Consorsfinanz: "In der Krise zeigt sich der wahre Charakter"

Banken sind wichtige Partner für die Autohäuser. Umso schlimmer ist es, wenn sich die Unternehmen in der Krise nicht auf ihre Kreditinstitute verlassen können. Die ConsorsFinanz halbierte mitten in der Corona-Krise telefonisch die Einkaufskreditlinie der Ruhrdeichgruppe. Zwei Wochen vorher hatte der zuständige Manager der BNP Parisbas-Tochter das Unternehmen noch zu seinen Finanzkennzahlen beglückwünscht. Die Unternehmensperformance war also nicht der Anlass. Eine unglaubliche Geschichte. Unternehmer im Krisenmodus Peter Gerards bringt so schnell nichts aus der Ruhe. Er führt seine Ruhrdeichgruppe mit mittlerweile zwölf Autohäusern und knapp 400 Mitarbeitern seit 25 Jahren und hat schon viel erlebt. Aber der Shutdown wegen der Corona-Pandemie zwang auch den erfahrenen Unternehmer in einen Krisenmodus: Sofortige Einführung von separaten Einsatzteams, Schaffung von Homeoffice-Plätzen und die Beantragung von Kurzarbeit brachte viel Arbeit unter Hochdruck mit sich. Liquidität erhöht Hinzu kam ein sofort notwendig gewordener Kassensturz. Debitoren und große offene Posten, z. B. Leasing- und Finanzierungsgeschäfte, mussten abgerechnet, Fahrzeugauslieferungen nur noch so geplant werden, dass die Fahrzeuge auch tatsächlich ausgeliefert und mit Kunden und/oder Banken abgerechnet werden konnten. Die Fahrzeuganlieferungen der Hersteller mussten gestoppt und die eigene Liquidität durch z. B. Refinanzierung der eigenen bezahlten Fahrzeugbestände erhöht werden. Stündlich neue Entscheidungen Währenddessen überschlugen sich die Ereignisse und es gab nahezu stündlich neue Entscheidungen. Die Autohersteller und Importeure vereinbarten mit dem Handel notwendige Notfallmaßnahmenpläne u. a. zur Liquiditätssicherung. Not- und Unterstützungsprogramme wurden von der Regierung quasi im Schweinsgalopp durch das Parlament "geprügelt". Staatliche Soforthilfen wurden verabschiedet und konnten beantragt werden. Insgesamt eine sehr angespannte Situation. Vorsorglich KfW-Kredit beantragt "Zwischenzeitlich haben wir unsere Liquidität so weit erhöht, dass wir uns für die nächsten Monate sehr gut aufgestellt sehen", berichtet Gerards. Dennoch habe er vorsorglich am 25. März bei seiner Hausbank, der Volksbank Rhede, eine Antrag für einen "Corona-Hilfskredit Programm Nr. 37/47" von der staatlichen KfW Bank gestellt. "Die Handelsbeschränkungen wurden zwar gelockert, allerdings kann noch keiner abschätzen, wann die Autohersteller wieder anfangen können, Fahrzeuge zu produzieren, und es ist auch noch nicht absehbar, welche wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Virus zukünftig auf die deutschlandweite Arbeitsplatzsituation und das Verbraucherverhalten haben wird", begründet er diese Entscheidung. Kerngesundes Unternehmen Die Autohausgruppe ist ein kerngesundes Unternehmen, hat seit Jahren einen ordentlichen freien Cash Flow und eine gute Eigenkapitalstruktur. Weil zeitnah auch alle geforderten Unterlagen zur Hand waren, konnte seine Hausbank umgehend den Antrag bei der KfW Bank stellen. Bereits zwei Tage später gab es auch schon vorab die mündliche Zusage über einen siebenstelligen Kreditbetrag. Ob er das Darlehen schlussendlich ganz, teilweise oder überhaupt abrufen wird, weiß der Ruhrdeich-Chef derzeit noch