Ausgabe 04/2010: Die Zukunft sichern

Die Zukunft sichernkundenbindung im autohaus E Welche Bedeutung kommt Customer Relationship Management in Krisenzeiten zu? prof. dr. stefan ReindlDas Einzige, was nicht kopierbar ist, sind die Beziehungen eines Unternehmens zu seinen Mitarbeitern und die Beziehungen der Mitarbeiter zu ihren Kunden. Diesen Satz sagte vor einiger Zeit der erfolgreiche Hotel-Manager Klaus Kobjoll. Nicht nur in der Hotelerie liefert die Notwendigkeit von Maßnahmen im Kundenbeziehungsmanagement erheblichen Diskussionsstoff. Auch die Kfz-Branche ist um kaum eine Antwort verlegen, wenn es um das „Customer Relationship Management“ (CRM) geht. Allerdings konzentrieren sich die Diskussionen heute eher auf Konzepte der Hersteller und entsprechende Software-Applikationen. Kundenbeziehungsmanagement ist aber mehr als die systematische „Verwaltung“ von Kundendaten. Es geht einerseits um die gezielte Kundengewinnung und andererseits um die langfristige Kundenbindung. Folgen der UmweltprämieGerade in Krisenzeiten muss der Kundenkontakt intensiv genutzt werden, um Wertschöpfungspotenziale rund um die automobile Nutzung umfassend auszuschöpfen. Viele Autohäuser hatten gerade in den vergangenen Monaten regen Zulauf von neuen Kunden. Es ist davon auszugehen, dass von den rund zwei Millionen Neuwagen zwar 1,1 Millionen den Vorzieh- und Mitnahmeeffekten zuzurechnen sind. Hinter den Kunden der verbleibenden 900.000 Pkw und Kombi verbirgt sich ein hoher Anteil derjenigen, die aus dem traditionellen Gebrauchtwagensegment stammen. Solche Kunden zeichnen sich durch eine hohe Preissensibilität einerseits und eine geringe Loyalität zum Vertragshandel andererseits aus. Die langfristige Bindung solcher Kunden an das Autohaus stellt die Branche vor große Herausforderungen. Dies gilt vor allem für die Zeit nach Ablauf des Garantie- und Kulanzzeitraums, denn häufig wandern dann die Kunden bei Wartungs- und Verschleißreparaturen zu den freien Werkstätten und Werkstattketten ab (s. Abbildung 1). Kundenverhalten im WandelBereits die Effekte der Abwrackprämie machen deutlich, dass „der“ Kunde gar nicht existiert. Das einzelne Autohaus muss sich in der Regel mit stark fragmentierten Kundengruppen und entsprechend unterschiedlichen Kundenansprüchen auseinandersetzen. Das Anspruchsverhalten der Privatkunden auf der einen und gewerblicher Abnehmer auf der anderen Seite trennt sich mittlerweile klar ab. Besonders die beiden wesentlichen Veränderungen im Kundenverhalten, das zunehmende Preisbewusstsein und die geringe Verbundenheit zum einzelnen Autohausbetrieb sind schon seit langem über alle Kundengruppen hinweg feststellbar. Daneben sind strukturelle Veränderungen wie z. B. die wachsende Bedeutung von Frauen als „aktive“ Kunden, den Best Agern als schnell wachsende Kundengruppe sowie ein steigender Single-Anteil mit stark individualisierten Ansprüchen zu berücksichtigen. Außerdem zählt die Polarisierung der Kundengruppen bis hin zum „Verlust der Mitte“ bereits zu den Allgemeinplätzen im Beziehungsmarketing.Gezielte Maßnahmen im CRMWenn „der“ Kunde nicht existiert, dann liegt der Schluss nahe, dass es kein einheitliches Kundenbeziehungsmanagement geben kann. Selbstverständlich sind systematisch aufgebaute und datentechnisch gestützte CRM-Systeme notwendig, geeignete Maßnahmen im Beziehungsmarketing einzuleiten. Allerdings sind die verschiedenen Kundenbindungsmaßnahmen wie beispielsweise das