Jaguar Land Rover: Neue Strategie "Moderner Luxus"

KURZFASSUNG: Neue Händlerverträge, neue Autohausaufteilung, neue Margen, neue Modelle, neue Systeme - Jaguar Land Rover plant in der nächsten Zeit zahlreiche Veränderungen. Ziel: Weg vom Volumendruck. Die Qualität der Geschäfte steht im Vordergrund. Als Jaguar Land Rover im diesjährigen MarkenMonitor des Instituts für Automobilwirtschaft (IfA) mit der Note 2,91 im Schulnotensystem abschnitt, waren nicht wenige überrascht. Haben die Marken doch zuletzt Schlagzeilen wegen einer erheblichen Margenkürzung und vielen anderen Änderungen, die laut Händlerverband zum Nachteil des Handels waren, gemacht. Ein neuer Händlervertrag sollte kurzfristig eingeführt werden, wer nicht schnell unterschreibt, keinen mehr bekommen. In Wohlgefallen hat sich das wohl nicht aufgelöst. Das Verhältnis hat sich aber offenbar entspannt. Jaguar Land Rover (JLR) Deutschland-Geschäftsführer Jan-Kas van der Stelt hatte bei einem Pressegespräch am 1. August dafür ein paar Erklärungen: "Wir haben unseren Partnern bereits im Oktober letzten Jahres einen Ausblick auf vielversprechende Modelle gegeben." Seit Juli 2023 neue Verträge Für diejenigen Partner, die den neuen Vertrag schnell unterschrieben haben, gab es eine Prämie. So wurde erreicht, dass die meisten Händler zum 1. Juli 2023 mit einem neuen Vertrag ausgestattet sind. Laut Auskunft des Importeurs haben noch zehn Prozent der Händler Altverträge, die im November 2024 auslaufen. Geholfen hat wohl auch, dass sich die Rendite im Handel von 1,2 Prozent 2019 auf 4,7 Prozent 2022 verbessert hat. 2023 sei man nicht weit davon entfernt, so van der Stelt. Ihm ist bewusst, dass bei dem Ergebnis der Sondereffekt der hohen Gebrauchtwagenpreise zu Buche schlägt. Er ist sich aber sicher, dass der JLR-Handel auch 2023 definitiv besser als 2019 abschneiden wird. Die neuen Händlerverträge seien genau zum richtigen Zeitpunkt gekommen und passten zur neuen Unternehmensstrategie, so der JLR Deutschland Chef. JLR sei nicht mehr nur auf Volumen ausgerichtet. Die Qualität der Geschäfte stünde im Vordergrund. Deswegen entfällt im neuen Margensystem der Volumenbonus. Zentrallager gegen Zinskosten Bei Veränderungen setzte der Importeur auf Geben und Nehmen, sagte van der Stelt. So wurde der Wunsch nach einem Zentrallager, in dem alle Fahrzeuge im Händlerlager in Deutschland allen Kunden angeboten werden können, mit dem Versprechen durchgesetzt, die Zinskosten für die Fahrzeuge für bis zu 360 Tage zu übernehmen. JLR war es wichtig, dass durch diese Maßnahme die Verfügbarkeit der passenden Fahrzeuge für die Kunden erheblich erhöht wird. Zusätzlich zu den Zinskosten übernimmt der Importeur zukünftig auch Systemkosten, wenn der Händler die Systeme des Herstellers nutzt, zum Beispiel für das Online Servicebooking, und Chatfunktionen auf der Händlerhomepage. Für zentrale und lokale Werbemaßnahmen gibt es mehr Geld. Langfristige Kundenbindung wird durch einen Loyalitätsbonus belohnt. Vernetzung Online und Offline Kundenzufriedenheit sei für die Strategie des "modernen Luxus", den die Marken künftig verfolgen wollen, ein zentrales Element. Ebenso wie die Verbesserung des Kundenerlebnisses. Dafür wird an einer nahtlosen Verbindung von Online und Offline gearbeitet. Um diese grundlegende Modernisierung der Abläufe hinzubekommen, will JLR zukünftig mehr auf eine andere Tochterfirma des Eigentümers Tata zurückgreifen: Tata Consultancy Services. Neue Markenstrategie Die Unternehmensstrategie ist darauf ausgerichtet, bis 2039 in der gesamten Lieferkette CO2 neutral zu werden. Elektrifizierung ist zentraler Bestandteil dieser Strategie. Ursprünglich war vorgesehen, 2,8 Milliarden Euro im Jahr in Elektrifizierung und vernetzte Dienste zu investieren. Jetzt wurde aufgestockt auf 3,6 Milliarden Euro pro Jahr in den kommenden fünf Jahren. Für Jaguar ist der Plan, ab 2025 eine vollelektrische Luxus-Marke zu werden. Das erste ist ein viertüriger GT, mit einer elektrischen Reichweite von bis zu 700 Kilometern. Der Verkauf zum Preis ab rund 116.000 Euro soll 2024 starten, die Kundenauslieferungen 2025 beginnen. Die mindestens drei neuen Luxusmodelle sollen sukzessive die bisherigen Jaguar-Modelle ersetzen. Wann was eingestellt wird, konnte van der Stelt nicht sagen. Das werde ein fließender Übergang. Mehr Land Rover Bei Land Rover wird es in jeder Modellreihe ein rein elektrisches Modell geben. Noch in diesem Jahr soll mit den