Volkswagen-Konzern Vertragsverhandlungen: Durchbruch bei Audi und Volkswagen Pkw

Das letzte große Hindernis ist ausgeräumt: Volkswagen Pkw verzichtet auf den Direktvertrieb über die Autostadt. Jetzt geht es nur noch um Details. Thomas Zahn, Leiter Vertrieb und Marketing der Marke Volkswagen Pkw in Deutschland und der Vorsitzende des VW/Audi-Partnerverbandes (VAPV) Dirk Weddigen von Knapp traten kurz vor den Volkswagen Werksferien gemeinsam vor die Presse und verkündeten: "Wir haben uns auf das neue Geschäftsmodell und neue Verträge geeinigt." Parallel verschickte Audi eine Pressemitteilung mit ähnlichem Inhalt. Damit fanden monatelange Verhandlungen um die neuen Volkswagen- und Audi-Verträge ihr vorläufiges Ende. Grundstein für gemeinsame Zukunft Zahn sprach nun davon: "Mit dem neuen Geschäftsmodell und den neuen Verträgen haben wir den Grundstein für unsere gemeinsame Zukunft im Zeitalter der Elektromobilität und Digitalisierung gelegt." Und: "Wir brauchen ein profitables Netz. Es muss sich lohnen, in Volkswagen zu investieren. Das müssen wir als Hersteller ermöglichen." Der VAPV-Präsident erklärte: "Der Handel bleibt auch künftig die tragende Säule des Automobilgeschäfts. Durch die engere Zusammenarbeit mit dem Hersteller sichern wir unser gemeinsames Geschäftsmodell gegen externe Wettbewerber ab." Externe Wettbewerber helfen Genau diese externen Wettbewerber haben wohl letztendlich dazu geführt, dass sich Hersteller und Handel aufeinander zu bewegt haben. Laut Weddigen von Knapp gab es hierzu einen Schlüsselmoment: Bei einem Spitzengespräch zwischen dem VW-Vorstandsvorsitzenden Herbert Diess, Jürgen Stackmann, Vertriebsvorstand Volkswagen Pkw, Deutschland-Vertriebschef Thomas Zahn, Hans-Jürgen Persy, Vorstandssprecher der Löhr-Gruppe und Weddigen von Knapp habe Diess sehr nachdenklich über die Aktivitäten von Amazon gesprochen: Der Internetanbieter schneide sich nach und nach Scheiben aus verschiedenen Branchen. Das Autogeschäft stünde auf Abruf. Danach sei klar gewesen, dass das Geschäft nicht so wie derzeit weitergehen werde. Syntegration mit allen Beteiligten Um sich für die Zukunft aufzustellen, schlug Diess eine "Syntegration" zwischen Vertretern von Herstellern, Handel und Bank vor. "Syntegration" bedeutet eine gemeinsame Meinungsbildung auf verschiedensten Zusammenarbeitsebenen. Mit 46 Teilnehmern habe man sich in Braunschweig eingeschlossen und zwölf Handlungsfelder erarbeitet, hieß es. Fragen wie "Wie bauen wir eine gemeinsame Mobilitätsplattform auf? Wie gehen wir mit einem Kundenloyalitätsprogramm um? Wie bauen wir ein Datenmanagement und eine Datenerklärung auf, die die gesamte Zusammenarbeit abdeckt?" sollen so beantwortet werden. Vereinbarte Eckpunkte Diese Arbeit steht den Verhandlungspartnern noch bevor. Volkswagen und Audi haben mit dem jetzt erzielten Kompromiss lediglich ein Grundgerüst geschaffen. Bekannt wurden folgende Inhalte: - Alle Händler bekommen alle Fahrzeuge. - Elektromobilität ist Bestandteil des neuen Vertrages. - Händler können auch digitale Produkte wie zum Beispiel Software-Updates oder "Functions on Demand" verkaufen. Es gibt dabei eine Provision für den Handel pro Produkt. Sie unterscheidet sich lediglich danach, ob das Produkt im Erstgeschäft, im Nachverkauf oder per "Klick aus dem Auto" heraus vom Kunden geordert wurde. - Online-Vertrieb wird über den Handel und über Volkswagen direkt möglich sein. Der Handel ist immer eingebunden - auch mit Vergütung. - Alle Händler sollen auch selbst Online tätig werden. - Beim Offline-Direktvertrieb bleibt es bei der bisherigen Vereinbarung, die nur für Kleinserien gilt. - Ziel sind schlankere Prozesse und reduzierte Standards. - Der Agenturvertrag wird in wesentlichen Punkten wie bisher fortgeführt. Der Hersteller will aber auch bei kleinen Gewerbetreibenden (unter fünf Einheiten) tätig werden können. Wie das umgesetzt werden soll, muss noch verhandelt werden. - Beim Datenmanagement einigte man sich auf eine Multikanalstrategie: Der Kunde wählt aus, über welchen Kanal er mit der Marke kommunizieren möchte. Genutzt werden die Daten gemeinsam. Die Datenhoheit verbleibt aber beim Erheber der Kundendaten. Einbeziehung des VAPV Man habe sich darauf geeinigt, weitere Themen gemeinsam - also Volkswagen unter Einbeziehung des VAPV - zu