Ausgabe 08/2009: Ängste abbauen

HandelÄngste abbauenFranchise-Vertragssystem E Ist es die bessere Alternative für den Automobilvertrieb? Ein Beitrag zur Diskussion um die Neugestaltung der Hersteller-Händler-Beziehungen. Von Walter MissingAuch und gerade in Zeiten der Krise gilt es bei aller berechtigten und notwendigen Konzentration auf die aktuellen Probleme und deren Bewältigung, den Blick nach vorne zu richten und sich im Rahmen der vielen Zukunftsfragen des Automobilvertriebs immer wieder neu auch mit den Vertragssystemen zu befassen.AusgangssituationVor dem Hintergrund des Auslaufens der GVO 1400/2002 im nächsten Jahr ist dieses Thema brandaktuell. Noch ist nicht abschließend vorherzusagen, ob es eine neue Kfz-GVO geben wird und falls ja, in welcher Gestalt sie sich letztendlich präsentiert. Trotzdem tut man gut daran, sich auf die möglichen Szenarien einzustellen und deren Gestaltungsräume auszuloten. Dazu gehört in jedem Fall die Frage nach dem richtigen Vertragssystem für die Gestaltung zukunftsfähiger Hersteller-Händler-Beziehungen. Geäußerte SkepsisDiese Frage führt zwangsläufig zum Franchise-System, dem hierzulande einige Verbandsfunktionäre mit größten Vorbehalten begegnen. Zuletzt hat der Präsident des europäischen Händlerverbands CECRA, Prof. Dr. Jürgen Creutzig, vor Franchise-Verträgen gar gewarnt, weil sie „das hohe Gut der unternehmerischen Freiheit“ einschränken würden. Ein großes Wort. Als Beweis dafür führt er die Möglichkeit der Bezugsbindung des Franchise-Nehmers an, die der Bundesgerichtshof in einem kürzlich ergangenen Urteil bekräftigt hat.Was – muss man sich doch fragen – ist so negativ an einer Bezugsbindung des Handels an seinen Hersteller, wenn diese Bindung auf einer fairen, berechenbaren und für alle Händler gleichen Basis organisiert wird? Oder betrachtet Herr Prof. Creutzig die im heutigen Geschäftsmodell praktizierten Querlieferungen von Neuwagen oder den bisher wenig ausgeprägten Direktbezug von Originalteilen wirklich und ernsthaft als eine besonders erfolgreiche und für das Überleben der Händler wichtige Errungenschaft? Mögen die Meinungen darüber auseinandergehen, die aktuelle Situation der Branche jedenfalls zeigt ein anderes Bild. Fest steht darüber hinaus, dass Franchise-Systeme sowohl für den Hersteller als auch für den Händler eine ganze Reihe signifikanter Vorteile bieten können. Hierauf soll mit diesem Artikel im Sinne eines Diskussionsbeitrags zur zukünftigen Gestaltung der Hersteller-Händler-Beziehungen hingewiesen werden. Ursprung und InhaltFranchise-Systeme haben ihren Ursprung in den USA, sind heute aber auch in Deutschland weit verbreitet. In einigen Branchen stellen sie mittlerweile den dominierenden Vertragstypus dar. Prominente Vertreter von im Übrigen hervorragend funktionierenden und höchst erfolgreichen Vertragssystemen auf Basis von Franchise-Konzepten sind beispielweise McDonalds, Manpower oder OBI. Entgegen der Situation im Automobilhandel werden dort angemessene Renditen erwirtschaftet und hohe Zufriedenheitsgrade mit den Franchise-Gebern erreicht. Gleichwohl ist der Franchise-Vertrag bis heute im deutschen Recht nicht ausdrücklich geregelt. Unter den Experten besteht jedoch Einigkeit, dass es sich um einen Mischvertrag handelt, der in der Praxis regelmäßig Bestandteile des „Lizenzvertrags“, des „Know-how-Vertrags“ und vor allem des „Vertragshändlervertrags“ enthält. Die Fülle der möglichen Variationen macht den Franchise-Vertrag auch für den Automobilhandel und die Gestaltung seiner vertraglichen Beziehung zu seinem Hersteller interessant. Angesagt ist dabei sicherlich eine gehörige Portion Gestaltungskreativität, die einigen Verbandsvertretern abhanden gekommen scheint. Sie versuchen stattdessen an den alten unbefriedigenden Rahmenbedingungen festzuhalten. Chancen, die in einem grundlegenden Neuanfang liegen und aus der heutigen Misere des Geschäftsmodells herausführen könnten, werden nicht aufgegriffen und ernsthaft geprüft.Schwarze SchafeWie immer und überall gibt es auch im Bereich des Franchising gute und schlechte vertragliche Konstellationen und es gibt natürlich eine ganze Menge schwarzer Schafe als Franchise-Geber, die vor allem unerfahrene Existenzgründer mit Verträgen locken, die sich im Nachhinein als reichlich unausgewogen darstellen. Solche