Autohaus Eitel: Aus der Insolvenz lernen

Michael Eitel jun. (42) musste im Januar für die familieneigene Autohaus-Gruppe mit zwölf Standorten und vier Marken (Toyota, Honda, Citroen und Hyundai) Insolvenz anmelden. Zunächst versucht er in Eigenverwaltung gemeinsam mit einem Insolvenzverwalter die Gruppe als Ganzes zu erhalten bzw. zu verkaufen. Als dieser Plan nicht aufging, kam im Juli die Regelinsolvenz. Das Ergebnis: Nur für vier Betriebe (Neu-Ulm, Weiden, Jena und Weimar) gibt es Nachfolgelösungen. Alle anderen wurden geschlossen. Von den zuletzt 200 Mitarbeitern blieben nur 20 bei den Käufern. Und: Die Betriebe werden mit anderen Markenkonstellationen weitergeführt. Keiner verkauft heute noch Toyota - einst die Hauptmarke des Unternehmens. AUTOHAUS-Redakteurin Doris Plate sprach mit Michael Eitel jun. über die Gründe für die Insolvenz, die Abwicklung und welche Lehren er daraus gezogen hat. AH: Herr Eitel, im Januar musste die von Ihnen geführte Eitel-Gruppe mit zwölf Standorten in die Insolvenz gehen. Wie geht es Ihnen heute? M. Eitel: Ich versuche derzeit beruflich wieder Fuß zu fassen und die Vergangenheit hinter mir zu lassen. AH: Zunächst haben Sie versucht, die Autohausgruppe mit einer Insolvenz in Eigenverwaltung zu erhalten bzw. als Ganzes zu verkaufen. Warum hat das nicht geklappt? M. Eitel: Im Wesentlichen hat es daran gelegen, dass es einen längeren Verhandlungsmarathon gegeben hat für die Fortführungsvereinbarung. Als die Fortführungsvereinbarungen endlich gestanden haben, haben sich einzelne Lieferanten zur Kündigung entschlossen. Schon während den Verhandlungen waren die Kunden verunsichert, weil sie teilweise ihre Fahrzeuge nicht bekommen haben, weil wir die nicht auslösen konnten. Durch die Kündigungen waren wir dann von der Belieferung abgeschnitten. Letzten Endes hat das zu der Erkenntnis geführt, dass man unter den Bedingungen auf Dauer das Unternehmen nicht fortführen kann. Deswegen haben wir das Verfahren dann in eine Regelinsolvenz gedreht. GmbH schützt nicht AH: Aber Sie persönlich sind noch gut herausgekommen, weil es eine GmbH war? M. Eitel: Nein, ich bin privat verpflichtet bei diversen Banken und auch bei den Herstellern. Ich bin auch aus Bürgschaften in Anspruch genommen. Denn was viele vielleicht nicht wissen: Bürgschaften, die nicht beansprucht werden, weil die entsprechenden Verbindlichkeiten durch Verwertung von Sicherheiten abgelöst werden, fallen als Forderungsanspruch an die Masse. Ich versuche jetzt mit meinen Gläubigern eine private Schuldenbereinigung hinzubekommen. Am Ende steht für mich persönlich auch die Frage, ob ich ein Insolvenzverfahren machen muss. AH: Was hat Ihre Betriebe in die Schieflage gebracht? M. Eitel: Im Wesentlichen waren das überzogene Privatentnahmen seitens der Gesellschafter. Mein Fehler war, dass ich zugeschaut habe. Ich habe den familiären Konflikt gescheut. Zu früh mit Schulden begonnen AH: Das ist bitter. M. Eitel: Letzten Endes habe ich 15 bis 20 Jahre mit dem Konflikt gelebt. Ich bin nach dem Studium mit 24 direkt in die Firma eingestiegen. Habe auch gleich mit eigenen Investments und Schulden angefangen, mit Existenzgründungsdarlehen neue gebaut, obwohl ich vom Tagesgeschäft noch nicht wirklich eine Ahnung hatte. AH: Aber Sie sind doch in dem Betrieb aufgewachsen, da müssten Sie doch eigentlich schon eine Ahnung gehabt haben, was da läuft? M. Eitel: Das hatte ich nicht. Dass die Firma immer auf der Kante steht und immer wieder einmal die Liquidität weggebrochen ist, habe ich nicht mitbekommen. Ich habe studiert und auch immer wieder in der Firma ausgeholfen, die Hintergründe habe ich aber nicht gekannt. Während meines Studiums hatte die Firma auch eine ganz andere Konstellation. Wir hatten früher vier Betriebe. Erst als ich anfing, kamen die anderen dazu. So hat sich das langsam aufgebaut. AH: Ihre Firmengruppe war ja ziemlich weit verstreut. M. Eitel: Die Keimzelle war Freihung, eine kleine Ortschaft zwischen Weiden und Amberg. Von da aus lagen die Betriebe in einem Radius von 250 bis 300 Kilometern. Die meisten Betriebe waren in Thüringen, von Gotha bis Jena. Im Süden hatten wir Neu-Ulm und Biberach. AH: Die Fahrstrecken waren kein Problem? M. Eitel: Eher weniger. Wir haben die Betriebe häufig besucht. Wir waren in der Woche drei bis vier Tage unterwegs. Das war gut organisiert. Wir hatten eine gute Kundenbindung und wir haben auch in der Unternehmensgruppe eigentlich immer schwarze Zahlen