Ausgabe 12/2013: Altverträge anpassen!

Der Bundesgerichtshof (BGH) informierte in einer Pressemitteilung vom 29.05.2013 über eine am gleichen Tag ergangene Entscheidung (Az. XIII ZR 174/12). Der BGH befasst sich hierin mit der Wirksamkeit einer Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für den Verkauf gebrauchter Kraftfahrzeuge und Anhänger, wie sie vom Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) in den AGB Stand 2003 damals empfohlen wurden. Die Klausel beinhaltet für Ansprüche des Käufers wegen Sachmängel ausnahmslos eine lediglich einjährige Verjährungsfrist. Das (im Volltext noch nicht vorliegende) Urteil des BGH gibt Anlass, die eigenen Verträge zu überprüfen.Die AusgangslageEin Ehepaar kaufte von einem Autohaus im August 2006 ein Gebrauchtfahrzeug, in das sie vor der Übergabe eine Flüssiggasanlage einbauen ließen. Im Zeitraum von Mitte 2007 bis Mitte 2008 wurde das Fahrzeug mehrfach zum Autohaus gebracht, um Reparaturarbeiten durchführen zu lassen. Im Oktober 2008 - also mehr als zwei Jahre nach Abschluss des Kaufvertrages und Übergabe des Fahrzeuges - setzten die Käufer dem Autohaus erfolglos eine Frist zur Erklärung der Reparaturbereitschaft für den eingebauten Gastank und kündigten die Reparatur des Fahrzeugs bei einem anderen Autohaus an. Nachdem die Verkäuferin nicht entsprechend reagiert hatte, nahmen sie die Käufer auf Bezahlung der zu erwartenden Mangelbeseitigungskosten sowie auf Schadenersatz gerichtlich in Anspruch. Im Prozess berief sich die Verkäuferin auf die Verjährung der Gewährleistungsansprüche. Zur Verjährung und zur Haftung war in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Autohauses für den Verkauf gebrauchter Kraftfahrzeuge und Anhänger konkret Folgendes vorgesehen: "VI. Sachmangel: Ansprüche des Käufers wegen Sachmängel verjähren in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes an den Kunden...VII. Haftung: Hat der Verkäufer aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen nach Maßgabe dieser Bedingungen für einen Schaden aufzukommen, der leicht fahrlässig verursacht wurde, haftet der Verkäufer beschränkt: Die Haftung besteht nur bei Verletzung vertragswesentlicher Pflichten und ist auf den bei Vertragsabschluss vorhersehbaren typischen Schaden begrenzt. Diese Beschränkung gilt nicht bei Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit. ..."Die Klage der Käufer blieb in den beiden ersten Instanzen ohne Erfolg. Das Berufungsgericht entschied, dass den Ansprüchen der Käufer die Einrede der Verjährung entgegenstehe. Die Revision der Käufer hatte Erfolg, der BGH hob das Berufungsurteil auf.Klauselverbote ohne WertungsmöglichkeitDer BGH entschied unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung (s. hierzu v. a. BGH vom 15.11.2006, Az, VIII ZR 3/06), dass eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, mit der die gesetzliche Verjährungsfrist für Sachmängel abgekürzt wird, wegen Verstoßes gegen die Klauselverbote des § 309 Nr. 7a und b BGB insgesamt unwirksam ist, wenn die im Gesetz bezeichneten Schadenersatzansprüche von der Abkürzung der Verjährungsfrist nicht ausgenommen werden. Nach § 309 Abs. 7. BGB ist eine AGB-Klausel generell unwirksam, wenn sie diejenigen Schadenersatzansprüche des Käufers beschränkt,die auf Ersatz eines Körper- oder Gesundheitsschadens wg. eines vom Verkäufer zu vertretenden Mangels gerichtet sind oderauf grobes Verschulden des Verkäufers oder seiner Erfüllungsgehilfen gestützt sind.Die oben zitierte Ziffer VI der Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann daher keinen Bestand haben, weil es an einer Ausnahmeregelung für die Verjährung der in § 309 Nr. 7 enthaltenen Schadenersatzansprüche fehlt. Ziffer VII dieser AGB nimmt die Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit zwar von der Beschränkung in eben der Ziffer VII aus, aber nicht von der zeitlichen Haftungsbegrenzung in Ziffer VI. Es gilt daher die gesetzliche Verjährungsfrist von zwei Jahren. Weil das Berufungsgericht sich im vorliegenden Fall nicht damit auseinandergesetzt hatte, ob die Käufer ihre Ansprüche innerhalb der gesetzlichen Gewährleistungsfrist geltend gemacht hatten - die Verjährung könnte gehemmt oder unterbrochen sein -, hob der BGH das Urteil zwar auf, verwies es aber zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.AGB des ZDK Stand 2008Bereits in dem Urteil vom 15.11.2006 (Aktenzeichen VIII ZR 3/06) hatte sich der BGH mit folgender Formularklausel in einem Kaufvertrag auseinandergesetzt: "Die Gewährleistungsrechte des Käufers verjähren innerhalb von zwölf Monaten nach Gefahrübergang." Dieser Kaufvertrag betraf zwar einen Tierkauf, es bestand jedoch in der Kfz-Branche und der juristischen Literatur die einhellige Meinung, dass dieses Urteil auch auf die Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen anzuwenden war. Im Rahmen der Überarbeitung im Jahr 2008 wurde hinsichtlich der Verjährung und der Haftung deshalb in Ziffer VI der vom ZDK empfohlenen AGB folgender neuer Absatz eingeführt: "Abschnitt VI Sachmangel gilt nicht für Ansprüche auf Schadensersatz; für diese Ansprüche gilt Abschnitt VII Haftung." Dieser Passus sollte genügen, um den Vorgaben des BGH hinsichtlich einer korrekten Verkürzung der Verjährungsfrist Rechnung zu tragen. Es gibt allerdings noch immer eine erstaunliche Anzahl von Autohändlern, die entweder die alten AGB des ZDK aus 2003 oder gar "selbstgestrickte" AGB mit ähnlichen Gewährleistungsausschlüssen verwenden. Diese Händler müssen sich im Einzelfall mit unverjährten Gewährleistungsansprüchen kostenintensiv auseinandersetzen. Bei Verwendung alter Klauseltexte ist sofortiger Handlungsbedarf angezeigt, die AGB sind anzupassen.Kurzfassung1. Nach § 309 Abs. 7 a und b BGB sind AGB-Klauseln generell unwirksam, wenn hierdurch solche Schadenersatzansprüche des Käufers beschränkt werden, die auf Ersatz eines Körper- oder Gesundheitsschadens des Käufers gerichtet oder auf grobes Verschulden des Verkäufers oder seiner Erfüllungsgehilfen gestützt sind.2. Auch eine AGB-Klausel, die lediglich und allein die gesetzliche Sachmängel-Verjährungsfrist auf ein Jahr verkürzt, ist unwirksam, wenn die Schadenersatzansprüche gemäß § 309 Abs. 7a und b BGB in dieser Klausel nicht ausdrücklich ausgenommen werden.3. Die AGB-Klausel "Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln verjähren in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes an den Kunden" ist deshalb nach dem Urteil des BGH vom 29.05.2013 unwirksam, Vertragsklauseln sind zu überprüfen und anzupassen.KommentarNichts ist so beständig wie der Wandel." Diese alte Lebensweisheit gilt auch und insbesondere für die Haltbarkeitsdauer von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Obwohl Verbands- und Firmenjuristen die Rechtsprechung und die juristische Literatur einer ständigen Kontrolle unterziehen, kann keine Garantie abgegeben werden, dass einzelne Klauseln in der Betrachtung der Gerichte nicht dennoch unwirksam sind - oder auf Grund veränderter Bedingungen geworden sind. Die vom ZDK empfohlenen Gebrauchtwagen-AGB werden vor der Veröffentlichung in Rechtsausschüssen unter Beteiligung des ADAC als Verbraucherschutzorganisation ausgiebig diskutiert und dem Bundeskartellamt zur Absegnung vorgelegt. Berücksichtigt werden kann hierbei naturgemäß nur der Status quo der Rechtsprechung und der gesetzlichen Situation. Ändert sich dieser Status, müssen die AGB angepasst werden.Rechtsanwalt Walter Sattler

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