Ausgabe 04/2008: 7 vor dem Komma

Ford / Nach einem enttäuschenden Jahr wollen die Kölner "faire Ausgangsbedingungen für alle Partner schaffen" – beim Reizthema Garantie-abwicklung sei man schon einen großen Schritt weiter gekommen.7 vor dem Kommavon Prof. Hannes BrachatFormensprache, Dynamik, Individualisierung, neue CI in den Ford-Betrieben: Damit will Jürgen Stackmann, Vertriebs- und Marketing-Chef der Ford-Werke Deutschland, sichtbare Markenakzente setzen. AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat sprach in der Zentrale zu Köln mit ihm. AH: Herr Stackmann, auch die Ford-Organisation hatte 2007 ein schwieriges Jahr. 2006 stimmte zuversichtlich. 2007 war ein Jahr mit Brüchen?J. Stackmann: 2007 war für unsere Händler wie für uns ein enttäuschendes Jahr. Wir haben uns im ersten Halbjahr im Privatkundenmarkt schwer getan. Mit 6,5 Prozent Marktanteil lagen wir deutlich unter unserer Ziellinie. Für 2007 gehen wir dann in Summe von 7,2 Prozent Marktanteil aus. Im zweiten Halbjahr haben wir mit unseren Händlern im gewerblichen Bereich erfolgreich gepunktet. Gerade im Kleingewerbemarkt sind wir ein großes Stück nach vorne gekommen. Der Nutzfahrzeugbereich war 2007 besonders erfolgreich. AH: Und wie geht es der Mutter in Amerika? Ford hat 2006 über 12 Mrd. Dollar Verlust gemacht, Ford-Europa schrieb 2007 schwarze Zahlen. Ford-Deutschland steht immer noch im roten Bereich?J. Stackmann: Ford-Europa hat sich ganz hervorragend entwickelt. Das hat seit 1999 wirklich positive Züge angenommen, siehe unsere erfolgreiche Modelloffensive. Auch eine Markenidentität wurde geschaffen. 2007 haben wir mit einem Gewinn von 997 Mio. US-Dollar für Ford-Europa ein sehr positives Ergebnis erwirtschaftet und das mit eigenständigem, "europäischem" Produktprogramm. AH: Und wie geht es mit Jaguar und Land Rover weiter?J. Stackmann: Dazu kann ich nichts beitragen. NutzfahrzeugeAH: Das ist aber bedauerlich! Wenn der Nutzfahrzeugbereich 2007 sehr erfolgreich war, wie gelingt das bei einer Lieferzeit vom Transit mit 14 Monaten?J. Stackmann: Die deutschen Ford-Händler haben 2007 in diesem Segment 54 Prozent mehr Fahrzeuge als im Vorjahr verkauft. Das lässt sich bei einer gesamteuropäisch wachsenden Nachfrage und beschränkter Produktionskapazität nicht kurzfristig realisieren. Wir haben aber 30 Prozent mehr Volumen nach Deutschland hineinbekommen. Im zweiten Halbjahr wurde die Produktionskapazität erhöht. Wir erwarten, dass sich die Auftragslage im ersten Quartal 2008 entspannen wird. AH: Worin sind die aufgezeigten Nutzfahrzeugerfolge begründet?J. Stackmann: Das ist eine Kombination aus drei Faktoren: Wir haben ein hervorragendes Produkt. Wir haben eine Organisation, die hinter dem Produkt steht. Und wir haben eine Kundschaft, die für dieses Produkt eine hohe Akzeptanz hat. Dies hängt auch mit einem attraktiven Preis-Wert-Verhältnis zusammen. Wir haben 2007 unser Netz von Nutzfahrzeugspezialisten über 90 Händlerstandorte hinaus erweitern können. AH: Ihre Produkte werden sowohl seitens der Händlerschaft wie der Kundschaft auffällig gelobt. Und dennoch, die Kunden greifen immer noch nicht zu? J. Stackmann: Uns ist bewusst, dass wir die Ursachen mehr auf der Marken- als auf der Produktebene suchen müssen. Die Händler sind begeistert von den Produkten, die sie haben und die kommen werden. 2008 müssen wir es schaffen, über die neuen Produkte die Begeisterung für die Marke weiter nach vorne zu bringen. AH: Sie genießen in Sachen Marketing in der Branche einen genialen Ruf. Was wird Jürgen Stackmann über die Marketingschiene vom Stapel lassen?J. Stackmann: 2008 ist für uns ein Jahr mit großen Chancen. Drei relevante Neueinführungen stehen an. Am 23.2. beginnen wir mit der wichtigsten, dem Ford "Focus". Ein Fahrzeug mit einem ganz hohen positiven Presseecho. Im Mai kommt der neue Ford SUV "Kuga" mit großem Dieselmotor und attraktivem "Ford kinetic Design". Und im Oktober kommt der Fiesta-Nachfolger. Ziellatte 2008AH: Und in welcher Dimension liegt dann die Messlatte für 2008?J. Stackmann: Wir wollen in 2008 das zurückholen, was wir 2007 stehen lassen haben. Also eine 7 vor das Komma. Wir werden die Ziele so ansetzen, dass die Händler diese erreichen können. Wichtig ist für uns, dass wir neben der Ausrichtung auf Marke und auf neue Produkte sehr viel getan haben, um mittleren und kleineren Händlern das Geschäft mit der Marke Ford wieder attraktiv zu gestalten. Viele Bausteine sind in 2008 so angelegt, dass besonders auch kleinere Händler wieder Freude mit der Marke Ford haben werden. AH: Die Zahl der Ford-Servicebetriebe ist ja gestiegen. Sollen diese nun in den Verkaufsaktivitäten