Vorbestellungen für die rein elektrisch angetriebene Variante des Range Rover begonnen werden. Das erste Luxus-SUV der nächsten Generation wird dann ein vollelektrisches mittelgroßes Mitglied der Range Rover Familie sein, das 2025 auf den Markt kommt. Bis 2030 sind sechs neue vollelektrische Modelle geplant. Technologieoffen Während die neue EMA-Plattform dem in bestimmten Märkten vorherrschenden Trend zur Elektrifizierung gerecht wird, behält JLR die flexible modulare Längsarchitektur (MLA) bei, auf der beispielsweise der Range Rover und der Range Rover Sport basieren. Sie bietet sämtliche Optionen: Verbrennungsmotor, Hybrid- und batterieelektrischer Antrieb. "Damit verfügt JLR über eine hohe Flexibilität, um sein Modellangebot an die Bedürfnisse der verschiedenen Märkte weltweit anzupassen", teilt der Hersteller mit. Land Rover dreigeteilt Land Rover soll zukünftig in drei Marken unterteilt sein: Range Rover, Defender und Discovery. Dadurch soll der einzigartige Charakter der Marken gestärkt werden. Van der Stelt wünscht sich, dass die Marken künftig gezielter beworben werden. Der Range Rover Sport SV, das aktuelle Topmodell, zum Beispiel in einem exklusiven Event, wie er vor Kurzem im Privathaus eines Kunden in Kronberg stattfand mit "Kulinarik und Design von Weltrang". Für den Defender gibt es zum Beispiel Kite Surfing Workshops auf Sylt. Jaguar soll in Luxushotels beworben werden, indem dort zum Beispiel auch F-Types zum Ausleihen zur Verfügung stehen. Mobilitätsangebote Auch die Themen Auto-Abo und Vermietung sollen gestärkt werden. Dafür sollen die seit 1. Juli eröffneten "Business and Mobility Center" im nächsten halben Jahr unterstützt werden, die die Luxusmarken im User-Chooser-Bereich attraktiv anbieten sollen. Das Auto-Abo wird in Kooperation mit Sixt angeboten, von Fleetpool hat sich der Importeur getrennt. Im ersten Monat hat eine zweistellige Anzahl von Kunden dieses Angebot genutzt. Neue Autohaus-Aufteilung Für die Autohäuser heißt die neue Markenstrategie "House of Brands". Die Arch-Bauten, die zuletzt zweigeteilt waren, auf der einen Seite Jaguar auf der anderen Seite Land Rover, sollen künftig anders aufgeteilt werden. Bei den Händlern, die Jaguar verlieren, sollen die drei Land Rover-Marken das ganze Haus einnehmen und entsprechend in eigenen Erlebniswelten präsentiert werden. Auch dass der Kunde vom Haupteingang bisher auf einen Tresen mit zwei Logos zuging, soll sich künftig ändern. Jetzt soll er oder sie zuerst ein Fahrzeug sehen und dann von einer Kaffeebar empfangen werden. Eines der ersten Autohäuser, die das umgesetzt haben, ist das Autohaus Feser Scharf in Nürnberg. Größere Umbauten sollen in den bestehenden Betrieben nicht nötig werden, erklärt van der Stelt. Schließlich gebe es auch einen Investitionsschutz für zehn Jahre. Wie die neuen Logos außen aussehen und angebracht werden sollen, sei derzeit noch in der Abstimmung. Neue Rollen fürs Personal Die Autohäuser sollen künftig auch drei neue Funktionen in ihrem Personal haben, die durch Marge gefördert werden: Concierge, Product Genius und Client Experience Manager. In kleineren Betrieben können die Rollen Empfang, Produkterklärer und Kundenzufriedenheitsmanager von Mitarbeitern, die noch andere Aufgaben haben, übernommen werden. Bei Betrieben, die mehr als 350 Neuwagen Einheiten verkaufen, erwartet van der Stelt, dass dafür gesondertes Personal abgestellt wird. Einfachere Konfiguration Zur Verbesserung des Kundenerlebnisses soll auch eine Vereinfachung der Konfiguration beitragen. "Derzeit haben wir auf unserem Konfigurator elf Millionen Variationen", erläutert der JLR Deutschland Chef. Zukünftig soll es zum Beispiel beim Modell "Velar" 90 Prozent der Konfigurationen nicht mehr geben. Ziel sei es, dass der Kunde in maximal zehn Schritten zum neuen Auto kommt. Dafür gibt es vorkonfigurierte Fahrzeuge, die nur noch mit wenigen Optionen ergänzt werden können. Das so zusammengestellte Fahrzeug kann dann auch online für sieben Tage reserviert werden. Netzentwicklung Wem das jetzt alles sehr nach Vorbereitung auf Direktvertrieb klingt, gab van der Stelt zumindest vorläufig Entwarnung. Er setzt weiterhin auf den Handel. Auch dass es zukünftig deutlich weniger Jaguar-Händler geben wird, die Rede war von 20, bestätigte er nicht. Das sei noch in der Diskussion. Bei Land Rover haben nach seinen Angaben knapp 80 Partner die neuen Verträge.

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