einseitigen vertraglichen Vereinbarungen können für den Bereich des markengebundenen Automobilhandels ausgeschlossen werden. Nicht nur, weil auf beiden Seiten Profis assistiert von versierten Beratern sitzen, sondern vor allem auch, weil es zwischen Herstellern und Händlern in dieser Branche eine langjährige Zusammenarbeit und damit in der Regel eine gute Vertrauensbasis gibt. Auf einer solchen Basis sollten sich die Vorteile und die Chancen des Franchise-Vertrags erfolgreich nutzen und umsetzen lassen.Chancen im Franchise-SystemWenn die aktuelle Kfz-GVO keine Nachfolge-Verordnung ähnlichen Zuschnitts erfahren sollte oder ersatzlos entfällt, dann können über ein Franchise-System nahezu sämtliche Gestaltungselemente aufleben, wie sie vor Inkrafttreten der jetzigen GVO üblich waren. Dazu gehört vor allem die Zuordnung eines klar definierten Vertragsgebiets, gegebenenfalls sogar verknüpft mit einem Gebietsschutz. Müßig, darauf zu verweisen, dass sich dadurch die Planbarkeit der Geschäfte sowohl mengenmäßig als auch im Hinblick auf die wirtschaftlichen Ergebnisse signifikant steigern ließe. Klare, verlässliche und vertraglich vereinbarte Regelungen werden in guten und ausgereiften Franchise-Systemen zu einem attraktiven Gesamtpaket geschnürt. Dazu gehört vor allem eine vertraglich vereinbarte Ertragsprognose für die vom Franchise-Nehmer zu erbringenden Leistungen und Investitionen innerhalb einer fest vereinbarten Vertragsdauer. Damit wird dem Franchise-Nehmer die Amortisation seiner Investitionen gesichert. Wie bei anderen Vertragstypen gilt das natürlich auch beim Franchise-Vertrag nur unter der Voraussetzung, dass der Franchise-Nehmer seinen vertraglichen Pflichten nachkommt und sich an die sonstigen vertraglichen Bedingungen hält.Langfristige AusrichtungFranchise-Verträge weisen nicht selten Laufzeiten von 10 oder 20 Jahren auf, in der Regel gekoppelt mit einer Option auf eine Erneuerung der Vertragsdauer nach deren Ablauf. Auf einer solchen Basis lässt sich langfristig planen. Der übliche baukastenartige Aufbau lässt außerdem hohe Flexibilität in der Gestaltung der Verträge zu. Da Franchising in Deutschland nicht ausdrücklich in einem Gesetz geregelt ist, hat die Ausgestaltung des Franchise-Vertrags eine besonders hohe Bedeutung für die Vertragsparteien. Er ist die Verfassung des Franchise-Systems und fällt deshalb in der Regel sehr umfassend aus. Die mit dem Franchisevertrag einhergehende typische Vereinbarung von Standards wird im Übrigen bereits heute von den Herstellern mit den bekannten einseitigen Vorgaben praktiziert.Beide Partner bringen sich einEine gute Franchise-Beziehung verlangt von beiden Vertragsparteien ein grundsätzliches Umdenken. Der Franchise-Geber, im Automobilvertrieb der Hersteller, übernimmt die Verantwortung für den Markt und dessen Entwicklung. Entsprechend sorgfältig wird er ihn beobachten und seine Veränderungen in Abhängigkeit der eigenen Aktivitäten und des Wettbewerberverhaltens einzuschätzen versuchen. Denn aus den Marktpotenzialen und deren Ausschöpfung baut sich die gesamte Kalkulation des Geschäftsmodells auf, für das der Franchise-Geber garantiert. Im Gegenzug bindet sich der Franchise-Nehmer, der Händler, mit seinen Bezügen von Neuwagen, Teilen und ggf. Autohauseinrichtungen sowie technischer Ausstattung an einen einzigen Partner, seinen Hersteller. Auf dieser gegenseitigen Verpflichtung basiert das Franchise-Prinzip und baut das Geschäftsmodell auch im Automobilvertrieb im Grundsatz auf. Es stellt sich deshalb die Frage, was daran so gefährlich ist? zLesen SIe hier...... ob das Franchise-Vertragssystem die bessere Vertragsalternative für den Handel ist, und erfahren Sie die Vor- und Nachteile.KurzfassungIm Zusammenhang mit dem Auslaufen der derzeitigen GVO im Jahr 2010 wird auch über neue Vertragsformen für den Automobilvertrieb, z. B. das Franchise-Vertragssystem, diskutiert. Verbandsvertreter sehen Franchising für den Automobilvertrieb skeptisch, weil es eine Bezugsbindung des Handels an seinen Hersteller beinhaltet. Obwohl dies zutrifft, sieht der Autor darin keinen Nachteil für den Handel, sondern es überwiegen seiner Meinung nach die Chancen aus Ertrags- und Investitionssicherheit sowie weiteren Vorteilen.

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