Elektromobilität: Alles aus einer Hand

Elektroautos boomen. Rund 16 Prozent (Stand: August 2022) machen die Stromer mittlerweile bei den Neuzulassungen am deutschen Pkw-Markt aus. Inzwischen gibt es auch deutlich mehr Modelle und Hersteller als noch vor einigen Jahren. Und die Infrastruktur wächst langsam mit den steigenden Anforderungen der Elektromobilität mit.Herausforderung und ChancenFür den Autohandel bedeutet dies eine der größten Transformationen in der Geschichte. Die E-Fahrzeuge sind vor allem auf digitale Services ausgerichtet. Ausstattungsmerkmale wie Sitzheizung oder Reichweitenverlängerung werden in Zukunft nicht im stationären Handel verkauft, sondern als Service Over The Air direkt beim Hersteller gebucht. Da dies via Software Updates funktioniert, müssen die Fahrzeuge auch nicht in vielen Varianten im Ausstellungsraum stehen. Die Folge: Die Showrooms werden kleiner und verlagern sich teilweise in die Innenstädte. Und nicht nur der Verkauf ist betroffen. Auch in den Werkstätten wird man irgendwann den Einfluss der deutlich wartungsärmeren E-Fahrzeuge spüren.Gleichzeitig bietet jede Veränderung jedoch Chancen. So sieht das auch Marco Pfündl, Filialleiter bei der Hofmann & Wittmann Gruppe im VW-Zentrum am Standort Ingolstadt. Die Handelsgruppe, die auch BMW und Porsche an anderen Standorten im Portfolio hat, erkannte bereits vor Jahren das Potenzial der Elektromobilität für den Handel. Dabei ging es nicht nur um die Fahrzeuge allein, sondern um die gesamte Infrastruktur beim E-Autokauf. "Der Kunde hat beim Thema E-Mobilität einen großen Beratungsbedarf. Es geht dabei nicht nur darum, welches Auto für ihn das richtige ist, sondern wie er es zu Hause wirtschaftlich laden kann", erklärt Marco Pfündl. Denn viele Käufer benötigten neben dem Fahrzeug auch die entsprechende Beratung bei der Ladeinfrastruktur im Eigenheim. Und genau hier stoßen noch viele Händler an ihre Grenzen.Kooperation mit Pure EnergieDer Kunde sollte also alles zum Thema Laden gleich vor Ort im Autohaus erfahren und ein individuelles Ladekonzept bekommen. Zu diesem Zweck kooperierte Hofmann & Wittmann mit Pure Energien, einem ebenfalls in Ingolstadt ansässigen Spezialisten für erneuerbare Energien. Pure Energien vertreibt unter anderem Photovoltaikanlagen, Energie- und Solarspeicher und Ladestationen für Elektrofahrzeuge.Dieses Fachwissen machte man sich bei Hofmann & Wittmann zunutze. Aus diesem Grund berät ein Mitarbeiter von Pure Energien die E-Autokunden und -Interessenten am Standort in Ingolstadt zu Themen wie Wallbox, Solarpanelle für Carports, bidirektionalem Laden und allem, was zu Hause rund um die Elektromobilität wichtig ist. Er fragt dabei auch viele Details ab, an die man als Kunde vielleicht selber gar nicht denkt: Wohnsituation, Strombedarf und vorhandene Infrastruktur. Ist alles geklärt, übernimmt Pure Energien den Kunden und realisiert für ihn die benötigte Ladeinfrastruktur.Digital und doch persönlichLaut Marco Pfündl setzt man bei Hofmann & Wittmann bereits verstärkt auf das Thema Digitalisierung. Das betrifft beispielsweise die Reduktion von Papier oder die digitale Serviceannahme. Auch bei der Elektromobilität bekommen die Interessenten auf der Website des Händlers einige Beratungstools zur Verfügung gestellt. Hier kann man mit ein paar Klicks den kW-Verbrauch eines E-Autos ermitteln oder ausrechnen, wann