Ausgabe 16/2010: Einmal hin, alles drin?

Einmal hin, alles drin?CRM E Seit zwei Jahrzehnten gilt es als Heilsbringer für Unternehmen im harten Wettbewerb. Auch in der Automobilbranche. Und trotzdem wird Customer Relationship Management noch immer nicht richtig genutzt. Auch nicht im Autohaus.von Rainer StrangSuchen Sie mal in einem Autohaus professionelle Kundenprofile. Sie werden sie nicht finden.“ Das Statement des Branchenkenners am Rande eines Fachkongresses war ebenso provokant wie ernüchternd. War es auch richtig? „Im Prinzip ja“, sagt Bernd Schmitter, Geschäftsführer der Kölner Dialogmarketinggesellschaft Jäger + Schmitter Dialog, die seit mehr als 20 Jahren als Spezialist für Kundenzufriedenheit auch im Automobilgeschäft erfolgreich tätig ist. So wird Customer Relationship Management (CRM) auch nach seiner Erfahrung in vielen Autohäusern nur unzulänglich umgesetzt. Das führe letztlich zu verschenkten Marktanteilen und ungenutzten Umsatzpotenzialen.Missverständnis Nummer einsCustomer Relationship Management ist eine Software. Auch. CRM ist aber viel mehr und fängt lange vor dem Druck auf den Knopf am Computer an. CRM beginnt beim Erstkontakt mit dem Kunden – ob am Telefon oder beim Besuch im Autohaus. „Die Qualität einer Geschäftsbeziehung entscheidet sich oft in den ersten Sekunden“, weiß Dialog-Geschäftsführer Schmitter. Fühlt sich der Kunde ernst genommen, verstanden und sympathisch betreut, ist die erste Hürde auf dem Weg zu einem erfolgreichen Handel bereits genommen.Ärgert sich der Kunde hingegen über was auch immer, wird er selbst durch das beste CRM-Softwaretool nicht wieder zu gewinnen sein. Insofern ist ganzheitliches CRM eine Geschäftsstrategie, die vom Unternehmen definiert und gelebt werden muss, und keinesfalls nur ein IT-Projekt. „Kauft ein Betrieb nur eine CRM-Software ein und versäumt es, sich entsprechend auszurichten, wird sich die Investition nicht lohnen“, so Schmitter.Missverständnis Nummer zweiVerschiedene Tools unterstützen den CRM-Prozess in Vertrieb und Service und sichern so den gesamtwirtschaftlichen Erfolg. Das mag sein. Doch verschiedene Tools betrachten immer nur spezielle Geschäftsbereiche, nicht aber das Unternehmen als Ganzes. Trotzdem sind sie gerade im Autohaus gang und gäbe. Meist werden sie von Herstellern und Importeuren vorgegeben. In der Regel sind es mindestens zwei: eines für die Werkstatt, ein anderes für den Verkauf. Beide Systeme sind getrennte technische Welten und werden auch so behandelt. Will man sie für ein ganzheitliches CRM-System zur Nutzung aller Kundenpotenziale zusammenführen, klappt das meist nicht. Auch der Export der Daten in ein spezielles CRM-Tool ist technisch häufig unmöglich, was den Aufbau eines einzigen professionellen CRM-Systems enorm erschwert.Warum leisten sich Hersteller und Importeure so viele verschiedene Systeme? „Weil es in Unternehmen verschiedene Ziele und Notwendigkeiten gibt“, lautet eine häufige Antwort. Freilich gibt es auch Spekulationen. Sie reichen von „Das Rad wird immer wieder neu erfunden“ bis „Die wollen sich nicht in die Karten gucken lassen“. Der Verdacht liegt nahe. Es gibt Konzerne, in denen alle Marken unterschiedliche Systeme einsetzen – in Verkauf und Service. So werden geschlossene Gesellschaften gepflegt, die Gewaltenteilung instrumentalisiert und unnötige Kosten produziert.Am Ende sind Autohäuser und Servicebetriebe die Dummen. Denn für sie gibt es zu den Tools von Herstellern und Importeuren praktisch keine Alternative. „Es sei denn, sie bauen ihr eigenes CRM-System mit professioneller Hilfe auf. Das kann sich unter Umständen schnell rechnen“, sagt Dialog-Geschäftsführer Schmitter. Der Fachmann warnt hingegen vor der Implementierung im Do-it-yourself-Verfahren. 