nicht. Dafür sei noch zu ungewiss, was in naher Zukunft noch so passieren wird. Allerdings empfindet er diese Kreditzusage der KfW Bank grundsätzlich "als wichtig und beruhigend zugleich". Zuerst das Lob Deswegen ärgert sich Gerards auch besonders über das Verhalten der ConsorsFinanz. Die BNP Paribas-Tochter ist eine der Non-Captive-Zweitbanken, mit der die Ruhrdeichgruppe seit rund fünf Jahren zusammenarbeitet. "Das Umsatzvolumen war schon einmal achtstellig", berichtet der Händler, "ist aber seit einigen Jahren rückläufig." Trotzdem liege es immer noch im mittleren siebenstelligen Bereich. Gleichzeitig stellt die ConsorsFinanz der Ruhrdeichgruppe seit Jahren eine Einkaufsfinanzierungs-Linie für Neu-, Vorführ- und Gebrauchtwagen von insgesamt vier Millionen Euro zur Verfügung. Noch am 11. März diesen Jahres hatte ihm der Teamleiter Stock Finance (also der für das Unternehmen bei der ConsorsFinanz für die Einkaufsfinanzierung zuständige Manager) zu seinen Ergebnissen beglückwünscht, nachdem ihm die Finanzzahlen der Ruhrdeichgruppe zum 31.12.2019 übermittelt worden waren. Er schrieb: "Ich denke, man kann klar die Vorarbeit der letzten beiden Jahre erkennen, sich auf das Dieselthema eingestellt zu haben - Respekt!" Am 27. März valutierte die Einkaufsfinanzierungs (EKF)-Linie der Ruhrdeichgruppe bei der ConsorsFinanz bei insgesamt 1,7 Mio Euro. Die EKF-Linie war also nur zu 42,5 Prozent ausgelastet. "Das war schon überdurchschnittlich hoch, weil wir, wie bereits beschrieben, wegen 'Corona' unsere Liquidität deutlich erhöht hatten", so der Unternehmer. Dann EKF-Linie halbiert Und jetzt kam mitten in der Krise, am 27. März, ein Anruf auf dem Mobiltelefon von Gerards an, in dem zwei ConsorsFinanz Mitarbeiter, die er gar nicht kannte, ihm mitteilten, dass die Bank die EKF-Linie von den zugesagten vier Millionen Euro ab sofort halbieren würde auf zwei Millionen Euro. Sie gingen davon aus, dass das für die Ruhrdeichgruppe grundsätzlich kein Problem sei, da die EKF-Linie aktuell nur mit 1,7 Mio. Euro ausgeschöpft sei. Gerards reagierte fassungslos, fragte, ob es einen konkreten Grund gäbe, und bat um eine schriftliche Begründung. Die Mitarbeiter antworteten, dass das jetzt wirklich nichts mit der Ruhrdeichgruppe zu tun habe, sondern lediglich der aktuellen Corona-Problematik im Automobilhandel geschuldet sei, berichtet Gerards. Kein "Verschuldungsrisiko" In der schriftlichen Begründung des Teamleiters Stock Finance, die danach kam, hieß es dann: "Um Ihr Verschuldungsrisiko zu begrenzen, werden wir ab sofort die maximale Inanspruchnahme Ihrer Verbund-Händlereinkaufsfinanzierung auf 2.000.000 Euro begrenzen. Somit werden wir im Sinne des §1, Ziffer 4 der Bedingungen für die Verbund-Händlereinkaufsfinanzierung über diese Inanspruchnahme hinausgehende Einzelfinanzierungen nicht mehr annehmen. Selbstverständlich informieren wir Sie umgehend darüber, wenn wir diese Einschränkungen wieder aufheben können." Gerards dazu: "Es gibt bezüglich der EKF kein Verschuldungsrisiko und es liegt auch keins vor, denn jedes Fahrzeug wird einzeln refinanziert und stellt somit einen eigenen Sachwert dar." Und: Man brauche nun wirklich keinen "Aufpasser", der ein nicht vorhandenes Verschuldungsrisiko begrenzen möchte. Gerards beendet Geschäftsbeziehung Noch am gleichen Tag kam