Händlerzufriedenheit: Herausforderung Zukunft

Mit der Gesamtdurchschnittsnote von 3,41 (Vorjahr 3,36) stellen die Vertragshändler und Agenten ihren Herstellern und Importeuren das schlechteste Zufriedenheitszeugnis seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1998 aus. Dabei standen die Vorzeichen für einen Aufschwung bezüglich der Branchenstimmung vor der 2023er Erhebungswelle auf den ersten Blick gar nicht so schlecht. Zum einen, weil der dritte aufeinander folgende Zufriedenheitsrückgang zuletzt einen relativ geringen Abstand zum Vorjahr 2021 aufwies - und deswegen zu erwarten gewesen wäre, dass 2022 bereits die Talsohle erreicht war. Zum anderen bestand aufgrund der betriebswirtschaftlichen Kennzahlen aus 2022 die Hoffnung auf einen Stimmungsaufschwung. Konnten doch die Autohausbetriebe ihre Gesamtumsatzrendite von 1,6 Prozent auf 1,9 Prozent im Wirtschaftsjahr 2022 steigern und haben demnach (teils deutlich) mehr verdient als in den Jahren zuvor. Nicht zuletzt das zeigt sich auch in der markenübergreifenden Bewertung der im Wirtschaftsjahr 2022 erzielten Gesamtumsatzrendite, die mit der Note 2,77 so gut bewertet wird wie zuletzt vor über einem halben Jahrzehnt. Nicht vernachlässigbar ist an dieser Stelle, dass Geschäftspartner und Investoren auf der Handelsebene bei der Bewertung der Beziehungsqualität neben der Vergangenheits- und Gegenwartskomponente so stark wie noch nie auch die Zukunftsperspektiven in ihre Bewertungen einbeziehen. Nicht zuletzt die Freitextantworten belegen, dass die Möglichkeiten und Chancen der Vertriebsmodelle sowie deren Attraktivität bei einzelnen Marken die Bewertungen maßgeblich beeinflussen. Marken mit instabilem Beziehungsgerüst nehmen zu Die Benotungen der jeweils am besten und am schlechtesten bewerteten Marke im Zeitreihenvergleich seit 2018/19 driften tendenziell immer weiter auseinander. Lag der Abstand zwischen dem Branchenprimus und der Marke mit der niedrigsten Zufriedenheit noch in der 2018/19er Auswertung bei 1,07 Notenpunkten, hat sich dieser jetzt mehr als verdoppelt und beträgt 2,5 Notenpunkte. Dabei ist die gewachsene Differenz nahezu ausschließlich auf das "Abrutschen" am unteren Ende der Zufriedenheitsskala zurückzuführen: Während die Noten am oberen Ende des Rankings über den Zeitraum der vergangenen 15 Jahre annähernd auf identischem Niveau liegen, sind die Zufriedenheitswerte im unteren Bereich drastisch eingebrochen. Dabei ist die Entwicklung der Best- and Worst-Betrachtung nicht auf Einzelfälle zurückzuführen. In der 2023er Erhebungswelle sind es inzwischen sechs Marken, die von ihren Vertragshändlern mit der Note 4 oder schlechter bewertet werden. Noch vor zwei Jahren waren es lediglich drei Marken mit der "4" vor dem Komma. Im Jahr 2020 hingegen wurde keine einziger Hersteller oder Importeur mit der Gesamtnote 4 oder schlechter bewertet. Offensichtlich wächst die Anzahl der Marken, bei denen das Beziehungsgerüst zwischen Hersteller und Handel von Instabilitäten geprägt ist. Es verwundert an dieser Stelle nicht, dass am unteren Ende des Gesamtrankings vor allem jene Fabrikate positioniert sind, deren Händler in der jüngeren Vergangenheit flächendeckend oder zumindest vereinzelt Kündigungen ihrer Händlerverträge erhalten haben. Viele von ihnen sind mit schwindenden Zukunftsperspektiven bezüglich der Zusammenarbeit mit ihrer Marke konfrontiert. Vor dem Hintergrund der existenziellen wie auch emotionalen Tragweite darf es nicht überraschen, dass sich die Ungewissheit letztlich in Unzufriedenheit äußert. Zusätzlich war auch das Jahr 2022 noch bei vielen Fabrikaten durch teils kontrovers geführte Verhandlungen bezüglich der Online- und Agentur-Vertriebsstrategien geprägt, wodurch viele der betroffenen Handelspartner mit zahlreichen Ungewissheiten umgehen mussten. Kritikpunkte GW-Geschäft und Vertriebspolitik Doch Unzufriedenheiten lassen sich nicht nur bei jenen Händlern identifizieren, deren Marken momentan Umstrukturierungen innerhalb ihrer Vertriebsnetze vornehmen. Das zeigt zunächst der