HB ohne Filter vom 7.3.2008
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Heute mit den Themen: VW-Rekordgewinne, Automobile Welt AG: VW – Porsche – Piëch, Perspektiven im Transportergeschäft
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3. März – Montag
VW-Rekordgewinne
Wer sich vor Augen führt, dass Volkswagen bis zur Amtsübernahme von Ferdinand Piëch als VW-Vorstandsvorsitzender 1993 nie über 0,5 Prozent Umsatzrendite hinauskam, freut sich über den Rekordgewinn 2007 von 6,5 Mrd. Euro. Was an dieser Stelle über die massiven Gewinne von Mercedes-Benz und BMW bereits gesagt wurde, sei hier abermals deutlich aufgetischt: Wenn der Hersteller sehr gut verdient, muss das noch lange nicht für die Arbeitnehmer und die Volkswagen-Händler gelten. Auf die VW-Stammaktie wird jetzt 1,80 Euro ausbezahlt. Damit geht über 30 Prozent des Gesamtertrages an Porsche, sprich die Familien Porsche-Piëch. Wenn aber 600 VW-Händler substanzielle Probleme haben, scheint das trotz der Redkordgewinne zur Stunde oben niemanden zu rühren. Unter den "Roten" sind auch zahlreiche VW-Großbetriebe. Wie zahlreiche "Großhändler" schon unter dem Dach der VW-Retail aufgekauft werden mussten.
Dass nun mit Peter Schwarzenbauer ein Porsche-Manager mit US-Markterfahrung auf dem Audi-Vertriebsstuhl Platz nimmt, muss nicht zwangsläufig zuversichtlich stimmen. Wer beispielsweise die gleichzeitig vollzogene Neubesetzung mit Thomas Lamperstorfer an die Spitze der schweizer Vertriebstochter von Porsche vor Augen hat weiß, wie schmalos Porsche dem langjährigen Porsche-Importeur Amag nicht nur den Porsche- (und bald den VW-)Import für die Schweiz gekündigt hat. Auch hat Porsche gleichzeitig klargestellt, dass Porsche eigene Handelshäuser in Zürich und in Genf bauen wird. Daraus kann man erkennen, wie die strategische Ausrichtung im Gesamt-Piëch-Imperium angelegt ist. Die attraktiven, weil ertragsstarken Standorte werden selbst belegt, die "Sonstigen" überläßt man den "Trittbrettfahrern". Für Volkswagen wird dieses Modell durch die PIA Salzburg z.B. in Österreich seit Jahren praktiziert. Man ist dort sogar mit der führenden Börse "Autowelt" platziert und pusht das Banken- und Versicherungsgeschäft über den sehr engen Verbund zur Österreichischen "Oberbank", die sich inzwischen mit diversen Filialen in Deutschland ausweitet. Das läuft nach außen alles so lautlos, mit pietistischer Zurückhaltung.
Möglicherweise hat Piëch auch seinen bisherigen Vertriebsstatthalter in Wolfsburg, Dr. Michael Kern, gezielt zu ATU geschickt, um für PIA die ATU-Übernahme perfekt zu machen. Damit hätte Ferdinand II. über Nacht den kompletten VW-Service in eigener Hand. Man müsste nur die VW-Serviceverträge fristgerecht auflösen. Ein ATU-Erwerb als Ersatz von "stop + go" wäre dem Porsche-Enkel zu schlicht.
4. März – Dienstag
Automobile Welt AG der Marken Volkswagen – Porsche – Piëch
Der Autofrühling 2008 wurde im Rahmen des 78. Internationalen Automobil-Salons von Volkswagen perfekt inszeniert und dominiert. Am Montag wurden gleich zwei Hammernachrichten weltweit gestreut:
1. Die neue Lastwagenallianz. Mit der Übernahme von Scania und der Beteiligung an MAN hat VW nun alle Trümpfe in der Hand, ein neuer Lkw-Riese zu werden. Immerhin ist Volkswagen ergänzt um MAN in Europa in puncto Lkw die Nummer eins. Zetsches Kommentar als Lkw-Weltmarktführer: "Ich habe noch keine Industrielogik aus dieser Beteiligung mitgeliefert bekommen. Und mit VW hat das alles erst einmal wenig zu tun." Wer weiß, vielleicht kauft Herr Piëch übermorgen auch noch Daimler, dann versteht Herr Zetsche das besser.
2. VW-Mehrheitsaktionär. Porsche stellt über die Schwelle seiner 50 Prozent-Beteiligung die Weichen für die Übernahme von Volkswagen. Just am Abend vor den Pressetagen in Genf lädt Volkswagen über 1.000 Gäste, vorwiegend Journalisten in einer aufwendigst gestalteten Halle ein und feiert sich selbst mit all seinen Marken und Rekorden. Gigantisch! Wendelin Wiedeking sagte alle Termine ab. Er war nicht zu sehen. Der Starrummel sollte vermieden werden. Wiedeking schliff lieber an der ganzseitigen Porsche SE-Anzeigenkampagne, um dem großen Ziel einer der innovativsten und leistungsstärksten Automobil-Allianzen der Welt gerecht zu werden. Politisch wird klargestellt: Eine Fusion Porsche-Volkswagen wird es nicht geben. Volkswagen bleibt Volkswagen, Porsche bleibt Porsche.