geschrieben - mit Ausnahme von 2008. Die Hersteller sind nicht schuld AH: Haben Ihnen rückläufige Verkäufe zu schaffen gemacht? M. Eitel: Nein. Damit sind wir fertig geworden. Als Toyota und Honda schwächelten, haben wir andere Marken aufgenommen und eine Autovermietungsgesellschaft gegründet. Man kann nicht sagen, der Hersteller ist schuld. Der Unternehmer ist selbst verantwortlich. AH: Oftmals sind ja Leasingrückläufer die Auslöser von Insolvenzen. M. Eitel: Wir hatten kaum Kilometerverträge. Das Risiko sind wir bewusst nicht eingegangen, sondern haben über Jahre hinweg nur Restwertverträge abgeschlossen. Unsere Liquiditätskrise in 2008 haben wir mit einer Restrukturierung bewältigt. Die Ertragskraft des Unternehmens war außer im Jahr 2008 kein Problem. Erst die hohen Privatentnahmen haben uns in Schwierigkeiten gebracht. Selbst in schlechten Jahren haben wir über das Immobilienvermögen und die ganze steuerliche Organschaft ein Ergebnis von mindestens 500.000 Euro vor Steuern gehabt. In guten Jahren manchmal sogar zwei Millionen. Wenn wir die Überschüsse zur Schuldentilgung verwendet hätten, hätten wir heute keine Schulden mehr, nur noch ein bisschen Autofinanzierung. AH: Welche Rolle spielten die Hersteller in der Insolvenz? M. Eitel: Bis auf Hyundai haben alle Hersteller gekündigt. Nur Hyundai hat der Sache eine Chance gegeben. Das hat letzten Endes auch dafür gesorgt, dass Hyundai an zwei Standorten weiter vertreten ist. Die anderen Hersteller haben das nach Schema F abgewickelt: Wenn der Händler einen Insolvenzantrag stellt, wird gekündigt. B-Händler-Problematik AH: Auf unserer Online-Seite wurde Ihr Verhältnis zu Ihren Unterhändlern kritisiert, schlechte Konditionen und Behandlung vorgeworfen. Wie sehen Sie das? M. Eitel: Wir hatten fünf Partnerhändler. Da sind auch zwei mit Forderungen ausgefallen: Gutschriften und Anzahlungen waren durch die Insolvenz weg. Dass es im Vorfeld Benachteiligungen gegeben hat, glaube ich nicht. Ich habe mich zumindest bemüht, mit den Partnern ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Natürlich ist ein B-Händler-System immer eine Zwangsgemeinschaft, die von außen aufoktroyiert wird. Wenn der Partnerhändler direkt mit dem Hersteller einen Vertrag haben möchte und nur zum A-Händler geht, weil er keine Alternative hat, ist das eine Zwangsehe. Dass das für Unzufriedenheit sorgt, liegt auf der Hand. Mehr berufliche Erfahrung nötig AH: Wenn Sie noch einmal die Chance hätten, was würden Sie heute anders machen? M. Eitel: Ich kann jemandem, der 24 oder 25 ist und ins elterliche Unternehmen einsteigt, nur empfehlen, das eine ganze Zeit lang auf Angestelltenbasis zu machen. So hat man die Möglichkeit, sich wirklich alles anzuschauen und seine Zukunft dann zu planen, wenn man wirklich die berufliche Erfahrung hat. Ich habe meine Fehler nicht vor fünf oder zehn Jahren gemacht, sondern vor 15 oder 20 Jahren. AH: Das war also kein Branchenproblem, sondern ein Nachfolgeproblem? M. Eitel: Ja. Ich glaube, dass manche Unternehmen in der Nachfolge schon das Problem haben, dass die scheidenden Inhaber für sich selber zu viel haben wollen und dabei das Unternehmen leidet. Zum Beispiel sollten Vergütungen von Geschäftsanteilen so bemessen sein, dass sie auch in schlechten Zeiten dem Unternehmen noch das Überleben sichern. AH: Was ist Ihr Rat an die Betriebe? M. Eitel: Ich bin über Xing ansprechbar, wenn es Probleme gibt oder jemand einen Tipp braucht. Ich würde gerne Kollegen vor den gleichen Fehlern, die wir gemacht haben, bewahren. Auch wir haben Beratungen vom Hersteller in Anspruch genommen. Die eigentlichen Themen: "Wie strukturiere ich mein privates Vermögen? Wie kann ich mich privat finanziell anders absichern? Welche Risiken habe ich im Autohaus, die ich vielleicht gar nicht abgeschätzt habe?" werden dort aber nicht behandelt. Daran hat der Hersteller kein Interesse, weil das nicht zu einem Absatzplus führt, sondern nur zur finanziellen Absicherung eines Geschäftsführers oder Gesellschafters. Da wird zu wenig gemacht. Man holt sich die Beratung dann, wenn es zu spät ist. AH: Herr Eitel, vielen Dank für das Gespräch! Interview: Doris Plate Kurzfassung Zu früher Start, Nachfolgeprobleme, keine ausreichende private Absicherung. Auch eine eigentlich gesunde Firma kann in die Schieflage kommen, und wer nicht frühzeitig Vorsorge trifft, kann auch privat in die Insolvenz gerissen werden.

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