HB ohne Filter vom 27. Februar 2009
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Heute mit dem Thema: Automobil-politischer Aschermittwoch 2009
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25. Februar – Aschermittwoch
Automobil-politischer Aschermittwoch 2009. In zweijähriger Regelmäßigkeit findet im niederbayerischen Abensberg (Spargelhochburg) ein gewichtiges automobiles Branchenhighlight statt, der automobile Aschermittwoch. Zum vierten Mal in Folge. 650 Teilnehmer (!) erlebten ein besonderes Gaudium zum Bier "Automobilia-Bräu". Veranstalter waren die Urheber der Happenings, die Kfz-Innung der Oberpfalz, Hebebühnenhersteller Herrmann und AUTOHAUS. Besonderheit der Veranstaltung: Es darf, nein, es muss Tacheles geredet werden. Hier meine wichtigsten Thesen aus der Bütt':
1. Wenn das Geld ausgeht, geht auch die Politik aus. Die vier Grundrechnungsarten lassen sich über Politik nicht aufheben. Dem Fasching der Ausgabenfreude folgt ein Aschermittwoch, an dem das Geld kaum mehr für den sauren Hering reicht. Am Aschermittwoch haben sich Hersteller, Importeure, vor allem Banker noch nie in Demut Asche aufs Haupt gestreut. 500 Milliarden Euro für die "Bad Banker", 110 Milliarden für die Hypo Real Estate, 35 Milliarden für die bankrotte Landesbank Bayern im Süden und für die im hohen Norden sind politisch opportun. Aber 1,5 Milliarden für eine Umweltprämie, die nicht nur die Kurzarbeit bei Opel und Ford beendet, sondern sogar Sonderschichten in der Bach-Stadt Eisenach und im Mittelstand für erfreuliche Geschäftsbelebung sorgt, die sind laut Ifo-Präsident Prof. Sinn Unsinn. Solche Experten nennen sich "Weise" und rechtfertigen im Fernsehen auch noch ihre totale Fehleinschätzung. Soviel zum Expertentum!
2. Wo bleibt der Ansatz, die Verantwortlichen der Finanz-Malaise juristisch zu belangen? Die Wertigkeit Verantwortung, sprich Rechenschaft abzulegen, steckt wirklich in der Krise.
3. Die ewigen Wachstumsfanatiker mögen endlich zur Kenntnis nehmen, dass der sich selbst regulierende Markt eine Mähr ist. Bei Opel geht es jetzt nicht darum, ob weiter der "Blitz" zuckt, sondern dass die Firma der Menschen wegen überhaupt am Ball bleibt, mit wem auch immer.
4. Es sollten die besten, die begabtesten Menschen die politische Verantwortung übernehmen. Die neue US-Hoffnung, Barack Obama, macht das vor. Frau Bundeskanzlerin müsste Herrn Merz holen!
5. Politische Ämter, auch Verbandsämter, sollten auf zwei Wahlperioden begrenzt werden.
6. Unternehmen, die Verluste machen, haben keine Boni zu verteilen. Boni müssen an langfristige Erfolge geknüpft werden. Die Gier-Exzesse diverser Manager ist bar jeden guten Geschmacks.
7. Das Kfz-Gewerbe muss Position beziehen. Das Ende der Beliebigkeit ist gekommen. Es steht jeder vor der Aufgabe, selbst Position zu beziehen.
8. Mit Porsche kauft der kleinste deutsche Hersteller den größten. Größe allein ist aber kein Maßstab. Du musst gut, sehr gut sein! Weniger durch Zocken als durch echte Leistung. Der Schienentod von Zocker-Milliardären ist kein selbstverschuldeter Betriebsunfall, sondern Kapitalismus ohne Verantwortung.
9. Wenn Fiat-Konzernchef Marchionne meint, es blieben nur sechs Automobilhersteller übrig, dann ist da Fiat sicher nicht dabei. Möge der neue Fiat-Chrysler-Verbund aus der Krise führen. Weitere Herstellerkooperationen werden die künftige Spielwiese verändern.
10. Wo bleibt das Auto der Zukunft? Ein Elektro-Smart, bei dem die Batterie allein 15.000 Euro kostet kann das nicht sein. Auch beim Elektro-Mini handelt es sich eher um eine vorschnelle werbewirksame Ankündigung, als um ein Auto, das vor 2015 Serienreife hat. Wo bleibt der Ein-Liter-Volkswagen, den Herr Piëch im Jahre 2002 vorstellte?
11. Wer als Hersteller zehn Prozent Gewinn erwirtschaftet (Mercedes in 2007), hat entweder ein Monopol oder erzielt diese Rendite zu Lasten Dritter. Die Forderung des Automobilhandels steht bei zwei Prozent Umsatzrendite!