Telemarketing, Kundenkarten, Events, Newsletter, Sonderaktionen und Mailings gezielt einzusetzen. Dies ist nicht nur wegen der möglichen Streuverluste von Bedeutung. Kunden nutzen auch unterschiedliche Kommunikations- und Informationsmedien. Während beispielsweise 18- bis 45-Jährige sehr aufgeschlossen im Hinblick auf neue Medien wie Internet und E-Mail gelten, müssen die so genannten Best Ager heute verstärkt auf traditionellem Wege – also beispielsweise mit Kundenbriefen oder mittels persönlicher Kontakte – angesprochen werden. Darüber hinaus existieren unterschiedliche automobile Bedarfe – angefangen von der Autopflege, über das Zubehör bis hin zu Mobilitätsdienstleistungen – bei den verschiedenen Kundengruppen entlang ihrer Lebensphasen. Nachhaltige Veränderung der RahmenbedingungenNicht nur das Kundenverhalten hat sich gravierend gewandelt. Hinzu kommt, dass sich auch markt- und wettbewerbsseitig seit Ende der neunziger Jahre gravierende und nachhaltige Veränderungen ergeben haben. So gilt der Automobilmarkt mittlerweile als reif und weitgehend gesättigt. Bildete lange Zeit ein flächendeckendes Netz von relativ kleinen Autohäusern das Leitbild der Vertriebspolitik, so hat sich mittlerweile die Auffassung durchgesetzt, dass Strukturveränderungen hinsichtlich einer verstärkten Kunden- und Kostenorientierung im Vertrieb und Service gleichermaßen unvermeidlich sind. Daraufhin folgten nicht nur erste Schritte hinsichtlich der Konsolidierung von Händlernetzen. Auch die Schaffung neuer Betriebstypen mit Mehrmarkenhandel und -service sowie das starke Wachstum von filialisierten Automobilhändlergruppen sind Ausdruck veränderter Rahmenbedingungen. Kundenbindung durch Hersteller- vs. Handelskonzepte Die Kundenbindungsmaßnahmen der Autohäuser setzen heute hauptsächlich auf den Konzepten der Hersteller und Importeure auf. Gerade wegen erkennbarer Umbrüche hinsichtlich der Mehrmarken- und Filialisierungsaktivitäten von Autohausunternehmen ist hier ein Umdenken notwendig. Die Strategien einzelner Fabrikate stimmen heute kaum mehr mit den Unternehmenszielen der Autohausunternehmen überein. Nicht mehr die einzelne Marke steht im Mittelpunkt der Kundenbindungsmaßnahmen, sondern das einzelne Autohausunternehmen, das langfristig ein eigenständiges Unternehmensprofil als lokale „Marke“ entwickeln muss, um in einem stark umkämpften Wettbewerbsumfeld zu bestehen. Gerade hier liegen auch die wesentlichen Schwächen der üblichen CRM-Markenkonzepte, denn die einzelnen Autohäuser agieren im Kundenmanagement ähnlich. Es haben sich mittlerweile nicht nur Markenstandards, sondern Branchenstandards im Beziehungsmarketing etabliert. Die Herstellerkonzepte „verführen“ sozusagen die Autohausunternehmen zu einer geradezu identischen Vorgehensweise im Kundenbeziehungsmanagement. Vor diesem Hintergrund widersprechen die aktuellen Entwicklungen im Kundenbeziehungsmanagement dem eingangs erwähnten Statement des Hotelmanagers Kobjoll.Erfolgsfaktoren für das CRM im AutohausCRM ist vor dem skizzierten Hintergrund ein Branchenthema von großer Bedeutung und Tragweite. Wie stellt man aber die Systemkompatibilität zwischen Hersteller- und Händlersystemen sicher und wer trägt die Kosten für Kundenbindungsmaßnahmen? Wie vermeidet man eine Überpenetration des Kunden, so dass dieser sich nicht genervt von seinem Autohaus abwendet? Das Institut für Automobilwirtschaft (IFA) an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Geislingen ist diesen Fragen in Untersuchungen nachgegangen. Zusammenfassend lassen sich daraus folgende Erfolgsfaktoren formulieren: 1. CRM-Systeme dürfen die traditionellen Instrumente des Kundenkontakts nicht ersetzen, sondern nur ergänzen, denn der persönliche Kontakt ist nach wie vor das wichtigste Kundenbindungsinstrument. 