Blick auf die markenübergreifenden Entwicklungen bezüglich der fünf beziehungsrelevanten Interaktionsfelder "Produkt und Marke", "Vertriebspolitik", "Netzpolitik", "Gebrauchtwagengeschäft" und "Aftersales". So sinken 2023 die Händlerzufriedenheitswerte gegenüber dem Vorjahr in allen fünf Bereichen. Rückgänge bei "Produkt und Marke" Die größten Rückgänge sind im Bereich "Produkt und Marke" zu verzeichnen. Wenngleich die Zufriedenheit hier um 0,18 Notenpunkte zurückgeht, erfährt das Beziehungsfeld mit produkt- und markenpolitischen Aspekten die beste Bewertung (Note 3,09). In den weiteren vier beziehungsrelevanten Feldern fallen die Rückgänge geringer aus und bewegen sich zwischen - 0,05 und - 0,07 Notenpunkten. Wie im Vorjahr bleibt der größte Kritikpunkt das GW-Geschäft (Note 3,71). Auch die Vertriebspolitik wird mit der Note 3,69 ähnlich schlecht bewertet. Weiterhin erlaubt die Konzeption des IfA MarkenMonitor, bei der sich die Bewertungen der fünf Interaktionsfelder aus mehr als 40 Einzelkriterien zusammensetzen, eine noch ausdifferenziertere Analyse der Zufriedenheitsentwicklungen. Einzelne, bei der Analyse je Beziehungsfeld eher überdurchschnittlich gut bewertete Einzelkriterien belegen, dass es sich dabei vor allem um operativ relevante Einzelthemen handelt. Beispielsweise liegen die Zufriedenheitsbewertungen für die Zusammenarbeit mit dem Außendienst oder die Vereinbarung der Jahresziele über dem Notendurchschnitt im jeweiligen Interaktionsfeld. Als Ausnahme ist dabei die Bewertung der Zuverlässigkeit bei den Lieferterminen zu betrachten - das schon zum dritten Mal in Folge am schlechtesten bewertete Einzelkriterium. Unter Berücksichtigung der in den zurückliegenden Jahren von zahlreichen Sondereffekten geprägten Situation in den Lieferketten ist in mittelfristiger Zukunft wieder von einer Normalisierung der Lieferzeiten und damit auch von einer Steigerung dieses Zufriedenheitswerts auszugehen. Defizite bei strategischen Perspektiven Demgegenüber stehen die in den fünf Interaktionsfeldern überdurchschnittlich negativ bewerteten Einzelkriterien. Die Analysen offenbaren hier vor allem Defizite in jenen Bereichen, die von einer eher strategisch-zukunftsgerichteten Perspektive geprägt sind. So erfahren beispielsweise die Vollständigkeit der Produktpalette und das künftig erwartbare Marktpotenzial die mit Abstand schlechtesten Bewertungen im Beziehungsfeld "Produkt und Marke". Auch mit den Großhandelsaktivitäten hinsichtlich der herstellereigenen Gebrauchtwagenbörse oder der Digitalisierung von Vertriebsprozessen werden Aspekte tendenziell schlechter bewertet, die sich auf den Automobilhandel erst im Laufe eines mittel- bis langfristigen Zeithorizonts auswirken. Zwei weitere Zufriedenheitskennzahlen untermauern das tendenziell aus unsicheren Zukunftsperspektiven resultierende Stimmungsbild: Während sich aktuell die Handelsbetriebe mit der erzielten Gesamtumsatzrendite des Vorjahres grundlegend zufrieden zeigen und die Note 2,77 vergeben, werden die Aussichten, mit der Marke auch in Zukunft wirtschaftlich tragfähige Renditen zu erwirtschaften, deutlich kritischer gesehen (Note 3,42). Offene Kommunikation ist nötig Beachtung sollte vor allem auch das hinter der Liefersituation am zweitschlechtesten bewertete Einzelkriterium finden, welches inhaltlich vor allem auf die kommunikative Beziehungsebene fokussiert ist. So bewerten die rund 1.200 Befragungsteilnehmer die "Abstimmung vertriebspolitischer Entscheidungen des Herstellers mit der Händlerseite" lediglich mit der Note 3,84, wodurch diese Bewertung annähernd einen halben Notenpunkt unter der durchschnittlichen Gesamtnote liegt. Die Händlerebene vermisst vor allem eine offene und handelsgerichtete Kommunikation und Information hinsichtlich der zukünftigen Ausrichtung der Vertriebsstrategie. Ebenso wünschen sich viele Händler eine stärkere Berücksichtigung der Händlerperspektive, wenn es um vertriebspolitische Entscheidungen geht. Die Hersteller und Importeure dürfen dabei nicht darüber hinwegsehen, dass