12. Wenn VW-Vertriebschef Werner Eichhorn meint: "Wir sprechen nicht über ein grundsätzlich neues Geschäftsmodell. Denn von unseren 1.200 Vertriebspartnern erzielen viele nach wie vor eine attraktive Rendite, einige von ihnen sogar mehr als drei Prozent!", dann ist er entweder nicht informiert, hat keinen Realitätssinn oder sagt öffentlich die Unwahrheit. Das ist reine Verbalerotik, ist bar jeglicher Verantwortung und gehört abgemahnt.
13. Woraus resultiert die Notwendigkeit für ein neues Geschäftsmodell? Der Kunde kommt ins Autohaus, nimmt die Beratungsleistung wahr, macht Probefahrt und schaut zu Hause im Internet, wo er das Fahrzeug am günstigsten auf dem freien Markt kaufen kann. So wird der Handel im Verkauf nichts verdienen. Also, muss eine Antwort darauf gefunden werden. Und diese heißt: Neues Geschäftsmodell!
14. In AUTOAHSU 4 S. 12 haben wir die Umsatzrendite für die Branche in 2008 dargestellt, ermittelt durch die WP-Kanzlei Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner. Die Feststellung: Eine Branchen-Minusrendite von 0,6 Prozent! Branchenschnitt! Daraus resultieren folgende Veränderungszwänge für ein künftiges Geschäftsmodell Hersteller–Handel:
- Autohaus-Neubauten werden von der Herstellerbank finanziert. Oder künftig werden – wie bei den Tankstellen – neue Betriebe vom Hersteller gebaut. Dieser sucht sich einen geneigten Pächter mit angehängter Sozialmiete. Vorbild: Niederlassungen!
- Vorführwagen werden künftig vom Hersteller finanziert und unterhalten (VFW-Pool).
- Lagerwagen werden von den Herstellern finanziert, auch der Übergang von der Neuwagenbestellung bis zur Kundenauslieferung.
- Die Teilebevorratung wird vom Hersteller finanziert oder es wird auf eine zweimalige kostenfreie Just-in-time-Lieferung pro Tag umgestellt, wie es bei freien Werkstattsystemen die Norm ist.
- Im März 2009 wird aus Brüssel die GVO-Vorlage 2010 kommen. Der ZDK wie die Händlerverbände haben 2009 grundsätzlich die Branchenbelange viel klarer, öffentlich und permanent zu artikulieren. Dies weniger von Bonn, sondern vor Ort in Berlin und Brüssel bei den politischen Entscheidungsträgern.
15. Wir brauchen keine Wahrsage von Dudenhöffer und Konsorten, sondern Wahr-Sage! Wenn jetzt mitten in der Umrüstprämienaktion diverse Hersteller ihre Fahrzeugpreise anheben – z.B. Peugeot –, dann ist das nicht nur unverantwortlich, sondern Raubrittertum pur. Darüber ist vom omnipotent informierten Herrn Dudenhöffer via seines früheren Arbeitgebers nichts zu hören und zu lesen. Er hat sich ja bis heute nicht öffentlich dazu geäußert, wie seine Sonderzahlungen von Daimler gerichtlich zu interpretieren sind. Der "Spiegel" hatte diese im vergangenen Jahr aufgedeckt.
16. Es gibt Zeiten, da ist die Bewahrung des Erreichten das Maximum des Erreichbaren. Und darauf sollte man sich einstellen und realistische Überlebenskonzepte aufbauen.
17. Wenn wir für unser Land eine gute Zukunft wollen, brauchen wir vor allem dreierlei:
- Hoffnung aus Gottvertrauen,
- eine verlässliche Politik und
- Verantwortungsbereitschaft bei jedem Einzelnen. Veränderungen sind möglich, wenn der Wille dazu da ist.
Den Hammer der Veranstaltung brachten die Schwaben um Obermeister Klaus Häberle aus Heilbronn. Sie reisten geschlossen in einem Bus an. Ein echter Schwabenstreich! Der Kfz-Innung Oberpfalz mit ihrem Vorsitzenden Kfz-Weltmeister Rudolf Angerer, dem künftigen Bundesinnungsmeister, ist abermals mit dieser Veranstaltung ein absolutes Branchenhighlight gelungen, das durch Miss AUTOHAUS Daniela Brabandt und die frivole Kabarettistin Lizzy Aumeier originelle Bereicherung erfuhr.
Impressionen aus Abensberg finden Sie auf AUTOHAUS Online.
Aschermittwoch-Preisrätsel 2009:
"Ein Schwabe wird von einem Hund gebissen und springt vor Schmerz 30 cm hoch. Wie hoch wäre er gesprungen, hätten ihn zwei Hunde gebissen?"
Mit besonderem Aschermittwochsgruß aus Abensberg
Prof. Hannes Brachat
AUTOHAUS-Herausgeber
Richard Heine
MB