Ausgabe 06/2011: Die unterschätzte Marke

Die unterschätzte MarkeFord E Trotz guter Produkte schafft die Marke derzeit nur sieben Prozent Marktanteil. Eine Analyse. Von Doris PlateWoran liegt es eigentlich? – Mitte der 90er Jahre machte Ford in Deutschland noch 360.000 Neuzulassungen, der Marktanteil lag bei 11,6 Prozent und die Marke rechnete sich Chancen auf 13 aus. „Dann kam der Scorpio“, erklärt ein Händler scherzhaft. Dabei kann man diesem einen Modell, dessen Überarbeitung 1995 floppte, natürlich nicht die Schuld daran geben, dass sich Ford mittlerweile bei sieben Prozent Marktanteil hierzulande eingependelt hat. In der Rückschau muss man eher feststellen, dass zwei Dinge zusammenkamen: 1997/98 führte Ford das Wirtschaftsraumkonzept ein und irritierte damit viele Händler. Die großen wurden zu Investitionen gezwungen, die teilweise über ihre Kräfte gingen. Keiner von den wirklich Großen ist aber darüber gefallen. Fast alle, von Coenen in Mönchengladbach bis zur Schwabengarage in Stuttgart, haben inzwischen aber noch andere Marken in ihrem Portfolio – schließlich müssen die Investitionen ausgelastet werden. Hinzu kam eine Amerikanisierung der Modelle, der Scorpio ist hier nur stellvertretend zu nennen. Die Zeit der Ford-Modelle, die jeder kannte, war vorbei: Taunus, Granada, Capri und 17 M waren für jedes Kind vertraute Namen, beim Escort RS bekamen manche glänzende Augen. Und jetzt: „Heute kribbelt es im Bauch nicht mehr.“ Ohne Image geht es nichtJüngst hat Ford Deutschland-Chef Bernhard Mattes in einem Interview selbst eingeräumt: „Ohne Image ist es schwer, erfolgreich zu sein.“ Damit spricht der Manager, der für seine Unternehmensführung gerade vom ADAC mit dem „Gelben Engel“ in der Kategorie „Persönlichkeit 2011“ ausgezeichnet wurde, den zentralen Punkt an. Den anderen Problembereich mit dem Wirtschaftsraumkonzept hat Mattes schon kurz nach seinem Wechsel nach Köln gelöst: Plötzlich gab es die sogenannten „Mattes-Händler“, die sich mit Erlaubnis von oben nicht mehr in das Korsett des Wirtschaftsraumkonzepts pressen mussten und als „Stand alone“ agieren durften. Was die Modelle angeht, ist Ford aber in die Sandwich-Position geraten. Von unten drücken die Koreaner, von oben kommen die Premiummarken Audi, BMW und Mercedes. Der eigene Ausflug in die Oberklasse mit den Nobelmarken Aston Martin, Jaguar und Land Rover wurde beendet. Und auch Volvo gehört mittlerweile nicht mehr dazu.Aus eigener Kraft überlebtManche sagen, diese Engagements haben den Konzern an den Rand des Ruins gebracht. Anders als der Erzrivale General Motors hat es der zweite US-Riese aber geschafft, aus eigener Kraft aus der Misere zu kommen. Im Geschäftsjahr 2010 stand Ford so gut da wie schon lange nicht mehr: Der Autobauer konnte seinen Gewinn auf 6,6 Milliarden Dollar mehr als verdoppeln. Ford setzte insgesamt gut 5,3 Millionen Autos ab. Damit gehört die Marke zu den zehn größten Herstellern der Welt. In Deutschland fielen die Pkw-Neuzulassungen im Jahr nach dem Auslaufen der Abwrackprämie indes um 31 Prozent auf gut 198.000 Wagen. Damit landete Ford auf Rang sechs noch hinter Opel. Wie konnte das passieren? – Manche sagen, es lag daran, dass Stackmann die Marke verlassen hat. Sicher, der durchsetzungsstarke Westfale hat der Marke die Flatrate gebracht. Ein großer Erfolg bis heute. Es gibt aber auch kritische Stimmen: „Im Jahr der Abwrackprämie hat der uns viele Zulassungen gekostet“, sagt ein Händler, der nicht genannt werden will. Trotz neuem Fiesta habe die Marke nicht ausreichend von dem Boom profitiert, weil Stackmann den Start verschlafen habe. „Die brauchen zu lange“, heißt es. Da muss Europa oder gar USA gefragt werden, ehe die Deutschen eine Aktion starten können. Fehlendes DurchhaltevermögenUnd es fehlt auch das Durchhaltevermögen. In 2010 wurden mehrere Marketingaktionen gestartet – und wenn sie nicht schnell funktionierten, auch bald wieder eingestellt. So wurde zum Beispiel eine Aktion mit Payback im Frühjahr letzten Jahres erst groß angekündigt und verschwand dann stillschweigend in der Versenkung. Die Händler wünschen sich hier mehr Kontinuität: Durchgängige Aktionen werden gefordert. Sonst gilt: „Bis die Kunden es gemerkt haben, ist es schon wieder vorbei.“ Apropos ‚was die Kunden merken‘. Die Händler geraten geradezu in Verzückung, wenn sie über ihre Produkte sprechen. Die Qualität sei hervorragend und: „Wir haben tolle Technologien“. Nur – keiner weiß es. Die Auto Bild vom 4. März spricht für sich: Im Vergleichstest zwischen VW Golf Plus und Ford C-Max attestiert das Verbrauchermagazin: „Die Antriebs- und Komfortwertung kann der Ford für sich entscheiden. Mit dem Eco Boost-Benziner haben die Kölner ein echtes Ass im Ärmel.“ Besser als die Verkaufszahlen Ein paar Seiten weiter heißt es zum jetzt auslaufenden Ford Focus: „Er ist besser, als es die Zulassungszahlen widerspiegeln.“ Einparkassistenz, kameragestützter Fahrspurassistent, Sprachsteuerungssystem – all das haben Ford-Fahrzeuge. Aber nur die wenigsten wissen das. In der Werbung bekommt man das kaum mit und auch die jüngere Generation wird nicht angesprochen. Man kann über Lena denken, was man will, aber Opel hat sich mit dieser Zusammenarbeit jedenfalls für junge Leute wieder ins Gespräch gebracht. So viel zum Produkt und Marketing bei den Kölnern. Im MarkenMonitor kritisieren die Händler aber zwei andere Punkte am meisten: Gebrauchtwagenunterstützung und Garantie- und Kulanzverhalten. Unsere Recherche ergab: Gebrauchtwagenunterstützung gibt es praktisch nicht. Zwar hat Ford das Label A 1 und eine entsprechende Garantie. „Uns fehlt aber ein Zertifikat ebenso wie die dazugehörigen Kriterien“, sagt Ford-Händler Sven Rabe. Garantie-Zertifikat gefordertMit seinen anderen Marken habe er die Erfahrung gemacht, dass die Kunden bei mobile.de die Fahrzeuge mit einem entsprechenden Zertifikat öfter anklicken als ohne. Der Autokäuferpuls von AUTOHAUS und puls im August 2010 bestätigt diese persönliche Erfahrung: 78 Prozent der Kunden würden ihren Gebrauchten eher bei einem Autohaus kaufen, das an einem solchen Programm teilnimmt, und 60 Prozent dafür sogar mehr bezahlen. Hier besteht also Handlungsbedarf. Ebenso wie beim Thema Garantie und Kulanz. „Ping-Pong-Verfahren“ nennen die Händler die Abwicklung bei ihrem Hersteller. Man reicht Unterlagen ein, bekommt alles zurück, wenn eine Position falsch ist. Muss neu einreichen, dann stimmt etwas anderes nicht usw. Das liegt daran, dass Ford seine Garantieanträge in Indien bearbeiten lässt. Die Mitarbeiter dort legen sozusagen nur die Schablone auf die Anträge und schauen, ob alles stimmt. Wenn nicht, geht alles zurück. In Köln sind nur wenige Mitarbeiter mit den kniffligsten Aufgaben betraut, alles andere geht den weiten Weg. Natürlich mit den entsprechenden Spar-Vorgaben.Problem GarantieabwicklungEin Problem, das auch der Händlerverband schon lange kennt und seit einiger Zeit ganz gezielt angeht. Die Ford Händler Dienstleistungsgesellschaft (FHD) hat einen Mitarbeiter eingestellt, der bei den Ford-Händlern die Unterlagen vorab