Forderungsmanagement: "Auch Mahnwesen ist Kundenkommunikation"

AH: Herr Kappert, Sie bezeichnen den Autohandel als Fokusbranche. Warum sehen Sie gerade hier die Notwendigkeit nach Automatisierung im Mahnwesen? F. Kappert: Unsere Kunden haben generell viele Debitoren und ein komplex strukturiertes Geschäft. Das trifft besonders auf den Autohandel zu. Hier findet man ganz unterschiedliche Kundenarten von privat bis gewerblich, aber auch viele unterschiedliche Marken, die vertrieben werden, sowie das Neu-und Gebrauchtwagengeschäft. Also insgesamt viele unterschiedliche Prozesse, die ineinandergreifen und zusammenspielen müssen. AH: Das gilt vermutlich auch für den Faktor Mensch, also die verschiedenen Abteilungen, die im Autohaus miteinander arbeiten? F. Kappert: Genau! Das macht die Prozesse noch komplexer, denn im Autohaus sind viele unterschiedliche Mitarbeiter am Zahlungs- und Forderungsprozess beteiligt: Buchhaltung, Geschäftsführung, Betriebs- und Abteilungsleiter. Sie alle kommunizieren miteinander. Jedoch entstehen hier etliche Medienbrüche, denn das passiert alles per Telefon, E-Mail, Excel-Liste usw. Das macht es noch deutlich aufwändiger. AH: Aufwändige Prozesse kosten Zeit ... F. Kappert: ... und Geld! Nicht nur, weil es mehr Prozesse sind, sondern weil sich auch die Bearbeitungszeit verlängert. Und je länger die Bearbeitungszeit, desto länger wird auch die Forderungslaufzeit. Möchte ein Kunde eine Rechnung nicht bezahlen, weil beispielsweise ein falsches Ersatzteil verbaut wurde, wird er die Rechnung erst zahlen, wenn der Fehler behoben wurde. Wenn die internen Prozesse möglichst reibungslos und in Richtung Kunden ablaufen, dann ist eine schnelle Klärung und ein medienbruchfreier Prozess möglich. Das geht jedoch nur, wenn alle Prozesse zentral gesteuert werden. Und da kommen wir von Bilendo ins Spiel. Die Kernprozesse sind für uns das Mahnwesen und die interne Klärung. Im Alltag bedeutet das, die Debitorenbuchhaltung bucht wie gewohnt die Belege, Bank und Kasse. Bevor ein automatischer Mahnlauf startet, erkennt unser System automatisch, wo es Klärungsbedarf gibt, und stößt diesen Prozess digital an. So werden nur mahnfähige Forderungen gemahnt. AH: Wie läuft das dann normalerweise ab? F. Kappert: Oft muss die Debitorenbuchhaltung in Forderungsfällen mit dem Vertrieb Rücksprache halten. Das kostet, solange es noch keine Probleme mit den Kunden gibt, an sich schon ziemlich viel Zeit. Wenn dann plötzlich etwas schiefläuft und ein Kunde erhält zum Beispiel eine Mahnung vor der eigentlichen Rechnung, dann läuft der Händler im schlimmsten Fall Gefahr, einen enttäuschten Kunden zu verlieren, und das haben inzwischen bereits viele Autohändler erkannt. Denn auch das Mahnwesen ist Kundenkommunikation und gehört zum Kundenservice. AH: Klingt kompliziert! F. Kappert: Und jetzt wird es noch komplizierter. Um die Kundenbeziehung nicht zu gefährden, werden die Prozesse rund um alle offenen Posten oft doppelt und dreifach kontrolliert. AH: Wie bringen Sie hier mit Bilendo Ordnung rein? F. Kappert: Wir sorgen zunächst für ein zentrales Regelwerk, das die Abläufe definiert: Wie Problemfälle richtig gebucht werden, wann und in welchen Abständen gemahnt wird, welche Fälle klärungsbedürftig sind und wann es zu einem Mahnstopp kommt. Bei einer internen Klärung wird ein Datensatz mit allen Informationen an den zuständigen Mitarbeiter verschickt. Der nimmt dann Kontakt zum Kunden auf. Man kann sich den automatischen Mahnlauf wie ein Fließband vorstellen: Unser Automatismus erkennt die Störund Klärungsfälle, nimmt sie von diesem Fließband und verteilt sie