70 Prozent aller teuer erworbenen CRM-Systeme funktionieren nicht – und zwar aufgrund mangelhafter Planung und Zielsetzung oder weil sie der Anwender falsch strukturiert und aufgebaut hat. Und Systeme von der Stange gibt es (noch) nicht. Am Ende bleiben nur teuer bezahlte Lizenzen.Missverständnis Nummer dreiCRM läuft automatisch. Falsch. Auf die Pflege kommt es an. Sie fordert Verkauf und Service. „Wer hat wann welches Auto gekauft?“ sind ebenso wichtige Daten wie „Wann hat der Kunde Geburtstag?“, „Wann war er zuletzt in der Werkstatt?“, „Wann hat er das letzte Mal angerufen?“, „Wie alt sind seine Kinder?“ „Welches Auto fährt seine Frau?“ und so weiter. „Je besser die Kundenhistorie abgebildet ist, umso erfolgreicher kann der Kunde angesprochen werden“, sagt Bernd Schmitter.Der Unterschied zwischen Stammdaten und Kundenprofilen liege in der Qualität der Informationen. Aus einer professionell geführten Kundendatenbank lasse sich sogar ablesen, wann ein Autohaus Gefahr läuft, einen Kunden zu verlieren. Dafür gäbe es im Vorfeld viele Hinweise. All dies funktioniere aber nur, wenn alle Beteiligten im Autohaus das CRM-System systematisch und sorgsam pflegen. Wenig hilfreich ist es hingegen, wenn von 39.000 im CRM-System gespeicherten Kundendaten nur 5.000 aktuell sind. Das Beispiel gibt es tatsächlich. Namen werden nicht genannt.Fazit: Überholte Positionen und Strukturen zwischen Herstellern/Importeuren und Autohäusern lassen offensichtlich auch beim CRM den ganzheitlichen Blick auf den Kunden vermissen. Dabei hat der Kunde praktisch nur einen Geschäftspartner: das Autohaus. Hier erlebt er Marke und Service hautnah. Und hier entscheidet sich, ob er seiner Marke treu bleibt. „Deshalb sind das Kundenmanagement und alle dafür notwendigen Informationen im Autohaus am besten aufgehoben“, sagt Bernd Schmitter. Nach 20 Jahren CRM gibt es offensichtlich noch jede Menge Optimierungspotenzial und damit Möglichkeiten für weiteres Wachstum. zKurzfassungJeder Autohändler kennt Customer Relationship Management und viele glauben, es richtig zu verwenden. Typische Fehler verhindern aber dessen effektiven Einsatz: 1. Es nützt nichts, eine CRM-Software einzukaufen, aber die Prozesse im Autohaus nicht auf den Kunden auszurichten.2. CRM-Tools allein sichern nicht den wirtschaftlichen Erfolg – unabhängig davon, ob sie von Herstellern und Importeuren vorgegeben wurden oder ob ein Autohaus selbst ein Tool implementiert hat. Mangelhafte Planung und Zielsetzung oder eine falsche Struktur lassen den gewünschten positiven Effekt verpuffen.3. CRM wird nicht einmal eingeführt und läuft dann von allein. Die Qualität derInformationen über einen Kunden muss permanent sichergestellt werden. Nur wenn aus Stammdaten echte Kunden-profile werden, bringen sie dem Autohaus entsprechenden Nutzen.

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Einmal hin, alles drin?

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