über die Hausbank die KfW-Bank-Zusage über ein deutlich höheres und langfristiges Kreditvolumen als die jetzt von der ConsorsFinanz vorgenommene EK Linienkürzung. Losgelöst davon, entschloss sich Gerards unter dem Eindruck dieser Vorgehensweise auch den Restbetrag von 1,7 Millionen Euro bei der ConsorsFinanz abzulösen und die Geschäftsbeziehung mit dem Institut zu beenden. Er ist immer noch geschockt vom Verhalten der Bank und erklärt: "In der Krise zeigt sich der wahre Charakter. Eine Großbank mit so einem Kundenverhalten in einer Krisenzeit braucht kein Mensch und auch kein Autohändler. Denn wer sich so in einer weltweiten Ausnahmesituation verhält und grundlos Kreditlinien einsammelt oder kündigt, der gehört meines Erachtens öffentlich genannt. Denn schlussendlich geht es in solchen Fällen auch immer um Arbeitsplätze und Unternehmerexistenzen, die durch das Verhalten der ConsorsFinanz aus meiner Sicht völlig unnötig und leichtfertig aufs Spiel gesetzt wurden." Stellungnahme Consorsfinanz "In Zeiten der Corona-Krise sind wir als Finanzierungspartner besonders darauf bedacht, Risiken im Sinne unserer Kunden zu begrenzen. Aus diesem Grund prüfen wir generell bei allen Partnern die Kreditlinie und wie diese in den vergangenen Jahren ausgeschöpft wurde. Stellen wir fest, dass die Kreditlinie von unseren Kunden nicht ausgenutzt wird, passen wir die Linie temporär an. Hier wird der Partner natürlich vorab informiert. Ziel ist es, ihn während der Autohaus-Schließungen vor weiteren Zukäufen und unnötigem Lageraufbau zu schützen. Wir sehen uns klar in der Verantwortung, Händler, unabhängig von ihrer Bonität, vor einer Zunahme der Verbindlichkeiten und gegebenenfalls vor einer Überschuldung zu schützen.Seit Ausbruch der Pandemie in Deutschland stehen wir verstärkt mit unseren Händlern im persönlichen telefonischen Kontakt. Unser Ziel ist es, deren Herausforderungen und Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und bei Bedarf Hilfestellung zu geben. Dafür erhalten wir von unseren Partnern überwiegend positive Resonanz. Es kommt aber leider auch vor, dass sich ein Händler nicht optimal abgeholt fühlt. Das nehmen wir selbstverständlich zum Anlass, unsere Prozesse in der Händlerkommunikation weiter zu verbessern.Wir unterstützen zudem alle unsere Partner, die bei uns eine Einkaufsfinanzierung haben, mit einer 3-monatigen Tilgungsaussetzung in der Händlereinkaufsfinanzierung bis zum 14.06.2020. Ein partnerschaftliches Miteinander ist für uns ausgesprochen wichtig.Deshalb haben wir gleich nach Wiederöffnung der Autohäuser dafür gesorgt, dass, unter Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen, unsere Außendienstkollegen wieder persönlich zu Gesprächen bei den Autohändlern vor Ort sind.Die Ruhrdeichgruppe und deren Mitarbeiter sind für uns ein sehr geschätzter Partner. Ich habe mit Herrn Gerards persönlich die Thematik besprochen und selbstverständlich bin ich zu weiteren Gesprächen nicht nur bereit, sondern habe diese auch aktiv angeboten. Mein Ziel ist es, eine Lösung im Sinne unserer gemeinsamen Partnerschaft zu finden.Dieses Angebot richte ich zudem an alle unsere Partner, die Fragen beziehungsweise Gesprächsbedarf haben."Bernd Brauer, Head of Department Automotive Financial Services

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