HB ohne Filter vom 11. Januar 2008
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Datum:
11.01.2008Heute mit den Themen: Perspektiven 2008, BMW baut 8.000 Mitarbeiter ab, Tarifverhandlungen, Sprachdifferenzierung
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7. Januar – Montag
Perspektiven 2008. Experten sehen für 2008 eine Bandbreite bei den Neuwagenzulassungen von 3,1 bis 3,35 Millionen Fahrzeugen und 6,4 Millionen Besitzumschreibungen. Keiner weiß es verlässlich für ein Jahr im voraus. Es warten vom neuen Golf bis zum neuen Focus attraktive frische Modelle. Und dennoch ist auch eine Neuwagenzulassungszahl unter 3 Millionen denkbar. Schaut man genauer hin, dass 40 Prozent der Neuwagenzulassungen echtes Endkundengeschäft sind, dann sprechen wir von 1,2 Millionen Privatkundenfahrzeugen. Die Tatsache, dass beim Handel noch 800.000 Lagerwagen bzw. Tageszulassungen, Vorführwagen aus dem Vorjahr auf Halde stehen, dann werden die echten Neuverkaufszahlen noch matter. Die Deutschen werden auch 2008 zu wenig kaufen, weil sie zu wenig verdienen. Selbst bei steigenden Löhnen wird 2008 deswegen nicht mehr ausgegeben werden. Es wird also 2008 weitere Bremsspuren geben. Wen trifft es am meisten?
Ein Sozialstaat, der den Menschen mehr als die Hälfte des Verdienten über Steuern und Abgaben wieder entzieht, kann dauerhaft nicht erfolgreich sein. Das ist die Grundmalaise!
2008 muss obenan für zahlreiche Marken die grundlegende Verbesserung der Hersteller-Händlerrelation stehen. Ziel: Markante Liquiditäts- und Ertragsverbesserung. Wie lange wird der Markt noch von der Produktion statt von der Nachfrage gesteuert? Die Hersteller lassen den Handel derzeit in unverantwortlicher Form ausbluten und merken gar nicht, dass sie auf Dauer den Ast absägen, auf dem sie sitzen. Es wird die Vertriebssubstanz unverantwortlich untergraben. Geht das so weiter, wird die Zahl der weißen Flecken bei diversen Marken immer größer werden. Und wer hat schon das Geld, sich "rote Niederlassungen" leisten zu können?
Im Insolvenzkeller werden 2008 auch Großbetriebe dabei sein. Man schaue nur einmal beim Marktführer VW hin, was dort die letzten Jahre mit namhaften Großbetrieben geschah. Von Raffay in Hamburg, der Glöckler-Gruppe in Frankfurt, E. Winter in Berlin, Hahn & Lang in Stuttgart, Schwaba in Augsburg? Oder mit Georg von Opel? Die Hersteller haben dringlich gezielte und vernünftige Standards zu setzen. Die Fußbodenfetischisten sind nach Hause zu schicken. Die Außendienste sollten kreative Beratungs- und gemeinsame Aktionsfunktionen haben. Dies mit Budget und Kompetenz. Die Vertriebsorganisation, die es nicht schafft, zwischen Hersteller und Handel eine ausgewogene Win-Win-Situation herbei zu führen, bleibt auf der Strecke. Außerdem sollten die Hersteller Zug um Zug vom Hochpreissegment auf realistische Preisgrößen herabsteigen. Die UPE-Landschaft ist bei zahlreichen Marken hoffnungslos überzogen.
Das Ziel jeglicher Preispolitik, Preiszufriedenheit und Preisvertrauen zu schaffen, steht nicht mehr im Fokus der Betrachtung. Der indische Hersteller Tata hat diese Woche mit dem billigsten Auto der Welt zum Preis von 1.700 Euro eine neue Ära im Kleinwagensegment eingeläutet. Die Umweltautos, sprich verbrauchsarme Fahrzeuge werden vermehrt kommen. Das Lammentieren um niedrigere CO2-Werte sollten die deutschen Hersteller in der Schublade lassen. Es waren Ingenieure der Technischen Hochschule in Aachen, die 1972 das erste Hybridauto der Welt erfunden haben. Toyota hat zugegriffen, nachdem die deutschen Autobauer die Hybridtechnik über 20 Jahre ablehnten. Herr Piëch, der diese Woche bei seiner Zeugenaussage vor dem Landgericht in Braunschweig ob der IG-Metallerotik sich auch als Meister des Nichterinnerns erwies, fuhr zu seinem Abschied als VW-Vorstandsvorsitzender 2002 mit dem Ein-Liter-Auto vor. Sechs Jahre später ist davon immer noch nichts zusehen. Und wer bringt jetzt als erster Hersteller das emissionsfreie Auto auf den Markt?
Fazit: Der Handel muss 2008 deutlich sagen, was er will. Der Handel darf vieles nicht mehr hinnehmen. Die Rahmenbedingungen sind unter dem Aspekt der Win-Win-Situation neu zusetzen. Wer keine Gewinne macht, hat bald nichts mehr zu verlieren. Ich werde dazu bei den anstehenden Perspektiv-Seminaren ausführlich und klar eingehen.
