifenpreis inkludiert ist? Wer erklärt dem Kunden, dass bei Temperaturen unter 7 °C Sommerreifen nicht mehr die notwendigen Hafteigenschaften haben? Winterreifen bestehen aus einer kältetauglichen Gummimischung und haben eine gröbere Profilierung mit zusätzlichen Lamellen. Das bedeutet auf schneebedeckter Straße einen kürzeren Bremsweg. Was macht ATU daraus? Man ruft in der Anzeige (siehe Abb. 5) den Saisonstart Winterreifen auf, und: „ACHTUNG! Denken Sie an die Winterreifenpflicht!“ Der Winterreifentest 2011 von Auto Club Europa (ACE) und GTÜ macht es deutlich: Bei Matsch und Schnee zahlt sich der Kauf hochwertiger M&S-Reifen aus. Sieger auf der VW Golf-Größe 205/55 R 16 91 H wurde der Goodyear „Ultra Grip 8“. Derartige Testergebnisse zeigen bei jedem Kunden Wirkung! Ein Satz dieser Sieger-Reifen kostet 500 Euro. Zeigen Sie dem Kunden dieses Testergebnis!„Winterreifenpflicht“Wie sieht es aber aus mit der „Winterreifenpflicht“? Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer ermöglichte mit der Neufassung der „Winterreifenpflicht“ zum 4. Dezember 2010 der Branche einen Winterreifen-Hype. Es wurde aber in der Entschließung des Bundesrats noch erheblicher Nachverhandlungsbedarf aufgezeigt. Es geht um die Unterscheidung von leichten und schweren Fahrzeugen, den Bußgeldtatbestand und Vorgaben zur Profiltiefe. Das Gesetz schreibt eine Mindestprofiltiefe von 1,6 Millimetern vor. Der ADAC rät jedoch zu vier Millimetern. Sie finden dazu unter www.pro-winterreifen.de sowie unter www.reifenqualitaet.de vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat weitere Argumentationshilfen, u. a. 20 Tipps und Tricks für eine sichere Fahrt im Winter. Ausdrucken und dem Kunden mit eigenem Firmenlogo aushändigen!Der Begriff „Winterreifen“ selbst taucht in der StVO immer noch nicht auf. Es gibt auch für die Winterreifenpflicht keinen bestimmten Zeitraum. Die Pflicht besteht bei Glatteis, Schneematsch, Schnee- oder Reifglätte. Experten empfehlen für Winterreifen jedoch die O-bis-O-Regel: von Oktober bis zum Wochenende nach Ostern. Die „Winterreifenpflicht“ gilt für alle Auto-, Lkw-, Bus- und Motorradfahrer. Bei einem Mietwagen gilt die Verantwortung, dass bei Winterwetter M+S-Reifen aufgezogen sein müssen. M+S Reifen sind nicht dasselbe wie Winterreifen. Sie gibt es als Winter- und Ganzjahresreifen („Allwetterreifen“). Für welche Variante man sich entscheidet, ist dem Kunden überlassen. Die Bezeichnung M+S befindet sich auf dem Reifenprofil. Auch bei fragwürdigen Plagiaten aus China! M+S gibt an, dass der Reifen auch bei Matsch und Schnee noch sicher ist. Bei einer Kaskoversicherung kann bei einem Unfall teilweise oder ganz die Zahlung verweigert werden, wenn fehlende M+S-Reifen Ursache des Unfalls gewesen sind. Fazit: Wer im Winter sicher unterwegs sein möchte, der sollte unbedingt auf Winterreifen umrüsten. Auch die besten Ganzjahresreifen haben im Winter einen längeren Bremsweg als Winterreifen und sind daher nicht für alle Regionen empfehlenswert. Das alles will beworben sein. In der Serviceannahme, in der Direktannahme, mittels Plakaten und Anzeigen! z Preise für RäderwechselWie viel haben Sie nur für den Räderwechsel (ohne Kauf von Reifen, Felgen oder sonstige Leistungen) bezahlt?DurchschnittspreisKleinwagen26,53 €Kompaktklasse28,80 €Mittelklasse31,67 €Obere Mittelklasse34,64 €Oberklasse30,75 €Cabrio/Roadster25,73 €SUV33,64 €Van28,26 €Sonstige 37,67 €Insgesamt29,31 € Preise für EinlagerungWie viel haben Sie für die Einlagerung Ihrer Räder bezahlt? – DurchschnittspreiseNur EinlagerungEinlagerung inkl. ReinigungInsgesamt23,51 €25,33 €Premium27,68 €26,57 €Nicht Premium21,90 €24,74 €Kleinwagen28,14 €24,29 €Kompaktklasse21,69 €27,05 €Mittelklasse23,00 €28,88 €Obere Mittelklasse31,25 €21,00 €Oberklasse30,50 €Cabrio/Roadster20,33 €29,13 €SUV33,60 €22,09 €Van15,63 €19,29 €Sonstige 18,00 €29,45 €BuchtippGanz neu erschienen: Hannes Brachat: Räder- & Reifen-Management (RRM) im Autohaus1. Auflage 2011 | Softcover | DIN A5120 Seiten | Bestell-Nr. 176€ 29,00 (€ 34,51 inkl. MwSt.)Direkt zu beziehen bei:AUTOHAUS Buch & FormularTel. 089/20 30 43–1900

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