“HB ohne Filter” vom 27. April 2007
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Heute mit den Themen: Bayerns neue Tarifspuren, Marktbeobachtung, Konzentrative Bewegungen, AUTOHAUS-Teile-/Zubehör-Forum, Sahara-Sommer
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21. April – Samstag
Bayerns neue Tarifspuren. Heute hat die Mitgliederversammlung des Kfz-Gewerbes Bayern in Garmisch eine historische Zäsur in Sachen Tarifpolitik herbeigeführt. Einmal mehr machen sich damit die Bayern zum Vorreiter innovativer Verbandspolitik. Der erste Schritt wurde vor zwei Jahren mit der Innungsmitgliedschaft ohne Tarif gelegt. Jetzt wird beim Landesverband ein Trägerverein gegründet, der 2008 die nächsten Tarifverhandlungen führen wird. Durch eine freiwillige Mitgliedschaft im Trägerverein entscheidet jeder Kfz-Betrieb zukünftig eigenständig über seine arbeitgeberseitige Tarifbindung.
Und das ist gut so! Die Mitgliedschaft in der Kfz-Innung hat damit zukünftig nichts mehr mit tarifpolitischer Auswirkung zu tun. Damit werden die Entlohnungsfragen und Entscheidungen in die Betriebe dezentralisiert. Ein Hoch der Freiheit! So, wie es die Kanzlerin in ihrer Regierungserklärung einforderte: Mehr Freiheit wagen! Wann wird Baden-Württemberg nachziehen?
23. April – Montag
Marktbeobachtung. In den verkaufstärksten Monaten des Jahres, März und April, war ein spürbarer Zuwachs an Autoanzeigen in den Printmedien auszumachen. Oft war vom Frühlings-Knüller, der Zeit für Frühling-Feelings die Rede. Frühjahrsputz. Die Frühlingsfrische ging von zahlreichen Modellneueinführungen aus. Erfreuliche Wandlung: Es sind von Opel bis Toyota mehr und mehr Händler-Gemeinschaftsanzeigen zu registrieren. Das ist eine positive Entwicklung.
Diverse Highlights: "Smart, dem Klima zuliebe die besten Werte." "Keine Zinsen sind die besten Zinsen!" "Kleiner Preis – Große Wirkung." "Verführwagen." "Jetzt mit Mehrwertpaket." "Relax! Vier Jahre Entspannung mit der Ford Flatrate." "1.000 Euro Tankgutschein zu allen Aktionsmodellen." "Umwelt-Leasing Toyota Prius mit Hybridantrieb." Oder: "Stauben Sie ab! Jetzt mit Aventi Rußpartikelfilter quasi kostenlos nachrüsten! 330 Euro staatliche Förderung zuzüglich 400 Euro Aventi Förderung – bei Inzahlungsnahme Ihres Wagens mit Rußpartikelfilter." Helmut Kohl würde von "blühenden Landschaften" sprechen. Was will man mehr?
24. April – Dienstag
Konzentrative Bewegungen. Wer über die Grenze nach Austria blickt und sich dort auf den Spuren der VW-Organisation bewegt, stellt fest, dass in den verschiedenen Landeshauptstädten und Ballungszentren der VW-Markt in Händen der Porsche Interauto (PIA), sprich Herrn Piech & Co., liegt. Deren VW-Marktvolumen macht inzwischen 50 Prozent des österreichischen Marktes aus. Jetzt hat PIA noch den größten, bislang unahängigen VW-Händler, das Autohaus Stipschitz in Maria Enzersdorf (2.200 NW, 900 GW), geschluckt. Das hat nach eigenem Bekunden nichts mit gezielter Expansionsstrategie zu tun. Wirklich? Den Seinen gibt's der Herr im Schlaf.
26. April – Donnerstag
AUTOHAUS-Teile-/Zubehör-Forum. In der Osterwoche hatten wir im AUTOHAUS-Verlag zu München hochkarätige Teile- und Zubehörmanager zu Gast. Hier die Quintessenzen:
1. Der größte Teileumsatzträger im klassischen Autohaus ist der Serviceberater, nicht der "Magaziner".
2. Der Ertrag im Teilesektor bröckelt. Die Gründe: Bestandsmanagement, Nachlasspraxis und bewertungstechnische Teilebestandskosmetik
3. Die Verantwortlichen im Autohaus-Teiledienst bedürfen einer breiteren betriebswirtschaftlichen Fundierung. Der VW-Konzern lagert derzeit 370.000 Teilepositionen – mit steigender Tendenz.