9. Januar – Mittwoch
BMW baut 8.000 Mitarbeiter ab. Jetzt hat das System auch BMW erwischt und BMW Grenzen aufgezeigt. Sprich, BMW erzielt trotz Wachstum keinen zusätzlichen Gewinn! Und das als Premiummarke. Noch deutlicher: BMW erzielte 2007 einen Absatzrekord von 1,5 Millionen Einheiten. Ein Umsatzplus von 9 Prozent. Und dennoch werden Mitarbeiter entlassen!
Damit BMW als Erfolgsunternehmen über die eigene Begrenzung im neuen Jahr gleich aus den Negativschlagzeilen ist, hat man noch rechtzeitig, sprich drei Tage vor Weihnachten die Katze aus dem Sack gelassen. Über Leih- bzw. Zeitarbeiter, über Altersteilzeit, über Sabbaticals (Auszeit vom Job), über Abfindungsverträge soll der bedauerliche Massiv-Einschnitt vorgenommen werden. Die Stammbelegschaft von 108.000 Menschen in den BMW-Werken München, Regensburg, Dingolfing und Leipzig haben bis 2012 Arbeitsplatzgarantie. Die IG-Metall hält sich zurück.
Fünf Prozent Rendite ist den Managern wie den Aktionären offensichtlich zu wenig. Mercedes und Audi geht es da zur Stunde besser. Mercedes liegt jetzt bei über acht Prozent. Und die 97 MB-Vertreter? Allesamt nur noch Großbetriebe? Sie schrieben 2007 im Pkw-Sektor durchweg rote Zahlen. Wer aber legt eigentlich die Größenordnung von zehn Prozent Rendite für die Automobilindustrie fest? Vor wenigen Jahren reichte noch die Hälfte. Man muss sich einmal die Artenvielfalt der Modelle bewußt machen. Hatte Mercedes-Benz 1995 noch 75 Modellvarianten, so zeitigt das Produkt-Portfolio heute über 140! Einmal mehr wird auch dabei das gemacht, was der Kunde gar nicht möchte. Das Überangebot wird zum Überdruss. Es wird unnötige Komplexität gezüchtet. Das sind angeblich alles Wachstums- bzw. Marktnotwendigkeiten.
Ob BMW sein Marken-Solo auf Dauer weiter spielen kann? Kooperationszwänge zur Kostensenkung sind offensichtlich.
Fazit: Wer den Spruch der Woche unten verinnerlicht, kommt zwangsläufig zum Ergebnis, dass der Automobilhandel laut Musterkostenrechnung nicht wie bisher drei Prozent Rendite braucht, sondern sechs. Freuen wir uns zumindest an der erotischen Dimension der neuen Zielgröße! Wenn das keine Perspektive ist?
10. Januar – Donnerstag
Tarifverhandlungen. IG-Metallchef Berthold Huber hat das Jahr 2008 zum "Mega-Tarifjahr" ausgerufen. Ende Februar beginnen in der Branche die Tarifverhandlungen. Fünf Prozent mehr Lohn stehen auf der Forderungsliste. Vergangenes Jahr wurde noch mit 2,5 Prozent abgeschlossen. Die IG-Metall lässt außerdem aufgrund der Flächentarifauflösung in der Branche die Muskeln spielen. Sie sehen ihre Felle davon schwimmen, weil sie erkennen müssen, dass die Betriebe ihre Lohnfragen selbständig lösen können. Wir haben mit dem neuesten Vergütungsreport 2007, den wir zusammen mit der Santander-Consumerbank veröffentlicht haben, dazu solide Voraussetzungen geschaffen.
11. Januar – Freitag
Sprachdifferenzierung. "Die Ehe ist unser Leitbild der Gemeinschaft von Mann und Frau. Sie ist die beste und verlässlichste Grundlage für das Gelingen von Familie." So heißt es im eben verabschiedeten Grundsatzprogramm der CDU. Dass die Realität anders gelebt wird, zeigt die Kanzlerin und auch ihr Generalsekretär. Sie sind jeweils zum zweiten Mal verheiratet. Ministerpräsident Wulff lebt in Scheidung und kurz vor Weihnachten zieht Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger nach. Seine Frau Inken hat auf die Bekanntgabe der Trennung gedrängt. Die "Bild-Zeitung" sprach von ihrem Neuen, von einem "Porsche-Manager", der jetzt bei ihr das Rennen machte. Er sei gar auf politisches Geheiß aus dem Süden nach Berlin zwangsversetzt worden.
Der "Spiegel" setzte die Oettinger-Nachricht sprachlich so um: "Ihre Zukunft sieht die Unternehmertochter in Berlin: bei ihrem neuen Partner, einem Autohändler." Wir sollten die abermalige Diskriminierung des "Spiegel" zur Kenntnis nehmen. Die wahre Wertschätzung der "Bild-Zeitung" klingt schon besser, beispielsweise statt als "Auto-Händler" als "Audi-Manager" tituliert zu werden. Das klingt schon besser. Erstmals wird damit vernünftig nachvollziehbar, weshalb z.B. Audi die Familiennamen auf der Attika des Autohauses verdrängt hat. Auf die Auto-Manager im automobilen Handel! Sie haben wirklich eine höhere Wertschätzung verdient!
Spruch der Woche:
"Der Erfolg eines Herstellers ist proportional abhängig von der Professionalität und dem Erfolg seiner Händlerorganisation." – Lee Iacocca
Mit meinen besten Wünschen auf ein erfolgreiches, gemeinsames Jahr 2008 und ganz herzlichem Dank für die vielen guten Weihnachtsgrüße!
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS