Ausgabe 21/2008: Autohaus 21/2008

Autohaus 21/2008USA-Modellpolitik / Der Verbrauch großer Schlitten tut mittlerweile auch dem amerikanischen Verbraucher weh. Nun versucht man mit unfairen Mitteln, der überholten Technik Steuervorteile zu verschaffen.Dinosaurus americanusvon Armin KellnerWas ist nur mit den amerikanischen Automobilbauern los? Seit Jahren steigt der Benzinpreis in den USA. Von 2000 an mit 0,69 US-$/Gallone (= 3,89 Liter) auf 3,96 US-$ im Juni 2008. Ebenfalls gestiegen sind die Fahrzeugdimensionen der meistverkauften Modelle im SUV-, im Light-Truck- und im Pick-up-Bereich, wie z. B. dem F 150 von Ford. Und weiter gestiegen sind die Gewichte dieser Fahrzeuge. Ebenso die Ausstattung – und der Verbrauch.Letzteres hat die Autobauer jenseits des großen Teichs nicht gestört: Sie haben weiter gebaut. Es ist nicht so leicht, von etwas Abschied zu nehmen, mit dem man viele Jahre viel gutes Geld verdient hat. Und das soll jetzt plötzlich zu Ende sein?Die Pioniere und Cowboys in Amerika haben es den Autobauern auch nicht schwer gemacht, denn die "big cars" wurden weiter gekauft bis in die jüngste Zeit. Wenn man die Zulassungszahlen verfolgte, konnte man zur Ansicht gelangen: alle Befürchtungen, dass diese "Spritfresser" nicht mehr zu verkaufen sind, wären übertrieben. Die amerikanischen Autofahrer haben mit erheblicher Verzögerung gemerkt, dass Veränderungen vor sich gehen. Als man begann zu reagieren, überschwemmten hersteller-subventionierte "Sonderangebote" den amerikanischen Neuwagenmarkt. Mit Nachlässen bis zu 52 % auf neue aktuelle Modelle. Das Problem wurde dadurch noch größer. Getreu dem Motto: Man muss nur lange genug warten, dann erledigt sich jedes Problem von selbst. Und dann führt Opel mit Erlaubnis und mit bangem Hoffen von GMC sein erstes Modell in den USA ein, den Astra – und landet voll auf dem Bauch. Kein Amerikaner, der etwas auf sich hält, wird ein solches Auto fahren. Viel zu klein, viel zu wenig Masse, viel zu wenig Status. Der Gegenausschlag in der Modellpolitik war einfach zu stark. Das hätte ein Bob Lutz, der deutsche und amerikanische Mentalität kennt, wissen müssen. Die kleinen Autos der Importeure stehen schon seit Jahren wie Sauerbier bei den Händlern und werden fast nur im Mietwagengeschäft abgesetzt.Hanebüchene RechnungNun haben die Gesetzgeber vermutlich eine Handhabe gefunden, die den leistungsstarken, kleineren Importfahrzeugen den Verkauf in den USA schwerer machen wird: die neue beabsichtigte Kfz-Steuer, genannt "Footprint-Tax". Was die deutsche Gesetzgebung bisher nicht geschafft hat, ein neues, verkaufsförderndes Kfz-Steuer-Gesetz, das möchten die Amerikaner jetzt schaffen.Das neue Steuerkonzept sieht vor, dass alle Neufahrzeuge ab 2011 weniger Sprit verbrauchen sollen. Im ersten Schritt sollen 25 % Einsparung vorgeschrieben werden. Das alles ist Teil eines Konzepts mit dem Namen CAFE. Klingt gut, ist es aber nicht. Denn die deutschen Hersteller werden damit heillos benachteiligt.Es beinhaltet etwa folgende Behandlung der Automobile: Der Verbrauch eines Fahrzeugs wird durch seine Grundfläche geteilt. Aus Achsabstand x Breite wird die Grundfläche errechnet. Und je größer dieser Quotient ist, desto kleiner wird das Ergebnis. Je kleiner diese Zahl, desto niedriger wird die Abgabe. Die Fahrzeuge der deutschen Importeure paaren hohe Leistungen und mittlere Verbräuche mit kompakten Karosserien. Das bedeutet, dass der Quotient, durch den geteilt wird, viel kleiner ist als bei