sie für eine qualitativ hochwertige Marktbearbeitung auch in Zukunft starke und motivierte Handelspartner benötigen. Auch viele neue Automobilmarken - vorwiegend aus dem Ursprungsland China - haben die Bedeutung eines starken stationären Handels erkannt und sind bereits erste Kooperationen mit etablierten Handelsbetrieben eingegangen. Die Ergebnisse der MarkenMonitor-Sonderfrage zeigen zudem, dass es für immer mehr Handelsbetriebe grundsätzlich überlegenswert ist, das eigene Handelsportfolio um jene neue Marken zu erweitern. Zusammenfassend ist zu konstatieren, dass in erster Linie die von zahlreichen Unsicherheitsmomenten geprägten Zukunftsperspektiven die positiven Elemente der Gegenwart überlagern und damit das Stimmungsbild der Handelsbetriebe nachhaltig trüben. Dabei muss sich der Branchenzweig weiterentwickeln, um auch noch in Zukunft relevant und erfolgreich zu sein. Zentraler Faktor ist dabei eine offene, transparente und vertrauenswürdige Kommunikation zwischen Hersteller und Handel. DIE GRUPPENERSTEN Mercedes-Benz liegt auf Platz 1 bei den deutschen Premiumherstellern. Wenn auch die Handelsbetriebe mit den produkt- und markenpolitischen Entscheidungen deutlich unzufriedener sind, steigt die Händlerzufriedenheit in den weiteren vier Interaktionsfeldern an. Vor allem im Feld der Netzpolitik und allgemeinen Zusammenarbeit schneidet der Stern gut ab. Porsche bleibt trotz leicht gesunkener Zufriedenheit in der Gruppe der Nischenspezialisten ganz oben und fährt mit der Gesamtnote 2,21 auch den Gesamtsieg ein. Dennoch muss auch dieser Hersteller in den Feldern Produkt und Marke sowie Gebrauchtwagen eine schlechtere Bewertung durch die Handelspartner hinnehmen. Nur in Aftersales und Netzpolitik steigt die Zufriedenheit. Seat gelingt es mit einem Vorsprung von 0,5 Notenpunkten auf den Vorjahressieger und Zweitplatzierten Toyota, sich an die Gruppenspitze bei den großen Importeuren zu setzen. Dabei steigt die Zufriedenheit der Händler der Marke in allen fünf Feldern deutlich an. Am besten bewerten die Händler den Bereich Netzpolitik und Zusammenarbeit (2,39). Subaru gewinnt mit der Note 2,34 souverän seine Klasse der kleinen Importeure und klettert im Gesamtranking auf den zweiten Platz. Die Marke knüpft damit an die Erfolge vergangener Jahre an und verbessert sich um 0,35 Notenpunkte. In vier von fünf untersuchten Beziehungsfeldern liegt der Importeur an der Spitze: Neben der wichtigen Vertriebs- und Netzpolitik konnte Subaru auch die Bereiche "Gebrauchtwagen und "Aftersales" für sich entscheiden. Für die Zusammenarbeit mit dem Außendienst (1,46) und die Fahrzeugqualität (1,54) verteilten die Partner Bestnoten. Volkswagen kann den ersten Platz bei den deutschen Volumenmarken behaupten, obwohl der Hersteller in vier Beziehungsfeldern an Zuspruch verliert. Lediglich bei der Netzpolitik gelingt der Marke eine Verbesserung, wobei vor allem das Absatzpotenzial im Marktbetreuungsgebiet von den Partnern honoriert wird. GESAMTRANKING2023 2022 1 Porsche 2,21 2,20 2 Subaru 2,35 2,69 3 Seat 2,52 3,05 4 Cupra 2,75 - 5 JLR 2,91 3,40 6 Mercedes-Benz 2,94 3,09 7 Mazda 3,01 2,93 8 Mitsubishi 3,02 2,21 9 Toyota 3,02 2,98 10 Mini 3,05 2,80 11 Honda 3,20 3,99 12 BMW 3,20 3,20 13 Hyundai 3,22 3,08 14 Suzuki 3,24 3,88 15 Audi 3,29 2,84 16 Jeep 3,32 - 17 Volvo 3,33 3,28 18 Nissan 3,38 3,11 19 Kia 3,62 3,31 20 Skoda 3,63 3,37 21 Dacia 3,69 - 22 Fiat 3,70 4,05 23 Volkswagen 3,73 3,64 24 Ford 4,00 4,07 25 Peugeot 4,01 3,86 26 Maserati 4,11 3,34 27 Renault 4,34 3,04 28 Citroen 4,48 4,40 29 Opel 4,71 4,24 Schulnoten / Institut für Automobilwirtschaft 2023 | n = 1.196 | 1 = sehr gut | 6 = ungenügend * Maserati wurde 2022 zum ersten Mal in die Befragung aufgenommen.

Autohaus Penske: Erster City-Showroom für Ferrari

Audi-Quartalszahlen: Einbruch bei Umsatz und Ergebnis

Premiere: Erster "T.I.R.E.-Summit" in Wien

Panorama: China, Chery, große Zahlen

Daimler Truck: Solider Start ins Jahr

Alle Schlagzeilen

Händlerzufriedenheit: Herausforderung Zukunft

WEITERLESEN

NEWSLETTER