Ausgabe 05/2011: Bis 44 Euro steuerfrei!

Bis 44 Euro steuerfrei!Warengutschein E Finanzämter „gerügt“: Neue BFH-Entscheidungen zum Thema Warengutschein/Tankkarte. Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner WPGWieder einmal hat der Bundesfinanzhof (BFH), das oberste deutsche Steuergericht, die Engstirnigkeit des Bundesfinanzministeriums (BMF), mithin die Arbeit der Finanzämter „gerügt“. Mehrere neue Entscheidungen des BFH zu so genannten Warengutscheinen für Arbeitnehmer mit einem monatlichen Wert von maximal 44 Euro gewähren auch dann steuerfreien Arbeitslohn, wenn die genaue Art und Menge der Ware auf dem Gutschein nicht bezeichnet ist. Mit dieser neuen Rechtsprechung wird nunmehr der Tankgutschein zu einem praxistauglichen Mittel, um den Arbeitnehmern monatlich diese bis zu 44 Euro steuerfrei zukommen zu lassen.Neue UrteileWie bereits an dieser Stelle in Heft 21/2010 berichtet, standen am 11. 11. 2010 mehrere Fälle über Warengutscheine beim BFH zur mündlichen Verhandlung und Entscheidung an. Darunter waren auch zwei klagende Unternehmen, die ihren Mitarbeitern so genannte Tankgutscheine überlassen hatten. In beiden Fällen haben das Finanzamt und anschließend auch das Finanzgericht steuerpflichtigen Arbeitslohn angenommen. In einem Fall hatte die Klägerin den Arbeitnehmern jeweils einen „Gutschein über Pkw-Treibstoff Super Bleifrei 29 Liter, einzulösen im Monat XY“ überlassen. Der nachgewiesene bezahlte Betrag wurde sodann den Arbeitnehmern erstattet. Viele Unternehmer haben aber in der Vergangenheit schon deshalb von solch einer Gutscheinregelung Abstand genommen, weil bei Angaben für unterschiedliche Treibstoffarten und die Abrechnung über jeweils geänderte Beträge bei jeder Lohnabrechnung (und dann vielleicht noch bei unterjährigem Fahrzeugwechsel) ein zu hoher bürokratischer Aufwand gegeben wäre. Nun hat der BFH aber nicht nur den oben beschriebenen Sachverhalt als steuerfreien Warengutschein akzeptiert. Er hat sich in diesem Urteil auch noch dazu geäußert, dass es für die Abgrenzung, ob ein Sachbezug oder eine Geldleistung vorliegt, nicht darauf ankäme, ob zum Beispiel die Formulierung „Gutschein über 30 Liter Normalbenzin“ verwendet wird oder aber „Gutschein über Normalbenzin im Wert von 40 Euro“. Beides könne ein zulässiger steuerfreier Warengutschein sein. Entscheidend sei, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber nicht ersatzweise die Geldleistung verlangen könne. Ein Grund, warum der BFH sich diese weiteren Gedanken machen musste, zeigt sogleich der zweite entschiedene Fall:Warengutschein mit GeldwertIn dem weiteren vom BFH entschiedenen Fall durften die Arbeitnehmer bei einer Vertragstankstelle des Arbeitgebers gegen Vorlage einer elektronischen Karte tanken. Zwar war auf dieser Karte auch die Literzahl eines bestimmten Kraftstoffes gespeichert, aber zusätzlich war der Gutschein mit dem Höchstbetrag von 44 Euro limitiert. Der BFH gibt in seiner Begründung den bisherigen Argumenten der Finanzverwaltung eine schallende Ohrfeige: Unerheblich sei es – so der BFH –, „dass solche Gutscheine je nach Aussteller im täglichen Leben ähnlich dem Bargeld verwendbar sein mögen. Denn trotz einer gewissen Handelbarkeit oder Tauschfähigkeit besteht ein solcher Gutschein nicht in ‚Geld‘ und bleibt daher als Sachbezug zu bewerten. Entscheidend ist lediglich, dass in dem Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart ist, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nur den Bezug der Ware ermöglicht. Dies könne sogar eine von dem Arbeitnehmer selbst auszuwählende Sach- oder Dienstleistung sein. Denn ob der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eine Ware bekommt und diese bei Dritten zu Geld machen könne, ändert noch nichts an der Tatsache, dass es sich um einen Warengutschein handelt.“Die Spannung bleibt natürlich noch, wie nunmehr die Finanzverwaltung auf diese Urteile reagieren wird – aus unserer Sicht bleibt dem BMF nichts anderes übrig, als diese Rechtsprechung nun tatsächlich auch zu akzeptieren.Michael Böhlk-LankesRechtsanwalt, Steuerberatermuc@raw-partner.deKurzfassung1. Mehrere neue Urteile des BFH haben entgegen der Meinung der Finanzverwaltung klargestellt, dass ein so genannter Warengutschein, der Arbeitnehmern bis zu 44 Euro monatlich steuerfrei gewährt werden kann, weder eine spezielle Art noch die Menge der Ware oder Dienstleistung enthalten muss.2. Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer statt der Ware vom Arbeitgeber keinesfalls Geld verlangen kann.3. Damit würden für die Praxis Komplizierungen entfallen, die bisher bürokratische Hindernisse waren, um Arbeitnehmern z. B. steuerfreie monatliche Tankgutscheine im Wert von 44 Euro zu gewähren.Kommentar< Der BFH hat der Verwaltung klar die Meinung gesagt, dass die gesetzliche Einführung eines Freibetrages von 44 Euro für vom Arbeitgeber bezogene Waren und Dienstleistungen ausdrücklich der Vereinfachung dienen sollte. Die Anforderungen, die die Finanzverwaltung bisher an solche Warengutscheine stellte, waren demgegenüber „Bürokratieaufbau“. Die Abgrenzung zu Geldgutscheinen sieht der BFH nun eindeutig dort, wo der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber keinesfalls die Bareinlösung beanspruchen kann. Das bedeutet: Wird der Warengutschein in dem betreffenden Monat nicht eingelöst, dann verfällt dieser Gutschein. Damit wird sich der BMF schwer tun, neuerliche Argumente zu finden, um das von ihm unerwünschte Ergebnis zu torpedieren. Es bliebe eine gesetzliche Abschaffung dieses Freibetrages, was aus unserer Sicht aber politischer Selbstmord wäre. Wir hoffen daher, dass diese Entscheidungen des BFH nunmehr auch von der Finanzverwaltung umgehend akzeptiert werden. >

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