den üblichen amerikanischen Fahrzeugen. Und dann folgen höhere Ergebniszahlen und damit höhere Abgaben. Und das Ganze wird auch noch mit einem Touch "Umweltschutz" verkauft. Die in CAFE geplanten Verbrauchsvorschriften wären für deutsche Premiumhersteller eine echte Behinderung.Auch der Modellumfang des Herstellers ist wichtig. Dies ist in den meisten Fällen zum Nachteil der deutschen und anderen Importeure. Denn es gilt grundsätzlich: Je kleiner die Fahrzeuge sind, umso höher werden die gesetzlichen Vorgaben bei den Verbrauchsvorschriften.Es ist ein erster Schritt auf dem Weg zu einem neuen Energiegesetz. Es soll weniger Benzinverbrauch erzwingen in einer Größenordnung von 40 % bis zum Jahr 2020. Das Verbrauchsziel ist auf 35 Meilen/Gallone festgesetzt. Dies entspricht einem Verbrauch von ca. 7 l/100 km. Die ersten 25 % sollen schon von 2011 bis 2015 erreicht werden. Dies bedeutet, dass man den amerikanischen Herstellern noch eine Schonfrist bis 2011 einräumt. Bis dahin müssen sie die versäumten Aufgaben zum Spritsparen nachholen. Sie haben Gelegenheit ihre ausländischen Tochterfirmen anzuzapfen, damit kleinere Modelle adaptiert und unter amerikanischen Modellnamen auf den Markt gebracht werden können. So schützt man heimische Märkte – par excellence.Hersteller mit kleinen bis zu großen Modellen haben einen Vorteil wie z. B. GMC, Chrysler und auch Toyota. Die Premiumhersteller mit hubraum- und leistungsstarken, aber kompakten Modellen haben es in Zukunft richtig schwer.StrafzahlungenMan geht dabei von der Annahme aus, welche Fahrzeuge ein Hersteller im Jahr 2015 produzieren wird. Die NHTSA (National Highway Traffic Safety Administration) erstellt die Spielregeln, die u. a. auch zwei abgestufte Verbrauchsziele für Fahrzeuge unterschiedlicher Größen beinhaltet. Jeder Hersteller erhält ein Lastenheft, in dem steht, welches seiner Modelle welchen Verbrauch haben darf. Damit zielt die NHTSA auf die Entwicklung und Produktion kleinerer Fahrzeugmodelle, zu der die Hersteller gezwungen werden sollen. Wenn jedoch die Produktion der großen Fahrzeuge reduziert bzw. eingestellt wird, dann werden auch die verlangten Standards höher. Das ist eine Zwickmühle der besonderen Art, die hier durch den Gesetzgeber geschaffen wird. Baut ein Hersteller weniger große Fahrzeuge und beginnt damit, kleinere Modelle am Markt "nachzuschieben", werden seine Verbrauchsstandards höher, d. h. seine gesamten Modelle müssen einen niedrigeren Verbrauch haben. Schaffen die Hersteller diese Vorgaben nicht, werden sie mit Strafen belegt. Betrachtet man die Maße von zwei unterschiedlichen Fahrzeugen, dann wird die ganze Absurdität des neuen Gesetzes erkennbar: Ein Polo hat einen Radstand von 2.460 mm. Ein Porsche 911 hat einen Radstand von 2.350 mm. Und diese Fahrzeuge sollen ab 2011 den gleichen niedrigen Verbrauch von ca. 5,5 l/100 km haben. Der Polo wird dieses Ziel leicht schaffen, der 911er wohl nicht. Deshalb wird Porsche dann wahrscheinlich die fälligen Strafzahlungen für die Kunden bezahlen.Die großen amerikanischen Automobilhersteller hoffen durch die "neuen Vorteile" bei den neuen Verbrauchsvorschriften den Rückgang beim Verkauf der "big blocks" abdämpfen zu können. Ob sie es schaffen, sei dahingestellt. Denn allmählich erwacht der amerikanische Verbraucher und passt seine Kaufgewohnheiten seinem Geldbeutel an. Und der "blutet" immer noch am meisten beim Tanken. armin-kellner@t-online.de

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