4. Die "Schlipps-Fraktion" und die "Kittel-Fraktion" sollten enger zusammenarbeiten. Der Neuwagenbereich der Hersteller zeigt zumindest derzeit mehr Offenheit für Service-Themen. In der Freigabe zusätzlicher Werbemittel bestehen noch hohe Mauern.
5. Forderung: Die Hersteller sollten für aktives Service-Marketing mehr Mittel bereitstellen.
6. Der eigentliche Erfolgsmaßstab im Autohaus-Teilemanagement ist die verkaufte Stückzahl in bestimmter Zeit. Eine Teileumschlagshäufigkeit von drei bis vier Mal p.a. läuft nicht unter "gängig". Zehn Mal muss die Losung heißen. Für Teile, die länger als zwölf Monate liegen, ist alles zu spät.
7. Der Teileverkauf an Wiederverkäufer ist ein strategisches Muß!
8. Die so genannte "Winterreifenpflicht" zum 1. Mai 2006 zeigte vor allem bei älteren Fahrzeug(en)haltern Wirkung. Die Winterreifenüberbestände sind möglichst auf stabilem Preisniveau in die nächste Saison zu schieben.
9. Diverse Importeure haben bis zur Stunde von ihrem Hersteller immer noch keine Freigabe für die Dieselpartikelfilter-Nachrüstung. Es liegt abermals an der Agilität des Händlers, freie Wege über HJS, Twintec & Co zu gehen.
10. ATU betreibt massives Service-Marketing. In Sachen Qualität und Preise bleiben bei ATU viele Kundenwünsche offen. ATU bietet zur Stunde "Markentage bei ATU" an. Wo bleibt das Autohaus, das mit "ATU-Tage im Autohaus" originell kontert. Bitte melden!
27. April – Freitag
Sahara-Sommer. Der trockenste April setzt klimatische Zeichen. Setzen sich diese fort, bleibt das Thema Öko-Auto oben auf der Agenda. Damit erhöht sich der Druck auf städtische Fahrverbote. Plötzlich ist rascher Handlungsbedarf angesagt. Kommt für die "Stau-Städte" das Londoner Modell? City-Maut? Wer zwischen 7 und 18.30 Uhr durch die Londoner Innenstadt fährt, muss 7,35 Euro zahlen. Konsequenz seit der Einführung im Februar 2003: bis zu 30 Prozent weniger Stau.
Wird das Thema Fahrgemeinschaften neu aufgegriffen? In Los Angeles dürfen die Fahrzeuge auf der "Car Pool Lane" fahren, in denen mindestens zwei Personen sitzen. Oder werden – wie in München und Madrid – City-Kreuzungen statt mit Ampeln mit Tunneln gebaut? Weshalb werden viele Ampeln nachts, wenn die Straßen komplett leer sind, nicht auf "Gelb" oder zumindest auf kürzere Rot-Phasen geschalten? Weshalb wird an wichtigen Baustellen nicht nachts gearbeitet? Die ganzen Überlegungen haben dann noch besondere Bedeutung für den Lkw-Verkehr.
Vielleicht gelingt es aber auch wie in Bad Wörishofen oder im niedersächsischen Bohmte, sämtliche Ampeln abzuschaffen und sich auf wenige Schilder und Fahrbahnmarkierungen zu begrenzen. Und das in Städten mit 15.000 bzw. 13.000 Einwohner. Das EU-Projekt "Shared Space" sollte ortsindividuell geprüft werden. Nachdem das Phänomen Stau einem Krebsgeschwür gleicht, sollten wir rechtzeitig daran arbeiten, bevor es zu spät ist. Stau verdirbt die Freude am Fahren! Das darf nicht passieren.
Spruch der Woche:
"Wir wollen überall die Weltbesten sein. Die Firma mit den besten Produkten zu den niedrigsten Kosten, mit dem besten Marketing und dem besten Verkaufs- und Servicenetz." – Katsuaki Watanabe, Toyota-Chef
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
Hubert Aichler