forciert werden?J. Stackmann: Wir liegen bei 570 Handelsbetrieben und 250 Filialen, in denen wir verkaufen. Und dann haben wir ein Netz von nahezu 1.000 zusätzlichen Servicebetrieben. Sie vermitteln für andere Partner. Diese Händler sind für mich wichtige Multiplikatoren in ihren Märkten. Es soll jeder Partner seine Chance im Markt haben, aber dann auch seine Chance nutzen. Wir haben uns beispielsweise mit dem Händlerbeirat über ein neues Lagerwagenfinanzierungsmodell verständigt, das zu einer sofortigen und dauerhaften Kostenreduzierung führt. Für 2008 werden auch die gesamten Marketingprogramme sehr kunden- und auftragsrelevant gestaltet. Jeder einzelne Verkäufer weiß im Zeitpunkt des Kundengespräches genau, wie das Fahrzeug konditionell angelegt ist, was ihm exakt verbleiben wird. Das wird für eine höhere Stabilität sorgen. AH: Hat sich etwas getan in Sachen Vorführwagenregelungen?J. Stackmann: Das ist eher ein Mythos. Wir bieten unserem Handel zur Markteinführung strategische Testwagenprogramme an. Das heißt, dass Fahrzeuge in bestimmten Ausstattungskategorien mit hohen Prämien zugelassen werden können. AH: Stellen die geballten Modelleinführungen nicht eine Überforderung des Herstellers wie des Händlers dar? Die Verkaufsabschlüsse am Wochenende der Markteinführung sind rückläufig.J. Stackmann: Bei Markteinführungen sind es immer drei Gruppen, die ich anspreche. "Focus" verkaufen wir beispielsweise stark im Privatmarkt, also an den Kundenstamm, den wir bereits haben. Dieses C-Segment hat eine hohe Volumendimension. Die zweite Zielgruppe sind die gewerblichen Kunden. Hier bieten wir dem Handel im Rahmen einer Entzerrung eine Markteinführung vor der eigentlichen am 23.2. an. Diese Gruppe braucht andere Argumente als die Privatkunden. Am 23. Februar wollen wir uns bei der Einführung vor allem auf die Neukunden konzentrieren. Das geschieht über Plakat-, Radio- und Fernseh-Kommunikation. Das wird beim "Kuga" anders aussehen. So muss die Einführung also stets vom jeweiligen Modell und der Zielgruppe abhängig sein. Zukunft VertriebAH: Stimmt Sie die Situation gerade angestammter Ford-Traditionshäuser für den Ford-Vertrieb der Zukunft nicht nachdenklich? Oder anders: Lebt Ford derzeit nicht ganz massiv zu Lasten der gesamten Handelsvertriebssubstanz?J. Stackmann: Der Autohandel tut sich mit den gegebenen Strukturen derzeit allgemein sehr schwer. Wir werden und müssen wachsen. Das hat ohne Frage mit Marktverdrängung zu tun. Es wird kein homogenes Geschäftsgebilde unter 600 Partnern geben. Der eine Händler ist mit 2 Prozent Rohertrag zufrieden, so er sein Volumen schafft, der andere sagt, er brauche mindestens 8 Prozent um zu überleben. Damit haben Sie automatisch Konfliktpotenzial. Wir arbeiten nun einmal mit freien Händlern. Und da gibt es auch ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Freiheit. Wir als Hersteller wollen allerdings faire Ausgangsbedingungen für alle Partner unseres Netzes schaffen.AH: Wenn das in der Ford-Organisation aber so weitergeht, haben Sie in fünf Jahren noch die Hälfte der Händler und viele weiße Vertriebsflächen?J. Stackmann: Mir ist es nicht bange um unsere Organisation. Dennoch, Sorgen sind angebracht. Davon aber bewegt sich nichts. Daher unsere Kehrtwendung in 2008. Bei Ford wird es dieses Jahr beispielsweise kein Quartalsziel geben. Es geht also um eine neue Geschäftsstruktur. Und da sollten wir uns am Jahresende 2008 sprechen. Wir haben unseren Händlern dieses neue Konzept im Dezember 2007 vorgestellt. GarantieabwicklungAH: In Sachen Garantieabwicklung gehört Ihre Organisation zu den Frustmarken. Da steckt inzwischen ein unsäglicher Kleinkrieg dahinter, jeden Tag eine neue Vorschrift. Die "Türkantenkorrosion von Ford" ist ein gängiger Branchenbegriff. Warum diese fürchterliche Gängelung und Komplexität? Demotivation pur!J. Stackmann: Ich beschäftige mich mit diesem Thema derzeit sehr intensiv, zumal es zu einer atmosphärischen Störgröße in der Organisation geworden ist. Wir haben sicher zum Jahresende 2007 einen großen Schritt hinsichtlich zufriedenstellender Abwicklung getan. Es ist vieles automatisiert und standardisiert worden. Auch hinsichtlich der Ertragsmöglichkeiten. Es müssen die Prozesse so vereinfacht werden, dass die Mitarbeiter im Handel wieder Freude an der Arbeit haben. Der Händler bzw. Serviceberater vor Ort muss die Kunden zufrieden stellen. Das ist unser Ziel, dazu müssen wir ihm die Möglichkeit geben. Der Händler ist beim "go to person" das Gesicht der Marke! Dazu gehört eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Handel und Hersteller.

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