Ob die gemeinsame Zukunft mit Volkswagen eine gute Weichenstellung für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist, für Arbeitsplätze und Wohlstand sorgt, für mehr internationale Wettbewerbsfähigkeit, das muss sich nun erweisen. Ein neues Kapitel Automobilgeschichte ist aufgeschlagen. Der Vorsitzende des Vorstandes der Porsche Automobil Holding SE, Dr. Wendelin Wiedeking wird sich an seiner Aussage messen lassen müssen: "Volkswagen und Porsche werden gemeinsam nicht nur Arbeitsplätze sichern, sondern auch neue schaffen. Wir wollen, dass auch unsere Kinder und Enkelkinder eine Zukunft in unseren Unternehmen finden." Ein großer Tag! Der 4. März 2008 wird zum historischen, automobilgeschichtlichen Datum, wie es der 6. Mai 1998 war, als MB-Chef Jürgen Schrempp die unselige "Ehe im Himmel" mit Chrysler schloss!
7. März – Freitag
Transporterperspektiven
AUTOHAUS hat die verantwortlichen Transporter-Verkaufschefs der deutschen Automobilhersteller und Importeure zu einem Forum in die Redaktion nach München eingeladen. Hier die Thesen in Kurzform:
1. 2007 war für Hersteller und Händler ein positives Transporter-Wirtschaftsjahr.
2. Der Intrabrand-Wettbewerb spielt am Markt nach wie vor eine belastende Rolle.
3. Die Professionalität im GW-Transportergeschäft ist ein wichtiger Erfolgsfaktor.
4. Die Restwertstabilität ist die wichtigste Aufgabe, gerade im Flottengeschäft.
5. Für 2008 wird mit einer vergleichbaren Transporter-Marktdimension wie in 2007 gerechnet. Tendenz: Leicht steigend! Mögliche Lieferengpässe sollen bis Mai-Juni aufgelöst sein.
6. Die vorgegebenen Standards zeichnen sich durch ein erstaunliches Augenmaß aus.
7. Viele Händler messen dem Transportergeschäft inzwischen eine besondere Bedeutung bei und haben erkannt, dass eine Spezialisierung sinnvoll ist. Es handelt sich im Transportergeschäft um eine besondere Spezies an Kunden, außerdem ist der Außer-Haus-Verkauf die Regel.
8. In den Autohäusern wird nach Möglichkeit die Verkaufsleitung Nutzfahrzeuge und Pkw getrennt ausgeübt. In großen Betrieben wird außerdem die Verkaufsleitung Lkw und Transporter getrennt vorgenommen.
9. Transporterkunden sind vielfach neufahrzeug- bzw. gebrauchtfahrzeug-affin. Folglich gibt es auch beim Transporter reine Gebrauchtfahrzeug-Verkäufer bzw. spezielle Neuwagenverkäufer.
10. Zielvorgabe für den Transporter-Verkäufer sind in Ballungszentren 80 Neufahrzeuge p.a., in ländlichen Regionen 60.
11. Transporterverkäufer sind am besten aus den eigenen Reihen zu rekrutieren. Sie bauen mit System ihr Gebiet auf, das sie anschließend schwerlich verlassen. Sie sind es gewohnt. mit ihren Kunden auf Augenhöhe zu verhandeln.
12. Trotz europäischem Gesamtmarkt und GVO-Diskussion 2010 ist festzustellen, dass sich der Transporterkäufer regional orientiert. Der Internetvertrieb ist bislang bislang – trotz Konfiguratormöglichkeiten – uninteressant.
13. Im Kleingewerbemarkt stecken die größten Wachstumschancen für das Transportergeschäft.
14. Der Transporter selbst und das zugehörige Servicegeschäft wird häufig aus unterschiedlichen Quellen bedient.
15. Der Verkauf und Service sollten im Autohaus sehr eng zusammenarbeiten und müssen wissen, was der Transporter-Kunde jeweils will.
16. Tempobegrenzer (130/150 km/h) werden bei Fahrzeugbestellung auf Wunsch kostenfrei eingebaut. Ein Fahrsicherheitstraining ist gleichermaßen Angebotsbestandteil. Der Verkäufer braucht für die Vielzahl der verschiedenne Aufbauten besonderes Beratungsgeschick.
Spruch der Woche:
"Das Flottengeschäft, wie wir es verstehen, ist für uns profitabel, auch wenn dabei im Gegensatz zum Privatverkauf Mengenrabatte und Sonderkonditionen eine andere Rolle spielen." – Dr. Klaus Maier, Mercedes-Vertriebschef
Mit meinen besten Grüßen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
MB-Man