an die richtigen Mitarbeiter. Dieser versucht dann, das Problem auf der zentralen Plattform zu klären. Ist das geschehen, geht der Datensatz dann wieder auf das Fließband, der Mahnstopp wird aufgehoben und die Mahnung geht - sofern erforderlich - zum nächstmöglichen Zeitpunkt raus. AH: Erkennt das System die Fälle dann selbstständig? F. Kappert: Die Störung werden entweder durch einen Mitarbeiter angestoßen oder werden durch unsere Workflows automatisch identifiziert. Nehmen wir ein bestimmtes Ereignis wie eine Fahrzeugreparatur mit Selbstbeteiligung. Hier hat das Autohaus zwei Gläubiger, nämlich den Kunden und eine Versicherung. Zwei Gläubiger bedeuten auch zwei unterschiedliche Prozesse, weil eine Versicherung sich im Forderungsprozess ganz anders verhält als der Kunde. Unser Workflow weiß nun, welcher Teil der Forderung mit welchem Mitarbeiter zu klären ist, und holt sich dort die strukturierten Informationen. Die Experten aus der Buchhaltung entscheiden im Einzelfall, wie es weitergeht. AH: Wie schnell kann die Plattform bei einem Händler implementiert werden? F. Kappert: Vom Erstgespräch bis hin zum Go-live vergehen in der Regel vier bis acht Wochen. Dazwischen gehen wir mit einem Betrieb erst einmal in eine Testphase, um die Datenimplementierung und die Abläufe einzustellen. Am Ende der Testphase übergeben wir ein schlüsselfertiges System. Da unsere Plattform browserbasiert und intuitiv bedienbar ist, dauert die Schulung der Mitarbeiter in der Regel nur 30 bis 45 Minuten. AH: Und wie gelangen die Kundendaten in Ihr System? F. Kappert: Die Daten müssen regelmäßig in Bilendo eingespielt werden. Das geht entweder ganz manuell per Batch-Input aus dem Quellsystem, was zwar im Testbetrieb hilfreich sein kann, zum Beispiel könnte die Liste mit allen Debitoren und offenen Posten einfach hochgeladen werden, ist aber langfristig zu aufwändig. Daher haben wir offenene Schnittstellen für einen Batch-basierten und bi-direktionalen LIVE-Austausch der Daten im Angebot. Damit kennen sich die meisten Unternehmen bereits aus und es ist mit wenig Aufwand verbunden, weil es im Autohaus schon ähnliche Prozesse gibt. AH: Sie sagten bereits, dass die Prozesse nicht nur in Richtung Kunden, sondern auch intern optimiert werden müssen. Helfen Sie hier den Händlern strategisch? F. Kappert: Wir setzen uns am Anfang kontinuierlich mit dem Händler zusammen und besprechen die internen Strukturen. Viele Unternehmen vertreiben nicht nur mehrere Marken, sondern haben oft Gesellschaften mit mehreren Buchhaltungsteams. Diese Unternehmensstrukturen müssen mit Bilendo erst einmal festgehalten werden, um die Software an die Bedürfnisse des Betriebs anzupassen, damit die Automatismen wissen, an wen welche Forderung weitergeleitet werden soll. AH: Wird es in Zukunft noch digitaler im Forderungsmanagement? Stichwort KI ... F. Kappert: Wir arbeiten an einer KI, die Kundendaten auswertet, um einen Risikoindex zu erstellen, zum Beispiel, wenn sich ein Kunde wirtschaftlich schlecht entwickelt und eventuell kurz davor ist, alle Forderungen nicht bezahlen zu können. Dieser Bonitäts-Algorithmus soll den eigenen Datenschatz und eigene Zahlungserfahrung nutzen, um Risiken sichtbar zu machen. Der Mensch wird hier nicht ersetzt. Im Gegenteil: Mensch und Maschine sollen zusammenarbeiten. Ziel ist es, die Akkuratheit eines Algorithmus mit dem Bauchgefühl und der langjährigen Erfahrung der Mitarbeiter zu kombinieren. Der Mensch entscheidet am Ende aufgrund des besseren Gesamtüberblicks über das Risiko. AH: Vielen Dank für das Gespräch!

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