prüft und Hinweise gibt, wie das Ping Pong künftig verhindert oder wenigstens auf ein Mindestmaß zurückgeführt werden kann. Der Mann hat viel zu tun.Die Ford-Händler haben mit ihrem Partnerverband, der per Beirat auch direkt in die Entscheidungen des Herstellers eingebunden ist, gute Fürsprecher für ihre Belange. Bei der FHD sind mit Autovermietung, EDV-Beratung, Gebrauchtwagenmanagement, Finanz- und Versicherungsdienstleistungen auch Angebote vorhanden, die für mehr Ertrag im Händlerbetrieb sorgen. In Kooperation mit der BDK gibt es auch Alternativen zum Angebot der Ford Bank. Bei Marketing und Verkaufsaktionen können die Händler auch mitreden. Machen muss es aber trotzdem der Hersteller. Der jetzige Vertriebsvorstand Wolfgang Booms gilt als besonnener Mann, der für seine „innovativen Lösungen“ im Marketing-Bereich wirbt. Wir wünschen ihm eine glückliche Hand. zLesen SIe hier...... wie Ford erst seine Zulassungen erheblich _reduziert hat und nun wieder aufbauen will. KurzfassungMitte der 90er Jahre hat Ford mit seinem Wirtschaftsraumkonzept und den amerikanisierten Modellen viele Zulassungen verloren. Jetzt hat die Marke hervorragende Produkte. Was ihr fehlt, sind Image, gute Marketingaktionen und Durchhaltevermögen. licht und SchattenProf. Dr. Willi Diez, Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) Nürtingen-Geislingen, zur Marke Ford:< Fährt der alte Lord fort, fährt er nur im Ford fort – als Heinz Erhardt dieses Liedchen in den 60er Jahren trällerte, war Ford noch so etwas wie der Mercedes des kleinen Mannes. Mittlerweile ist die Marke in der Mitte der Gesellschaft angekommen und bewegt sich – im Vergleich zur amerikanischen Schwester – relativ unauffällig im Markt. Der Marktanteil pendelt stabil um die sieben Prozent und die Kunden schätzen vor allem das gute Preis-Leistungs-Verhältnis, die Zuverlässigkeit und den Service. Auch die Zufriedenheit der Händler mit Ford bewegt sich im Mittelfeld des Schwacke MarkenMonitor – ohne große Ausschläge nach oben oder unten. Das heißt aber nicht, dass es aus Händlersicht keine Problembereiche gäbe. Besonders in der Kritik bei der letztjährigen Erhebung standen die mangelnde Unterstützung im GW-Management und die unbefriedigende Garantie- und Kulanzabwicklung. Auch die Zusammenarbeit mit der Herstellerbank wurde von den Händlern nur unterdurchschnittlich benotet. Natürlich gibt es aber auch Positives. So scheint der Ford Vertrieb ein Ohr für seine Händler zu haben, denn beim Einbezug der Händler in Herstellerentscheidungen und bei der Umsetzung der Händlerstandards schneidet Ford besser ab als die meisten anderen Fabrikate. Ford – so viel darf resümiert werden – ist nach einigen Turbulenzen im Netz für die Händler wieder eine anfassbare und zuverlässige Marke. Ein besseres Image und ein aktiveres Verkaufsmanagement könnten der Marke aus Händlersicht helfen, ihre Position im deutschen Markt zu verbessern, und den Vertragspartnern wieder mehr Volumen bringen. >„Gute Gründe“Entwicklung Ford-Neuwagen-Absatz in DeutschlandKraftfahrzeugart200520062007200820092010Pkw246.969243.987213.948217.336290.706198.398Leichte Nutzfahrzeuge16.34516.64419.44823.45817.14621.129Schwere Nutzfahrzeuge184203308394309374Total:263.498260.834233.704241.188308.161219.901Entwicklung Ford händler- und Service-Netz200520062007200820092010Händler636612583553542541Filialen214189198211226242Servicebetr.1.0601.1021.1021.0911.0841.088Depots111620222123Total1.9101.9031.8831.8551.8521.871

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