sich ein stromgetriebenes Fahrzeug gegenüber einem Verbrenner amortisiert.Die eigentliche Beratung findet jedoch vor Ort im Autohaus statt. "Viele Käufer sind anfangs noch unsicher bei Thema E-Auto. Die Digital Natives informieren sich vor allem im Internet. Unser Service richtet sich daher vor allem an Interessenten, die nicht so digital unterwegs sind oder aufgrund ihrer Wohnsituation eine individuelle Beratung benötigen", erzählt Marco Pfündl. Dadurch ließe sich der E-Autokauf entsprechend verlängern, was für das Autohaus einen positiven Nebeneffekt hat. Der Händler könne sich so als eigene Marke präsentieren, mit zusätzlichem Know-how und Kompetenzen.MobilitätsanbieterDie Elektrorevolution könnte über kurz oder lang dazu führen, dass aus Autohäusern Mobilitätsdienstleister werden. Dort würden dann nicht nur Autos verkauft oder repariert, sondern verschiedene Mobilitätskonzepte angeboten. Ein solches Szenario könnte sich Marco Pfündl durchaus vorstellen. "E-Bikes und E-Scooter spielen eine immer wichtigere Rolle. Gerade der Anteil an E-Bikes ist in den letzten Jahren zwischen 30 und 40 Prozent gewachsen. Der Autohandel sollte sich in jedem Fall damit auseinandersetzen."Natürlich blieben laut Pfündl Autos auch in Zukunft das Kerngeschäft. Aber es kommen neben neuen Antrieben auch neue Vertriebsmodelle wie das Auto-Abo. Diese eignen sich zum Beispiel als Einstieg in die Elektromobilität, da die Kunden das Fahrzeug für einen Zeitraum im Alltag testen können und sich so später vielleicht zum Kauf entscheiden. Gleiches gilt für neue Sparten wie den E-Bike-Vertrieb. "Als Händler müsse man über alles zumindest einmal nachdenken, um herauszufinden, was in Zukunft wirtschaftlich sein könnte", meint Marco Pfündl.Elektrische FlottenEin wichtiges Feld sind neben den Privatkunden auch die Betreiber von Fahrzeugflotten. Auch hier wird Beratung immer wichtiger. Unternehmen haben in der Regel großes Interesse, das Wissen über Elektromobilität bei ihrem Händler zu bekommen. Zu Beginn muss vor allem geklärt werden, ob ein Unternehmen die Elektromobilität überhaupt umsetzen kann?Denn E-Transporter wie der ID Buzz von VW haben meist eine geringere Zuladung aufgrund der schweren Batterien. Auch gibt es laut Marco Pfündl bei den Firmenkunden regelmäßig Sonderfälle wie eine bereits vorhandene Solaranlage, die für die E-Flotte genutzt werden soll. In solchen Situationen kann ein persönlicher Berater deutlich besser helfen als ein digitales Tool.Veränderung durch E-MobilitätDie Folgen der Transformation im Fahrzeugmarkt zeichnen sich bereits ab. Showrooms werden zu Lounges und E-Fahrzeuge erhalten ihre Ausstattung via Software Updates oder werden komplett über das Internet verkauft. Bei Hofmann & Wittmann hat man bereits früh die Zeichen der Zeit erkannt und arbeitet an einer eigenen Marke als "Pionier der Elektromobilität". Für Marco Pfündl ist dies eine Chance, neben neuen Fahrzeugen wie E-Autos und E-Bikes auch Dienstleistungen und Beratung dem Portfolio des Autohauses hinzuzufügen. Deshalb könnte er sich auch vorstellen, irgendwann die Beratung inhäusig durch eigene Mitarbeiter anzubieten und gleichzeitig Installation und Finanzierung der Ladeinfrastruktur selbst anzubieten. Denn warum sollte man den Kunden abgeben, wenn man nach dem Kauf noch so viel für ihn tun kann.

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