2. Nicht nur Privat-, sondern auch und vor allem gewerbliche Kunden müssen in Kundenkontaktprogramme mit ihren unterschiedlichen Anforderungen integriert werden. 3. Neben Neuwagenkunden sind im Besonderen Service- und Gebrauchtwagenkunden in CRM-Aktivitäten einzubinden. 4. Erste Kundenkontakte müssen durch ein konsequentes Lead-Management bearbeitet und nachverfolgt werden. 5. Die Aktivitäten einzelner Abteilungen im Autohaus auf der einen sowie die Maßnahmen der Hersteller auf der anderen Seite sind im Rahmen von Kontaktplänen für einzelne Kunden und Kundengruppen abzustimmen, um eine Überpenetration zu vermeiden. 6. Kontakte über Call-Center und Hotlines sind die Basis für ein professionelles CRM und müssen systematisch protokolliert und weiterbearbeitet werden. 7. Ist der Einsatz von Sprachsteuerungssystemen nicht zu vermeiden, muss ein präzises Routing erfolgen, damit der Anrufer spätestens beim zweiten automatisierten Kontakt einen persönlichen Ansprechpartner erhält. 8. Finanzdienstleistungen – vor allem Leasing und Kfz-Versicherungen – bieten die Basis für einen kontinuierlichen Kontakt mit dem Kunden. 9. CRM-Aktivitäten der Hersteller sollten vom Handel aktiv genutzt und ggf. mit eigenen Initiativen auf die speziellen Einsatzzwecke und Kundengruppen zugeschnitten, aber nicht pauschal abgelehnt werden, denn die Reichweite der Herstelleraktivitäten ist größer als die des Handels. 10. Durch eine systematische Erfolgskontrolle der CRM-Aktivitäten lässt sich die Wirkung einzelner Aktionen messen und Erfahrungswerte hinsichtlich der Effizienz einzelner CRM-Aktivitäten ableiten. 11. Kundenzufriedenheit ist durch nichts zu ersetzen, denn Kundenzufriedenheit gilt als Brücke zur Kundenbindung, sie verringert die Preissensibilität, sie führt zu positivem Weiterempfehlungsverhalten (Multiplikatoreffekt), sie verringert die Abwanderungsrate und sie gilt als Voraussetzung für das Cross Selling – also die Realisierung von Querverkäufen in anderen Autohausbereichen – und Up Selling – also den Verkauf höherwertiger Produkte beim Folgekauf.Bedeutung der CRM-Aktivitäten im AutohausNicht zuletzt vor dem Hintergrund der skizzierten brancheninternen und -übergreifenden Veränderungen von relevanten Rahmenbedingungen und der aktuellen wirtschaftlichen Situation ist davon auszugehen, dass der Prozess der Neustrukturierung von Vertriebssystemen und Servicenetzen in der Automobilbranche noch nicht abgeschlossen ist. Die Untersuchungen am Institut für Automobilwirtschaft unterstreichen vor diesem Hintergrund die Bedeutung und Vielschichtigkeit des komplexen Begriffes „CRM“ für den Automobilhandel. Die aus der Forschung abgeleiteten Empfehlungen zeigen Wege auf, wie Automobilhändler das CRM-Instrumentarium zielführend einsetzen können und was sie dabei beachten sollten. zLesen SIe hier...... was Customer Relationship Management im Autohaus ausmacht, welche Faktoren eine Rolle spielen und welche Herausforderungen sich dem Handel in diesem Zusammenhang stellen.Ort der Durchführung von reparaturen Abb. 1CRM 2010CRM 2010

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