gestalten, um auf zukünftige Entwicklungen adäquat reagieren zu können, hieß es weiter. Verabredet wurde auch, an welchen Stellen der VAPV zustimmen muss, um eine Situation verändern zu können. Netzentwicklung offen Offen ist derzeit noch, wie viele Händler zukünftig noch im Netz sein werden. Dazu macht Volkswagen keine Angaben. Es kursieren zahlreiche Gerüchte. Zahlen zwischen 150 und 250 ausscheidenden Händlern werden genannt. Fakt ist, dass mehreren Händlern bereits von ihrem Außendienstmitarbeiter mitgeteilt wurde, dass sie entweder keinen oder nur einen befristeten neuen Vertrag bekommen werden. Zahn bleibt allgemein: "Wir brauchen den stationären Handel und wir brauchen den professionell digital tätigen stationären Handel." Enger Zeitplan Ende August 2018 sollen die fertigen Verträge versandt werden. Am 13. September wird der Partnerverband in Hannover über Details informieren und für Fragen zur Verfügung stehen. In der darauf folgenden Woche - der genaue Termin steht noch nicht fest - wird der Hersteller den Händlern den Vertrag aus seiner Sicht vorstellen. Der Rücklauf der unterschriebenen Verträge ist für November geplant. Gelten soll der neue Vertrag dann ab April 2020. Regelungen, die es bisher noch nicht gibt, wie zum Beispiel der gemeinsame Umgang mit den Daten, könnten auch schon vorher in Kraft treten. Laut Zahn soll der Volkswagen Pkw Vertrag auch als Vorbild für die Nutzfahrzeugsparte sowie die anderen Konzernmarken dienen. Skoda möglichst ohne Kündigung Skoda wird voraussichtlich die in den Verhandlungen zwischen dem VAPV und Volkswagen Pkw erreichten Verbesserungen in den seit dem 30. Mai vorliegenden Vertragsentwurf einarbeiten. Das teilte Händlerverband-Präsident Thomas Peckruhn mit. Anders sei die Erarbeitung eines neuen Vertrages bis September gar nicht mehr zu schaffen. Dann soll er den Skoda-Partnern nämlich im Austausch gegen ihren bisherigen Vertrag vorgelegt werden. Bei Skoda stelle sich die Situation allerdings etwas anders dar als bei Volkswagen, so Peckruhn. Denn die meisten Skoda-Partner hätten vor noch nicht einmal zwei Jahren mit der Umsetzung der neuen CI erheblich in die Marke investiert. Deshalb fordert Peckruhn von Skoda Deutschland Chef Frank Jürgens die Einhaltung von dessen drei Zusagen: 1. Jeder Händler bekommt ein Vertragsangebot, 2. Der Austausch erfolgt Zug um Zug und 3. Es gibt keine Margenkürzung. Seat noch ganz am Anfang Auch Seat Händlerverbands-Präsident Benno Schulz geht davon aus, dass der neue Seat-Händlervertrag eng an die Volkswagen-Pkw-Lösung angelehnt sein wird. Da die Seat-Markenvertreter aber bis Mitte Juni davon ausgingen, dass kein neuer Vertrag nötig werden würde, stehe man noch ganz am Anfang. Zwar hat Deutschland-Chef Bernhard Bauer im Gespräch mit AUTOHAUS angekündigt, dass er "so schnell wie möglich Klarheit schaffen" will. Schulz lag aber bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe weder ein Vertragsentwurf vor, noch habe es diesbezügliche Gespräche zwischen dem Händlerverband und dem Importeur gegeben, sagte er auf Anfrage. Porsche überarbeitet Verträge Auch die Porsche-Händler bekommen neue Verträge. Das bestätigte Porsche Deutschland auf Anfrage. Die Abstimmungen mit dem Händlerverband haben bereits begonnen. Ziel sei es, dass die neuen Vereinbarungen noch in diesem Jahr Gültigkeit erlangten. Der Sportwagenhersteller plant nach eigenen Angaben keine Kündigung, sondern eine "Aktualisierung" der existierenden Regelungen. Agenturgeschäfts-Bestandteile seien ebenso wenig vorgesehen wie befristete Vereinbarungen wie bei der Schwestermarke VW Pkw. "Der neue Vertrag basiert weiterhin auf dem bestehenden Geschäftsmodell. Darüber hinaus wird eine Zusatzvereinbarung zum Vertrieb von digitalen Diensten angeboten", heißt es aus der Stuttgarter Firmenzentrale. Bei der Neufassung geht es Porsche vor allem um die Elektromobilität. Für den Taycan, den ersten rein elektrischen Porsche, werde ein zusätzlicher Vertrag ausgegeben, der allen Händlern angeboten werde. Kurzfassung Kein weiter gehender Direktvertrieb, sondern die Einbindung des Handels in sämtliche Geschäfte ist die Botschaft der neuen Vereinbarungen. Die Zusammenarbeit zwischen Händlerverband und Hersteller soll enger werden.

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